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Logistik setzt auf Hightech
Um ihre Effizienz zu steigern, setzt Japans Logistikbranche auf neueste in- und ausländische Technologie. Damit will sie ihre Kunden auch bei der Dekarbonisierung unterstützen.
24.11.2023
Von Jürgen Maurer | Bonn
Der Markt für automatisierte Logistiksysteme soll sich in Japan weiter sehr gut entwickeln. Für den Zeitraum 2022 bis 2032 prognostiziert das US-Marktforschungsunternehmen Spherical Insights eine durchschnittliche jährliche Zuwachsrate von 9,5 Prozent. Die Umsätze könnten auf dem Archipel von 4,9 Milliarden US-Dollar (US$) auf circa 12,1 Milliarden US$ zulegen.
So sollen sich beispielsweise die Verkäufe von Robotern im Logistikbereich zwischen den Fiskaljahren 2022 und 2025 auf umgerechnet rund 410 Millionen US$ in etwa verdoppeln, wie das japanische Marktforschungsinstitut Yano Research schätzt. Dabei handelt es sich nur um Ausrüstung, die in Lagerhäusern eingesetzt wird, ohne Flurförderfahrzeuge für den Außenbereich. Das Nomura Research Institute erwartet eine ähnliche Entwicklung und geht zwischen 2021 und 2027 von einer Verdreifachung des Marktes auf circa 610 Millionen US$ aus.
Roboter ziehen in Lagerhäuser ein
In Lagerhäusern und Fulfillment-Zentren übernehmen Roboter immer mehr Aufgaben, sei es mobil zum Transport von Waren oder stationär zum Ein- und Auspacken von Paketen. Mit dem Unternehmen Daifuku sitzt in Japan gemessen am Umsatz der weltweit größte Logistikzulieferer. Dennoch kommen durchaus auch andere Anbieter zum Zuge. Beispielsweise hat der größte Supermarktbetreiber Aeon im Oktober 2023 eine Kooperation mit dem japanischen Start-up Mujin abgeschlossen. Mujin soll den Supermarktkonzern dabei unterstützen, dessen gesamte Lieferkette mit Automatisierungslösungen der nächsten Generation effizient aufzustellen.
Ausländische Anbieter von Komponenten und kompletten Systemen sind in Japan ebenfalls aktiv. Das norwegische Technologieunternehmen AutoStore hat das Lagerhaus von Ikea in der Tokyo Bay 2022/2023 modernisiert, um so die Effizienz der schwedischen Möbelkette bei der Lagerung und dem Abruf von Waren zu steigern. Die Daio Paper Corporation hat 2023 insgesamt sechs unbemannte Gabelstapler der französischen Firma BALYO in zwei ihrer Distributionszentren eingeführt. Die autonomen Fördergeräte funktionieren mit LiDAR- und Sicherheitssensoren und sind rund um die Uhr einsetzbar. Zusätzlich zu den beiden Standorten erwägt Daio Paper, die Gabelstapler in weiteren Distributionszentren einzusetzen.
Bei Ausrüstungen für den automatisierten Materialfluss in Form von autonomen mobilen Robotern hat in Japan gegenwärtig der chinesische Anbieter Geekplus die Nase vorn. Von ihm sollen bereits mehrere Tausend autonome Roboter in japanischen Lagerhäusern aktiv sein. Deutschland lieferte im Bereich Fördertechnik 2022 vor allem Maschinen, Apparate und Geräte zum Heben, Beladen, Entladen oder Fördern im Wert von rund 53 Millionen US$ nach Japan. Bei Kranen und Verladebrücken verkaufte Deutschland Waren im Wert von 36 Millionen US$ auf den Archipel.
Angebot an Logistik der nächsten Generation expandiert
Insbesondere große Logistikdienstleister kaufen für ihre neuen oder modernisierten Lagerzentren Robotersysteme und bieten diese voll funktionsfähig auch ihren Kunden an. Denn die Anschaffung solcher Logistiksysteme ist kostspielig. Die Betreiber offerieren Lösungen, bei denen sie Roboter auf Basis von Abonnements (Robot as a Service) zur Verfügung stellen. Zu den Betreibern gehören Handelshäuser wie Sumitomo oder Logistikunternehmen wie die Softbanktochter SB Logistics.
Zudem setzen die Distributoren auf automatisierte Lagerhäuser. Sie sollen zukünftig auch autonome Lieferfahrzeuge abwickeln können. Das Interesse hieran ist groß. Bis März 2023 lief ein 2021 initiiertes Projekt, das mit künstlicher Intelligenz ausgestattete selbstfahrende Gabelstapler in der Praxis testete. Ziel war es, das Be- und Entladen von Lkw zu automatisieren und so die Effizienz - insbesondere auch die Energieeffizienz - der gesamten Lieferkette zu verbessern. Hieran beteiligten sich fünf große japanische Unternehmen, darunter Daiwa House, Hitachi Transport System und Toyota Industries.
Der Bedarf an fortschrittlichen Logistiksystemen beschränkt sich nicht auf den Archipel. Laut dem Japan Institute of Logistics Systems (JILS) machen die japanischen Hersteller mit Ausrüstung für Logistikzentren weltweit gute Geschäfte. Das größte Segment sind Logistiksysteme, deren Umsätze im Fiskaljahr 2022 auf Yen-Basis um 13,8 Prozent zunahmen. Darunter stellen Förderbänder und Technik für automatisierte Lager zwei große Kategorien dar.
Geschäft mit Logistikzentren boomt
Die Nachfrage nach Logistikzentren in Japan bleibt hoch. Das erwarten diverse Immobilienbroker. Einer der Treiber ist der zunehmende Online-Handel, der hohe Flexibilität und Geschwindigkeit im Groß- und Einzelhandel voraussetzt. Eine weitere Triebfeder wird sein, dass ab 2024 die Arbeitsstunden für Lastwagenfahrer und Lieferdienste beschränkt werden. Dies wird den der Arbeitskräftemangel noch verstärken und den Bedarf an Transitlagern in der Nähe von Städten erhöhen.
Um diesen Bedarf zu bedienen, hat der Baukonzern Kajima seine Aktivitäten ausgeweitet und will Logistikzentren nicht nur bauen, sondern auch bei deren Design und ihrer Entwicklung mitwirken. Mit dem Bau zweier solcher Kajima-Logistikzentren, auch "KALOC" (Kajima Logistics Center) genannt, hat das Unternehmen in Tokyo und in Tomiya, in der Präfektur Miyagi, begonnen. Sie sollen im Oktober 2024 betriebsbereit sein. Beide sind als vierstöckige Gebäude ausgelegt und sollen Net-Zero-Emission-Zertifikate und Notfallpläne für 72 Stunden aufweisen.
Zwar gehören die beiden Logistikzentren mit circa 23.000 Quadratmeter in Tokyo und mit 46.000 Quadratmeter in Tomiya nicht zu den großen Einrichtungen, aber sie erfüllen die Anforderungen als kundennahe Transitstandorte. Sehr große Logistikzentren lässt der Anbieter von Logistikimmobilien GLP errichten. Bis Mitte 2026 wird beispielsweise in Amagasaki, in der Präfektur Hyogo, ein Riesenkomplex mit über 360.000 Quadratmeter gebaut. Mehrere smarte Lagerhäuser mit insgesamt über 300.000 Quadratmetern sollen 2024 um Osaka entstehen.