Branchen | Japan | Schienenfahrzeuge
Schienenverkehr unterstützt Dekarbonisierung
Japan verfügt über sehr gut funktionierende Schienensysteme für den Fern- und Nahverkehr. Diese Mobilitätslösungen will es noch stärker weltweit vermarkten. (Stand: 25.08.2023)
Von Jürgen Maurer | Bonn
Japans Schnellbahnsystem ist weltweit bekannt. Zu den Olympischen Spielen in Tokyo 1964 erstmals in Betrieb genommen, hat das Shinkansen-Netz viele Bewunderer und Nachahmer gefunden. Seit der Eröffnung der ersten Strecke zwischen Tokio und Osaka mit einer Länge von 515 Kilometern ist das Shinkansen-Netz mittlerweile auf 2.831 Kilometer angewachsen. Weitere 623 Kilometer sind geplant oder bereits im Bau. Sie sollen zwischen 2024 und 2030 in Betrieb gehen.
Geplante Eröffnung | Unternehmen | Shinkansen-Linien | Abschnitte | Distanz (Kilometer) |
---|---|---|---|---|
2023 | JR West | Hokuriku | Kanazawa - Tsuruga | 125 |
2027 | JR Tokai | Chuo | Shinagawa - Nagoya | 286 |
2030 | JR East, JR Hokkaido | Hokkaido | Shin-Hakodatehokuto - Sapporo | 212 |
in Diskussion | JR West | Hokuriku | Tsuruga - Shin-Osaka | k.A. |
in Diskussion | JR Kyushu | Kyushu (West Route) | Shin-Tosu - Takeo-Onsen | k.A. |
Zudem baut Japan in den Ballungsräumen sein Streckennetz im Nahverkehr weiter aus und setzt hier zukünftig stärker auf fahrerlose Züge. Neue Strecken entstehen in Osaka und Tokyo. Mit der World Expo 2025 in Osaka rückt die Wirtschaftsmetropole in den Fokus. Als Austragungsort ist die künstliche Insel Yumeshima entstanden. Bis hierher wird die Chuo-Metro-Linie durch eine Tunnelverbindung bis Ende des Fiskaljahres 2024 verlängert.
Über das umfangreichste Nahverkehrsnetz in Japan verfügt die Metropolregion Tokyo. Und es wird weiter ausgebaut. Unter anderem ist eine neue Verbindung zwischen den Innenstadtbereichen und dem Flughafen Haneda in der Umsetzung. Laut der Betreibergesellschaft East Japan Railway ist die Bauzeit auf den Zeitraum zwischen 2023 und 2032 angesetzt. Dafür sind Investitionskosten von umgerechnet 2,1 Milliarden US-Dollar (US$) vorgesehen.
Geplante Eröffnung | Unternehmen | Linie | Abschnitt | Distanz (Kilometer) |
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2029 | Osaka Monorail | Osaka Monorail | Kadoma - Uryudo | 8,9 |
2031 | Kansai Rapid Railway | Naniwa Line | Kita-Umeda - Shin-Imamiya | 7,2 |
Mitte 2030 | Tokyo Metro | Yurakucho Line | Toyosu - Sumiyoshi | 4,8 |
Mitte 2030 | Tokyo Metro | Namboku Line | Shinagawa - Shirogane Takanawa | 2,5 |
2040 | Tokyo Metropolitan Government | Central Tokyo/Rinkai Area Subway | Tokyo City Goverment - Tokyo Big Sight | 6,1 |
Bahnen sind ein Dekarbonisierungsfaktor
Viele ländliche Strecken in Japan sind nicht elektrifiziert. Die Züge, die außerhalb der Ballungszentren verkehren, werden noch mit fossilen Kraftstoffen betrieben. Daher hat West Japan Railway (JR West) im Jahr 2023 angekündigt, alle seine Diesellokomotiven bis 2030 auf Biokraftstoffe umzurüsten.
Die East Japan Railway (JR East) will verstärkt auf Wasserstoff setzen, um eine bessere Klimabilanz zu erzielen. JR East hat im Jahr 2022 mit Tests von Wasserstoff betriebenen Zügen begonnen. Deren Systeme stammen von Hitachi und Toyota Motor. Mit dem kommerziellen Einsatz von solchen Wasserstoff-Schienenfahrzeugen ist erst im Jahr 2030 zu rechnen. Hierzu muss eine ausreichende Versorgung mit Wasserstoff vorhanden sein.
Branchenproduktion legt zu
Japans Hersteller von Schienenfahrzeugen und -ausrüstung erleben eine deutliche Nachfragebelebung. Treibende Kraft ist der Ausbau von schienenbasierten Transportsystemen in vielen Ländern, mit dem Ziel den Individualverkehr mit Autos zurückzudrängen und den Klimaschutz zu stärken.
Japan ist bei der Herstellung von Zügen breit aufgestellt und produziert sowohl Fahrzeuge für den Shinkansen als auch für andere Schienentransportsysteme. Die Produktion ist auf Basis der Landeswährung im Fiskaljahr 2021 um 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf umgerechnet 2,4 Milliarden US$ gestiegen. Dabei fertigen die japanischen Hersteller überwiegend für den Inlandsmarkt. Das Exportvolumen betrug laut einer Studie des Transportministeriums im Jahr 2021 lediglich 343 Millionen US$.
Hitachi bringt viele Züge auf die Schiene
Hitachi ist in Japan einer der Pioniere in der Produktion von Schienenfahrzeugen. Das Unternehmen gehört bis heute zu den wichtigsten Anbietern im Inland und ist auch international eine renommierte Größe. So baut die Tochter Hitachi Rail seit 2015 in Großbritannien vor allem für die europäischen Märkte Züge. Um seine Position zu stärken, hat das Unternehmen 2022 den Kauf des Signaltechnikgeschäfts von Thales, einem französischen Anbieter, abgeschlossen.
Der japanische Anbieter hat von Großbritannien aus auch Nordamerika im Visier. Hitachi Rail hat in den USA den Zuschlag für einen 2,2 Milliarden US$ schweren Auftrag gewonnen und wird dort eine Produktion von U-Bahn-Waggons aufbauen. Dabei geht es um den Bau von bis zu 800 Wagen für die U-Bahn in Washington, D.C. Die neue Produktionsstätte soll bis März 2024 fertig gestellt sein und etwa 70 Millionen US$ kosten.
Einen Großauftrag von 6,7 Milliarden US$ zog das Unternehmen im Jahr 2022 in Kanada an Land: In Toronto baut Hitachi ein fahrerloses U-Bahnsystem auf. In Australien akquirierte der Konzern ebenfalls im Jahr 2022 Bestellungen für automatisierte Zugsysteme in Höhe von 74 Millionen US$. Zudem hat Hitachi in Italien einen Auftrag von 368 Milliarden Euro erhalten, um die Mailänder U-Bahn mit 46 Waggons auszustatten.
Japanische Firmen gewinnen immer mehr Aufträge im Ausland
Weitere japanische Anbieter von Schienenfahrzeugen und -ausrüstung sind ebenfalls weltweit aktiv. Dazu gehört Kawasaki Heavy Industries, deren Schienensparte im Fiskaljahr 2022 Bestellungen von 1,7 Milliarden US$ an Land ziehen konnte. Dies umfasst hauptsächlich einen Auftrag seitens der New Yorker Transportbehörde, die 640 moderne U-Bahn-Waggons bestellt hat.
Japanische Firmen gewinnen beim Ausbau von Nahverkehrssystemen immer mehr ausländische Aufträge. Beispielsweise hat Japan Transport Engineering, eine Tochter der Eisenbahngesellschaft JR East, zusammen mit dem Handelshaus Sumitomo im Jahr 2022 auf den Philippinen einen Auftrag an Land gezogen. Sie sollen 300 Waggons für die Nahverkehrslinien in Manila liefern. Der Auftrag beläuft sich auf 600 Millionen US$.
Japan finanziert den Eisenbahnbau im Ausland mit
Dies ist der zweite große Auftrag für die beiden japanischen Anbieter, die bereits 2020 eine Bestellung von 240 Waggons für die U-Bahn in Manila erhielten. Finanziert wird der Ausbau des Nahverkehrssystems im Großraum Metro-Manila zu einem Großteil mit japanischen Entwicklungshilfegeldern der Japan International Cooperation Agency (JICA). Darlehen der JICA sollen auch helfen, eine bereits lange geplante Schienenstrecke in Indien umzusetzen. Das auf Japans Shinkansen beruhende System soll die beiden Städte Mumbai, im Bundesstaat Maharashtra, und Ahmedabad, im Bundesstaat Gujarat, verbinden. Für den Ausbau der Strecke von 508 Kilometern sind Investitionen von umgerechnet 2,1 Milliarden US$ vorgesehen. Die ersten Testfahrten auf der Strecke sollen im Jahr 2026 starten.