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Special | Japan | Dekarbonisierung der Industrie

Klimaschutz-Atlas

Japans Industrieunternehmen unterstützen Dekarbonisierung

Japans Regierung unterstützt die Dekarbonisierungsaktivitäten der Industrie. Viel Kapital und viele innovative Lösungen sind gefragt, um strukturelle Veränderungen zu erreichen.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

Japans Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 bedeutet für viele Industrien, dass sie ihre Produktions- und Beschaffungsstrategien anpassen müssen. Besonders hoch ist der Druck auf Branchen mit hohen Kohlendioxidemissionen (CO2), wie die Eisen- und Stahl- oder die Chemieindustrie. Viele japanische Unternehmen haben sich bereits darauf eingestellt und sehen die grüne Transformation als Chance für neues Wachstum an.

Staatliche Finanzierung zugesichert

Auch die öffentliche Hand gibt Anreize für die Umstellung auf klimaneutrales Wirtschaften. Diverse Initiativen für eine nachhaltige Transformation sind bereits angelaufen. Mit der im Dezember 2022 formulierten Green Transformation (GX) Basic Policy plant die Regierung eine Investitionsoffensive. Sie soll im Zeitraum von zehn Jahren Dekarbonisierungsaktivitäten in 22 Industriebranchen voranbringen.

Über eine öffentlich-private Finanzierung soll den Unternehmen Unterstützung in Höhe von 150 Billionen Yen (circa 1,1 Billion US-Dollar, US$) zufließen. Der Staat will durch "GX Transition Bonds" 20 Billionen Yen (circa 152 Milliarden US$) aufnehmen. Die staatlichen Gelder sollen Investitionsanreize setzen.

Hohe Investitionen in neue Technologien

Unternehmen sollen mit staatlicher Unterstützung Technologien zur Dekarbonisierung entwickeln. Dafür können sie über den Green Innovation Fund bis zu zehn Jahre Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen erhalten. Den Fonds in Höhe von 2 Billionen Yen (circa 15,2 Milliarden US$) verwaltet die New Energy and Industrial Technology Development Organization (NEDO).

Zu den Pilotprojekten zählt das von NEDO unterstützte Projekt zur Wasserstoffnutzung im Stahlherstellungsprozess. In der Chemieindustrie geht es um innovative Verfahren, Kohlendioxid in der Produktion von Kunststoffen oder von synthetischen Brennstoffen (E-Fuels) einzusetzen. Mehrere Unternehmen entwickeln zudem gemeinsam eine künstliche Photosynthese, mit der sie aus Sonnenenergie grünen Wasserstoff herstellen wollen.

Emissionsintensive Industrien suchen schnelle Lösungen

Innovative Lösungen sind gefragt und so entwickeln Japans Firmen und Forschungsinstitute etwa Abscheideanlagen und Elektrolyseure. Zudem schauen sie sich im Ausland nach geeigneten Technologien und Kooperationspartnern um.

Der Anteil der Eisen- und Stahlindustrie sowie der Chemiebranche an der Gesamtproduktion Japans ist zwar nicht so hoch wie etwa jener der Maschinenbau- oder Automobilbranche. Jedoch verursachen beide rohstoffverarbeitenden Branchen viele Emissionen. Laut Umweltministerium war die Stahlindustrie im Fiskaljahr 2020 (1. April bis 31. März) für etwa 40 Prozent der industriellen CO2-Emissionen des Landes verantwortlich und die Chemieindustrie für rund 17 Prozent.

Grüner Stahl ist gefragt

Die Japan Iron and Steel Federation (JISF), die mehr als 100 Branchenfirmen vertritt, hat im Februar 2021 das Ziel der Net-Zero-Emissionen bis 2050 proklamiert. Der größte Stahlkonzern Japans, Nippon Steel, plant, seine CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 gegenüber 2013 um 30 Prozent zu verringern. Auf ein Ziel von 30 Prozent arbeitet auch JFE Steel hin. Der drittgrößte Branchenerzeuger, Kobe Steel, will seine Emissionen bis 2030 um 30 bis 40 Prozent senken.

Die Eisen- und Stahlfirmen loten alle Wege aus, ihre Produktion klimaneutral aufzustellen. Dazu testen Japans Stahlkocher bereits verschiedene Prototypen von Hochöfen, in denen sie Kokskohle durch unterschiedlich hohe Anteile von Wasserstoff ersetzen. Der größte japanische Stahlhersteller, Nippon Steel, hat im Mai 2022 den Prototyp eines Hochofens mit teilweiser Wasserstoffnutzung im East Nippon Works in der Präfektur Chiba vorgestellt.

Zudem arbeiten Nippon Steel und Kobe Steel gemeinsam an Elektroöfen, die vollständig auf Wasserstoffbasis funktionieren und damit kein Kohlendioxid erzeugen. JFE hat im Sommer 2022 angekündigt, im Jahr 2028 einen seiner Gebläsehochöfen im West Japan Works in der Präfektur Okayama durch einen Elektrohochofen zu ersetzen, der mit Wasserstoff läuft.

Hohe Erwartung an CO2-Speicherung

Zu den Technologien für eine klimaneutrale Produktion bis 2050 gehört auch, im Hochofenprozess entstehendes Kohlendioxid abzufangen und es in der Produktion wieder einzusetzen. Ein Testprojekt für einen CO2-Recycling-Hochofen soll 2025 starten. Wo die vorhandenen Technologien (noch) nicht ausreichen, soll die Dekarbonisierung durch die Abscheidung von Kohlendioxid und dessen Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) in erschöpften Öl- und Gasfeldern erfolgen.

Japans Handelshäuser sind auf der Suche nach entsprechenden Standorten, um das CCS-Verfahren etwa für die Stahl- und Chemieindustrie umzusetzen. In Japan selbst sind geeignete Lagerstätten rar, vor allem für die Menge an CO2, die pro Jahr aus der Atmosphäre entfernt werden soll. Das Wirtschaftsministerium strebt an, im Fiskaljahr 2030 zwischen 6 Millionen und 12 Millionen Tonnen an CO2 mittels CCS abzuscheiden.

Chemie strebt grünen Wandel an

Der chemische Sektor ist in Japans Industrie der zweitgrößte Verursacher von Kohlendioxidemissionen. Die Branche hat sich mit ihren Verbänden, darunter die Japan Chemical Industry Association (JCIA) und die Petroleum Association of Japan (PAJ), ebenfalls zur Dekarbonisierung bis 2050 verpflichtet. Der JCIA will die jährlich einzusparende CO2-Menge von 2,7 Millionen Tonnen im Fiskaljahr 2015 auf etwa 6,5 Millionen Tonnen im Fiskaljahr 2030 steigern.

Der Petrochemie- und Energiekonzern Eneos wiederum will die klimaneutrale Produktion bereits im Jahr 2040 erreichen. Die Mitsubishi Chemical Group wie auch Sumitomo Chemical haben hierfür 2050 im Auge. Alle chemischen Unternehmen wollen zur Dekarbonisierung den Einsatz von erneuerbaren Energien in der Verarbeitung signifikant erhöhen und die Versorgung mit klimaneutralem Wasserstoff ausweiten. In der Produktion von Kunststoffen soll mehr Biomasse eingesetzt werden. Zudem spielt Recycling eine wichtige Rolle. Hinzu kommt die Investition in energieeffiziente Ausrüstung.

(Stand: 05.04.2023)

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