Branchen | Kambodscha | Landwirtschaft
Für industrielle Produktion fehlt an vielen Stellen das Know-how
In Kambodscha gibt es keine industrielle Landwirtschaft. Eine Weiterverarbeitung der Erzeugnisse findet kaum statt. Wichtigste Anbaupflanze ist mit Abstand Reis.
02.11.2023
Von Thomas Hundt | Bangkok
Die Land-, Forstwirtschaft und Fischerei in Kambodscha wuchs von 2003 bis 2022 preisbereinigt um 3 Prozent jährlich. Der Sektor verliert trotz seiner guten Performance an Bedeutung: Sein Anteil am Bruttoinlandsprodukt fiel im selben Zeitraum von 31 auf 22 Prozent.
Die Bruttowertschöpfung der Land-, Forstwirtschaft und Fischerei lag 2022 bei circa 6,6 Milliarden US-Dollar (US$). Ihre Produktivität zog in den letzten zwei Jahrzehnten an. Die Wertschöpfung je Arbeitskraft liegt inzwischen auf ähnlichem Niveau wie in Vietnam. Wichtigste Branche ist die Landwirtschaft.
Üppiger und ausgezeichneter Reis
Kambodscha nutzt ungefähr 4,8 Millionen Hektar landwirtschaftlich, dies entspricht einem Viertel seiner Gesamtfläche. Das wichtigste Anbauprodukt ist Reis. Reisfelder machten 2022 ungefähr 70 Prozent der landwirtschaftlichen Anbauflächen aus (circa 3,4 Millionen Hektar).
Agrarerzeugnisse | 2022 | Veränderung 2022/2021 in Prozent |
---|---|---|
Maniok | 14,2 | -3,2 |
Rohreis | 11,6 | -4,7 |
Mais | 0,90 | +1,2 |
Cashewkerne | 0,51 | +7,5 |
Naturgummi | 0,38 | +3,8 |
Im Jahr 2022 wurden rund 11,6 Millionen Tonnen Rohreis geerntet. Der Ertrag ist seit 2000 von 2 Tonnen auf über 3 Tonnen je Hektar gestiegen. Auch die Qualität des Reis stimmt: Die kambodschanische Jasminsorte Phka Rumduol wurde im November 2022 auf der internationalen Konferenz der Reishändler zum fünften Mal zum besten Reis der Welt gekürt.
Kambodschas Rolle als Beschaffungsmarkt für Reis wird international größer. Das Tropenland war 2022 der siebtgrößte Exporteur der Welt. Die Vereinigung Cambodia Rice Federation berichtet, dass im selben Jahr rund 3,4 Millionen Tonnen Rohreis und 0,6 Millionen Tonnen geschliffener Reis exportiert wurden. Staatliche Pläne visieren für 2025 eine Ausfuhrmenge von rund 1 Million Tonnen geschliffenem Reis an.
Anbau von Nutzpflanzen
Maniok (Cassava) ist mit rund 0,7 Millionen Hektar Ackerfläche das zweitwichtigste Anbauprodukt. Der großflächige Anbau der Nutzpflanze startete vor rund 20 Jahren. Die Produktionsmenge lag 2022 bei circa 14 Millionen Tonnen. Im Vorjahr rangierte Kambodscha auf Rang acht der weltweit größten Produzenten. Wegen Trockenheit war der Ertrag leicht zurückgegangen.
Cassavas werden nur rudimentär verarbeitet. Die wichtigsten Abnehmer der frischen, zu Mehl oder als Chip verarbeiteten Wurzelknollen sind Thailand, Vietnam und China. Dort werden sie unter anderem zu modifizierter Stärke für die Lebensmittelindustrie weiterverarbeitet. Dies ändert sich: Die Firma TWPC Investment, eine Niederlassung der thailändische Aktiengesellschaft Thai Wah, errichtet 2023 in der nördlichen Provinz Oddar Meanchey für circa 18 Millionen US$ eine Fabrik, in der aus Cassavas hochwertige Stärke erzeugt wird.
Die 2021 verabschiedete nationale Cassava-Strategie soll die Liefer- und Wertschöpfungsketten stärken. Das Landwirtschaftsministerium will unter anderem Cluster und Kooperativen fördern, um die Einkommen der Landwirte zu verbessern.
Eine weitere sogenannte Cash Crop ist Mais, der auf circa 0,2 Millionen Hektar angepflanzt wird. Die Ernte geht an Futtermittelhersteller im In- und Ausland. Weil der Fleischkonsum in Asien wächst, legt die Nachfrage nach Futtermitteln zu. Auch die heimische Viehzucht expandiert und benötigt größere Mengen Futtermais. Die Liste der übrigen Nutzpflanzen umfasst unter anderem Zuckerrohr, Bohnen, Erdnüsse sowie tropische Obstsorten, Gemüse und Kräuter.
Der Staat hat in der Vergangenheit größere Landnutzungsrechte (Economic Land Concession, ELC) an Investoren verkauft. Er stellte die Vergabe 2012 wegen der Vertreibung lokaler Anwohner und illegaler Abholzungen ein und zog einige Konzessionen zurück. Ungefähr 200 ELC für eine Gesamtfläche von 1,3 Millionen Hektar sollen nach Angaben der Datenbank Global Forest Watch noch aktiv sein. Circa 1,0 Millionen Hektar entfallen auf Kautschukplantagen.
Keine industrielle Landwirtschaft
Die ländlichen Haushalte bewirtschaften im Schnitt lediglich 1,3 Hektar. Die Flächen reichen für die eigene Versorgung und einen kleinen Zuverdienst. Die Mechanisierung ist gering und erfordert einfache Landtechnik. 2021 wurden Landmaschinen (SITC-Position 721) im Wert von 150 Millionen US$ importiert. Der Anteil deutscher Lieferungen (0,1 Millionen US$) hat Luft nach oben.
Einen Einblick in die südostasiatische Agrarindustrie bietet im Mai 2024 die Fachmesse AGRITECHNICA ASIA in Bangkok. |
Kaum Verarbeitung im Land
Nur ein Zehntel der gesamten landwirtschaftlichen Ernte wird nach Schätzung der Asiatischen Entwicklungsbank im Inland verarbeitet. Die Erzeugnisse werden im Land zudem nicht sachgerecht und kühl gelagert. Um Lebensmittel industriell zu produzieren, fehlt an vielen Stellen Know-how.
Drei Viertel der agrarischen Ausfuhren sind unverarbeitete Waren. Selbst das Trocknen, Schälen, Mahlen oder Rösten findet häufig in den Nachbarländern statt. Für hochwertige Lebensmittel und Produktionsausrüstung ergeben sich dadurch Lieferchancen.
Chancen im Bio-Anbau
Die Böden sind bisher kaum mit Pflanzenschutzmitteln belastet. Durch falsche Anwendung steigt die Belastung jedoch. Die Ernährungswirtschaft, staatliche Stellen und Hilfsorganisationen arbeiten daran, extensive Formen der Landwirtschaft mit geringem Chemikalieneinsatz zu erhalten. Die UN Organisation International Fund for Agricultural Development und andere Organisationen stellen bis 2027 rund 940 Millionen US$ für eine nachhaltige Transformation der Landwirtschaft zur Verfügung.
Der ökologische Anbau eröffnet mit dem Trend zur Biozertifizierung Chancen für kambodschanische Erzeuger wie auch internationale Einkäufer. Die Kooperative Khmer Organic Cooperative vertreibt lokale Bio-Produkte.
Aufwertung durch geschützte Ursprungsbezeichnungen
Einige Erzeuger haben sich zusammengeschlossen und geschützte geografische Herkunftsangaben für ihre Produkte erlangt. Sie müssen Qualitätsnormen einhalten und garantieren Rückverfolgbarkeit. Damit kommen sie den Anforderungen europäischer Einkäufer entgegen. Kampot-Pfeffer erhielt 2010 von der Welthandelsorganisation den Status einer geografischen Herkunftsangabe. Weitere geschützte Produkte sind Kampong Speu Palmzucker, Koh Trong Pomelo und Mondulkiri Wildhonig.