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Special | Kambodscha | US-Zölle

Kambodschas Wirtschaft droht großer Schaden

Der bisherige Industrialisierungskurs in Kambodscha ist in Gefahr. Die hohen US-Zölle bedrohen die Wettbewerbsfähigkeit der wichtigen Bekleidungs- und Schuhindustrie. 

Von Frank Malerius | Bangkok

Die USA haben Zölle auf kambodschanische Importe in Höhe von 49 Prozent verkündet. Das sind die zweithöchsten von US-Präsident Trump verkündeten Zölle weltweit nach Lesotho. Die neuen Zölle werden laut Trumps Verkündung vom 9. April 2025 zunächst für 90 Tage ausgesetzt.

US-Zölle haben Konsequenzen für das Wirtschaftsmodell

Sollten die Zölle nach der Pause umgesetzt werden, wären sie eine große Bürde für das Entwicklungsland, denn die USA sind mit Abstand Kambodschas wichtigster Absatzmarkt. Knapp ein Drittel aller kambodschanischen Ausfuhren gehen dort hin. Das sind vor allem Bekleidung, Schuhe und Reiseartikel, aber auch Elektronik und Autoreifen.

Für Kambodscha sind die drohenden US-Zölle besonders deshalb ein Schock, weil die Exportwirtschaft in einem nach United Nations-Definition weltweit am wenigsten entwickelten Land (Least Developed Country) bisher Präferenzen genossen hat. Viele Waren konnten durch diesen Status zollfrei in die USA exportiert werden. Auch die EU erhebt überwiegend keine Zölle.

Einige Unternehmer in Kambodscha sehen aber das Gute und hoffen, dass der Zollschock die Akteure zu mehr Wirtschaftlichkeit zwingt. 

Die neuen US-Zölle sind ein schwerer Schlag für Kambodscha. Doch vielleicht können die Bekleidungshersteller sogar mit ihnen leben, wenn sie ihre Effizienz steigern und die Regierung Exporteure mit schnellerer Abwicklung, besserer Infrastruktur und effizienteren Verwaltungsprozessen unterstützt. Kambodscha verliert vermutlich 2029 seinen Zoll-Präferenzstatus und muss sich dann ohnehin auf ein schwierigeres Umfeld einstellen.

Tassilo Brinzer Vorsitzender der deutsch-kambodschanischen Unternehmensvereinigung German Business Cambodia

Kambodscha hat hohen Exportüberschuss mit USA

Kambodscha ist nicht ohne Grund in das Visier der US-Administration geraten. Obwohl das Land wirtschaftlich klein ist (die Wirtschaftsleistung entspricht weniger als 0,2 Prozent der US-amerikanischen), war es 2024 auf Platz 18 der Länder mit dem größten US-Handelsdefizit. Während Kambodscha 2024 Waren im Wert von mehr als 13 Milliarden US-Dollar (US$) in die USA exportierte, importierte es von dort nahezu nichts. 

Aus diesem Umstand hat die US-Regierung einen Zollsatz Kambodschas auf US-Produkte in Höhe von 97 Prozent abgeleitet, der wiederum war Grundlage für den drohenden US-Vergeltungszoll ist. Kambodscha hingegen spricht von durchschnittlichen Zöllen auf US-Produkte in Höhe von 29,4 Prozent.

Unmittelbar nach Verkündung der neuen US-Zölle Anfang April 2025 bot der kambodschanische Ministerpräsident Hun Manet den USA an, die Zölle zahlreicher Produktgruppen von 35 auf 5 Prozent zu senken. Das zeigt, wie stark die kambodschanische Wirtschaft bedroht ist.

Szenario: US-Zölle auf Konkurrenten in anderen Ländern sind entscheidend

Kambodscha ist trotz der starken wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen zwei Jahrzehnte und einer gewissen industriellen Diversifizierung noch immer stark von der textilverarbeitenden Industrie abhängig. Sie steht für die Hälfte aller Exporte. Etwa ein Dutzend Hersteller produzieren beispielsweise für Adidas. In der Lohnfertigung sind die Margen gering, jede Steigerung von Strompreisen, Mindestlöhnen oder Zöllen kann Auftragsverluste aus internationalen Absatzmärkten bedeuten.

Deshalb hängt das Ausmaß der Schäden der drohenden US-Zölle auf die kambodschanische Wirtschaft auch von den etwaigen Zöllen auf die Wettbewerber im Bekleidungsmarkt ab, namentlich China, Vietnam, Indien, Bangladesch und Indonesien. China, dem wichtigsten Bekleidungslieferanten der USA, drohen weitaus höhere US-Zollsätze als Kambodscha. Die angedrohten Zölle auf Indien (26 Prozent), Indonesien (32 Prozent) und Bangladesch (37 Prozent) gäben diesen Ländern vorerst einen Zollvorteil. 

Lediglich Vietnam würde sich mit drohenden US-Zöllen in Höhe von 46 Prozent auf einem ähnlichen Niveau befinden wie Kambodscha. Die Regierung in Hanoi versucht aber, einen Deal mit den USA zu verhandeln. Kambodschas Bekleidungsindustrie könnte also durchaus Verlierer der US-Zollpolitik werden.

American tariffs and US government taxation or punative tariff trade war policy or duties imposed on imports and exports by a government on imported or exported goods as Protectionism. American Tariffs Concept | © Adobe Stock/freshidea

08.04.2025 Special | ASEAN | US-Zölle
US-Zollerhöhungen senden Schockwelle durch ASEAN

Südostasien ist der große Verlierer der neuen Zollerhöhungsrunde in den USA. Auch deutsche Firmen müssen sich auf die Folgewirkungen einstellen.

Gezielter Schlag gegen chinesischen Einfluss?

Dass die USA ausgerechnet das unterentwickelte Kambodscha mit besonders hohen Zöllen belegen wollen, kann mit dem chinesischen Einfluss zu tun haben, der in Kambodscha noch stärker ist als in anderen Staaten der Region ASEAN (Association of Southeast Asian Nations). Landeskenner schätzen, dass 80 Prozent aller Auslandinvestitionen aus der Volksrepublik stammen. "Chinesische Unternehmen und Investitionen sind in der kambodschanischen Exportwirtschaft sehr stark", erklärt Brinzer. "In den letzten zwölf Monaten planten viele neue chinesische Unternehmen hier zu investieren, um von hier aus westliche Märkte zu bedienen."

Etwa 90 Prozent der kambodschanischen Bekleidungshersteller sollen in chinesischer Hand sein. Auch die Reifenproduktion und die Elektronikindustrie werden von chinesischen Unternehmen beherrscht. Dadurch wanderte der größte Teil der kambodschanischen Exporterlöse aus dem US-Geschäft in chinesische Kassen. Sollten die angedrohten US-Zölle ein gezielter Schlag gegen den chinesischen Einfluss in Kambodscha sein, dürfte es für die Regierung in Phnom Penh schwierig werden, Erleichterungen nachzuverhandeln.

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