Rechtsbericht | Kanada | Steuerrecht
Besteuerung in Kanada bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen
In Kanada ist die Umsatzsteuer grundsätzlich auf Bundes- sowie auf Provinzebene abzuführen.
20.03.2025
Von Jan Sebisch | Bonn
Grundregeln bei Leistungen an einen Unternehmer
Im Rahmen des deutschen Umsatzsteuerrechts ist grundsätzlich der leistende Unternehmer Steuerschuldner beziehungsweise Steuersubjekt (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG) und der Endverbraucher Steuerträger. In bestimmten Konstellationen (zum Beispiel bei grenzüberschreitenden sonstigen Leistungen zwischen Unternehmen innerhalb der EU, § 13b Abs. 1 UStG) wird die Steuerschuld vom Leistenden auf den Leistungsempfänger verlagert (auch Reverse-Charge genannt), insofern er Unternehmer oder eine juristische Person ist (§ 13b Abs. 5 S. 1 UStG).
Steuerobjekt sind die in § 1 Abs. 1 UStG aufgeführten Umsätze. Erfasst sind hier insbesondere die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unter sonstige Leistungen (§ 3 Abs. 9 UStG) fallen vor allem Dienstleistungen (zum Beispiel Beratungsleistungen oder Vermittlungsleistungen). Steuerbar sind sonstige Leistungen nur, wenn sie im Inland ausgeführt werden (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), wenn sich also der Leistungsort im Inland befindet.
Gesetzliche Regelungen zum Ort der sonstigen Leistungen finden sich in den §§ 3a ff UStG: Grundsätzlich wird hier unterschieden zwischen Dienstleistungen, die an einen Unternehmer erbracht werden und Dienstleistungen, die an einen Endverbraucher erbracht werden. Sonstige Leistungen, die an einen Endverbraucher erbracht werden, gelten als dort ausgeführt, wo der leistende Unternehmer seinen Sitz hat beziehungsweise wo sich seine Betriebsstätte befindet, aus der die Leistung ausgeführt wird (Ursprungslandprinzip). Sonstige Leistungen an einen Unternehmer werden grundsätzlich an dem Ort erbracht, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt oder eine Betriebsstätte hat, an die die Leistung ausgeführt wird (Bestimmungslandprinzip). Somit sind Dienstleistungen deutscher Unternehmen, die an ein in Kanada ansässiges Unternehmen erbracht werden, üblicherweise dort steuerbar, wo das leistungsempfangende Unternehmen seinen Sitz hat, mithin in Kanada.
Umsatzsteuer in Kanada
In Kanada ist die Umsatzsteuer grundsätzlich auf Bundes- wie Provinzebene abzuführen. Die Goods and Service Tax (GST) ist eine Bundessteuer, die zu einem Satz von 5 Prozent beim Verkauf der meisten materiellen Güter und der Erbringung von Dienstleistungen in Kanada erhoben wird. Daneben erheben auch die Provinzen eine Provinzverkaufssteuer (Provincial Sales Tax - PST), deren Höhe die einzelnen Provinzen selbst festlegen. Hinsichtlich dessen gilt es allerdings zu beachten, dass fünf Provinzen (New Brunswick, Newfoundland and Labrador, Nova Scotia, Ontario, Prince Edward Island) einen harmonisierten Steuersatz (Harmonized Sales Tax - HST) erheben, der den Bundessteuersatz mitberücksichtigt.
Grundsätzlich sind natürliche und juristische Personen verpflichtet, sich registrieren zu lassen und die GST/HST zu erheben, wenn sie in Kanada im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit (commercial activity) Waren liefern oder Dienstleistungen erbringen. Ausgenommen hiervon sind unter anderem sogenannte small supplier. Eine natürliche oder juristische Person gilt als small supplier, wenn der Wert der innerhalb und außerhalb Kanadas erbrachten steuerpflichtigen Leistungen (annual worldwide taxable and zero-rated supplies) 30.000 kanadische Dollar (CAD) – einschließlich steuerpflichtiger Leistungen von verbundenen Unternehmen – in den letzten vier Kalenderquartalen oder in einem einzigen Kalenderquartal nicht übersteigt.
Ein gebietsfremdes beziehungsweise ein nicht in Kanada ansässiges Unternehmen, das keine gewerbliche Tätigkeit in Kanada ausübt, kann sich grundsätzlich auf freiwilliger Basis registrieren lassen. Im Rahmen der freiwilligen Registrierung ist ein nicht in Kanada ansässiges Unternehmen nicht verpflichtet einen Steuervertreter in Kanada zu benennen. Insofern das nicht in Kanada ansässige Unternehmen allerdings keine Betriebsstätte in Kanada hat, ist es erforderlich, dass das Unternehmen eine Kaution bei der kanadischen Steuerbehörde hinterlegt. Grundsätzlich beläuft sich die Höhe der Kaution auf 50 Prozent der geschätzten Nettosteuer (net tax) für das erste Jahr der Geschäftstätigkeit in Kanada. Der Mindestbetrag der Kaution beträgt 5.000 CAD und der Höchstbetrag beträgt 1 Million CAD. Ein nicht in Kanada ansässiges Unternehmen kann gegebenenfalls schriftlich beantragen, dass auf die Kaution verzichtet wird, wenn zum Beispiel die steuerpflichtigen Leistungen den Betrag von 100.000 CAD pro Jahr nicht überstiegen.
In Bezug auf die Umsatzsteuer existiert auch ein Reverse-Charge-Mechanismus (reverse charge mechanism). Die GST oder die Bundeskomponente der HST wird bei der Einfuhr von immateriellen persönlichen Gütern (importations of intangible personal property) und Dienstleistungen, die von nicht registrierten, außerhalb Kanadas ansässigen Personen erworben werden und nicht zu mindestens 90 Prozent für gewerbliche Tätigkeiten verwendet werden, selbst erhoben beziehungsweise selbst veranlagt.
Zum Thema:
- Government of Canada When to register for and start charging the GST/HST
- GTAI-Rechtsbericht Besteuerung des Leistungsaustauschs mit Drittländern