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Kanadas Angebot an Metallprodukten wird steigen
Kanada hat ungenutztes Potenzial als Beschaffungsmarkt für Metallerzeugnisse. Schon heute ist das Land ein wichtiger Lieferant für den Weltmarkt. Tendenz steigend.
26.06.2023
Von Daniel Lenkeit | Toronto
Kanada ist ein bedeutender Standort für die Metallverarbeitung. Es verfügt über die nötigen Rohstoffe und die nachgelagerte Verarbeitungsindustrie. Das ermöglicht dem Land, Produkte entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu exportieren. Von globaler Bedeutung sind vor allem die Aluminiumindustrie, die Eisenerz- und Stahlproduktion sowie die Kupferverarbeitung. In diesen Branchen gehört Kanada - gemessen am Export - zu den wichtigsten Beschaffungsmärkten weltweit.
Die kanadische Regierung will den Bergbausektor - vor allem in Bezug auf kritische Mineralien für die Energiewende - künftig stärker fördern. Auch der im März 2023 verabschiedete neue Haushalt setzt mittels Steueranreizen Akzente für die Förderung und Verarbeitung strategischer Mineralien wie Lithium, Kobalt, Nickel, Grafit, Kupfer und Metalle der Seltenen Erden. Führt diese Politik zum Erfolg und fließen bedeutende Investitionen in den Sektor, wird auch die kanadische Metallverarbeitung einen Schub erhalten. Die Wertschöpfung im Land dürfte deutlich zunehmen. Deutsche Unternehmen sollten Kanada als Beschaffungsmarkt für Metallerzeugnisse schon deswegen im Auge behalten.
Metallverarbeitung ist ein bedeutender Wirtschaftszweig
Kanada klassifiziert seine Metallindustrie in eine primäre Metallproduktion (Primary metal manufacturing), worunter etwa die Stahl- und Aluminiumherstellung fallen, und ein Metallverarbeitungsgewerbe (Fabricated metal product manufacturing), wozu unter anderem die Blechproduktion, Containerfertigung, Draht-, Schrauben- und Bolzenherstellung sowie Schlossereien zählen.
Die primäre Metallproduktion umfasst etwa 550 Unternehmen, von denen 20 Prozent über 100 Mitarbeiter zählen. Zwei Drittel der Firmen sitzen in Ontario und Quebec. Das Metallverarbeitungsgewerbe ist breiter aufgestellt, mit einer großen Anzahl kleinerer Betriebe. Hier sind insgesamt etwa 7.600 Unternehmen aktiv - knapp 70 Prozent wiederum in Ontario und Quebec. Nur etwa 4 Prozent dieser Firmen beschäftigen 100 Mitarbeiter oder mehr.
Beide Branchen sind ein wichtiger Teil der lokalen Industrie. Zusammen vereinen sie 14 Prozent des Gesamtumsatzes des verarbeitenden Gewerbes in Kanada. Insgesamt 1,2 Prozent des kanadischen Bruttoinlandsprodukts entfällt auf die Metallindustrie. Die Branche hat damit etwa die gleiche Bedeutung für die Wirtschaftsleistung wie das Transportgewerbe (Kfz, Luftfahrt).
Unter den Subsegmenten in der Metallindustrie gehören Eisen- und Stahlwerke zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen. Ebenso ist die Aluminiumherstellung ein bedeutender Sektor. Die kanadische Stahlproduktion ist auf fünf Provinzen verteilt. Sie ist am stärksten ausgeprägt in Ontario, wo allein sechs Stahlwerke stehen. Die Städte Hamilton und Sault Ste. Marie sind wichtige Hubs für die Stahlproduktion und -verarbeitung in der Provinz.
Metallindustrie muss Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit jonglieren
Kanadas relativ niedrige Energiekosten für Erdgas und Elektrizität (vor allem im Vergleich zu Europa) sind grundsätzlich ein Wettbewerbsvorteil für die energieintensive Metallindustrie. Die stromintensive Aluminiumproduktion findet nahezu vollständig in Quebec statt, wo Nordamerikas niedrigste Strompreise einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil darstellen.
Gleichzeitig bemüht sich die Politik stark um Klimaschutz. Dabei setzt sie unter anderem auf eine eskalierende CO2-Steuer. Diese liegt aktuell bei 65 kanadischen Dollar (kan$, circa 48 US-Dollar, US$) pro Tonne CO2 und wird 170 kan$ (125 US$) im Jahr 2030 erreichen. Für Fabriken die fossile Energien nutzen, steigt damit der Wettbewerbsdruck. Auf der anderen Seite erkennt die Politik die Bedeutung des Sektors für die Wirtschaft. Provinz- und Zentralregierungen unterstützen deshalb auch die Schwerindustrie bei der Dekarbonisierung mit Fördergeldern. So bezuschusste etwa Ontarios Politik den Umbau einer Stahlfabrik im Hamilton. Die Regierung in Ottawa übernimmt einen Teil der Umrüstung einer Stahlfabrik in Sault Ste. Marie, damit Algoma Steel dort seine kohlebefeuerte Stahlherstellung auslaufen lässt.
Ob Kanadas Wettbewerbsfähigkeit in der Metallproduktion damit global zu- oder abnimmt und der Standort für sogenanntes Friendshoring infrage kommt, hängt von der spezifischen Branche ab. Die Klimapolitik und Fördermaßnahmen der Regierung werden solche Entscheidungen beeinflussen.
Mit verhältnismäßig geringen Kosten für Erdgas und einer autarken Versorgung mit billiger Elektrizität und dem bereits vorhandenen Know-how der Branche ist Kanada für die Zukunft gut aufgestellt. Zusätzlich könnte die Entwicklung einer "grünen" Stahlproduktion mittels Wasserstoff als Energiequelle eine interessante Chance für den Stahlexport Richtung Europa darstellen.
Potenzial als Beschaffungsmarkt ist groß
Kanada ist ein wichtiger Lieferant von Mineralien und Metallen für den Weltmarkt. Über die Hälfte seiner Stahlproduktion und 90 Prozent seiner Aluminiumproduktion gehen in den Export.
Etwa 22 Prozent des gesamten kanadischen Warenexports entfiel auf Mineralien und Metalle. Von dieser Untergruppe waren 81 Prozent Metallexporte, 13 Prozent Nicht-Metalle und 6 Prozent Kohle.
Eisen-, Nickel- und Kupfererze, aber auch unverarbeitetes Gold und Zink sind bedeutende Ausfuhrgüter. Das Land gehört zu den größten Eisenerzexporteuren der Welt. Etwa 4 Prozent (8,1 Milliarden US$) des global gehandelten Eisenerzes stammt aus Kanada.
Kanada ist zudem der größte Rohaluminiumexporteur der Welt (etwa 11 Prozent des Welthandels).
Die meisten Ausfuhren aus der kanadischen Metallindustrie gehen in die USA. Genauer liefert das Land 90 Prozent seiner Eisen-, Stahl- und Aluminiumausfuhren sowie 85 Prozent seiner Kupferexporte in die USA.
Handel nach Verarbeitungsstufe
Kanada exportiert und importiert Metallprodukte jeder Verarbeitungsstufe. Von unverarbeiteten Erzen (Stufe 1) über geringfügig weiterverarbeitete Metallerze aus der Verhüttung (Stufe 2) sowie Halbzeuge (Stufe 3) und höherwertig verarbeitete Metallwerkstücke (Stufe 4).
Dabei ist zu beachten, dass das Land ein Nettoexporteur bei den niedrigeren Verarbeitungsstufen (1 und 2) und ein Nettoimporteur bei den höheren Verarbeitungsstufen (3 und 4) ist. Als potenzieller Beschaffungsmarkt für Metalle und Metallprodukte wären vor allem Produkte aus niedrigen Verarbeitungsstufen interessant.
Deutschland importiert bisher nur geringe Mengen aus Kanada
Deutschland bezieht aktuell etwa 3 Prozent der kanadischen Metall- und Mineralienexporte. Eisen- und Kupfererze sind dabei mit Abstand die wichtigsten Bezugsgüter. Als Bezugsquelle für Produkte aus der Metallverarbeitung spielt Kanada für Deutschland bislang eine untergeordnete Rolle.
Deutschland importiert einige primäre Metallerzeugnisse, wie zum Beispiel Metalllegierungen aus Kanada, aber nur geringe Mengen von höherwertigen Metallprodukten.
Bezeichnung (NAICS*) | 2020 | 2021 | 2022 |
---|---|---|---|
NE-Metallerzeugung und -verarbeitung (außer Aluminium) (3314) | 571,6 | 548.7 | 551,6 |
darunter Schmelzen und Raffinieren von NE-Metallen (33141) | 563,9 | 529,0 | 541,9 |
Eisen- und Stahlwerke und Herstellung von Ferrolegierungen (3311) | 9,4 | 24,4 | 41,6 |
Herstellung und Verarbeitung von Tonerde und Aluminium (3313) | 1,7 | 3,7 | 3,9 |
Gießereien (3315) | 1,1 | 1,3 | 1,2 |
Herstellung von Stahlprodukten aus zugekauftem Stahl (3312) | 1,8 | 0,7 | 0,7 |
Gesamte primäre Metallerzeugung (331) | 585,6 | 578,8 | 599,1 |
Bezeichnung (NAICS*) | 2020 | 2021 | 2022 |
---|---|---|---|
Besteck- und Handwerkszeugherstellung (3322) | 6,7 | 8,9 | 11,6 |
Maschinenwerkstätten, gedrehte Produkte und Schrauben-, Muttern- und Bolzenherstellung (3327) | 5,2 | 12,2 | 11,2 |
Eisenwaren Fertigung (3325) | 11,7 | 18,4 | 9,4 |
Feder- und Drahtproduktherstellung (3326) | 13,4 | 11,3 | 8,8 |
Herstellung von Kesseln, Tanks und Versandbehältern (3324) | 1,8 | 1,7 | 3,1 |
Sonstige Herstellung von Metallerzeugnissen (3329) | 41,1 | 51,5 | 50,4 |
Gesamtherstellung von Metallerzeugnissen (332) | 83,9 | 108,0 | 97,9 |
Kanada und die EU haben 2017 das Freihandelsabkommen CETA geschlossen. Auch für den Handel mit Mineralien und Metallerzeugnissen ist CETA ein großer Vorteil. Das Abkommen setzte die vorher teilweise ausgeprägten Zölle für alle Metallprodukte auf null. Über wichtige interkulturelle Besonderheiten und die üblichen Feiertage informieren wir Sie unserer Übersicht. |
Kanada erstreckt sich als zweitgrößtes Flächenland der Erde über sechs Zeitzonen. Die Logistik bei der Bearbeitung des kanadischen Binnenmarkts ist in Bezug auf Klima und Distanzen nicht unkompliziert. Der Gütertransport innerhalb des Landes erfolgt vorwiegend auf der Straße. Kanadas große Städte verfügen über internationale Frachtflughäfen, Anbindungen an den Güterschienenverkehr, Binnen- beziehungsweise Hochseehäfen. Dazu sind besonders in den grenznahen Ballungsräumen um Toronto, Vancouver und Montreal multimodale Logistik-Hubs entstanden. Die drei Städte sind Kanadas wichtigste Drehkreuze für den internationalen Warenhandel und verfügen über eine umfangreiche Lager- und Distributionsinfrastruktur. Unser Beitrag zur Logistik in Kanada bietet weitere Informationen zum Thema. Informationen zu zollrechtlichen Regeln bietet unser Überblick zur Wareneinfuhr in die EU. |
Bezeichnung | Anmerkung |
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Anlaufstelle für deutsche Unternehmen | |
Industrieverband für die Werkzeug- und Maschinenindustrie in Kanada | |
Industrieverband für die Metallschmiede- und Gussindustrie in Kanada | |
Industrieverband der Stahlindustrie in Kanada | |
Industrieverband der Aluminiumindustrie in Kanada | |
Industrieverband, der Galvanisierer, Eloxierer, Pulverbeschichter und andere Oberflächenveredler vertritt | |
Regionale Messen mit Schwerpunkt auf Werkzeugmaschinen, Zerspanungswerkzeugen, Fertigungs- und Schweißtechnik, Metallveredelung, Qualitätskontrolle und Produktionsautomatisierung | |
Canadian Manufacturing Technology Show (CMTS) Toronto, 25.-28.09.2023 | Fachmesse mit Schwerpunkt auf Werkzeugmaschinen, Metallbearbeitung und die fortschrittliche Fertigungsindustrie |
Toronto, 11.-13.06.2024 | Messe mit Schwerpunkten auf Metallumformung, -herstellung, -schweißen und -veredelung |
Nationales Magazin mit Fokus auf Metallbearbeitungstechnologie in Kanada | |
Nationales Magazin mit Fokus auf der Metallumformungs- und Fertigungsindustrie |