Logistik | Kanada
Kanada steckt Milliarden in die Modernisierung des Verkehrsnetzes
Der Gütertransport in Kanada soll reibungsloser werden. Deshalb investiert die Regierung über den National Trade Corridors Fund massiv in die Transportinfrastruktur.
10.11.2023
Von Heiko Steinacher | Toronto
Als zweitgrößtes Flächenland der Erde erstreckt sich Kanada über sechs Zeitzonen. Für die Logistik eine große Herausforderung wegen der unterschiedlichen Klimazonen und oft großen Entfernungen. Rund um die Großstädte an der Ost- und Westküste liegen internationale Logistikhubs. Straßen sind die wichtigste Verkehrsader für den Gütertransport im Binnenhandel.
Im Rahmen des National Trade Corridors Fund (NTCF) will die kanadische Regierung die Effektivität, Widerstandsfähigkeit und Integration der Verkehrsnetze verbessern. Das vom Transportministerium "Transport Canada" getragene Förderprogramm dient der Finanzierung von Infrastrukturprojekten innerhalb Kanadas, die zu einem reibungslosen Personen- und Gütertransport beitragen, den Warenverkehrsfluss nach und aus Kanada fördern und zu einer besseren Anpassung an neue Technologien beitragen. Bis Mitte 2023 wurden 130 Projekte angekündigt und umgerechnet 2,7 Milliarden US-Dollar (US$) für See-, Luft-, Schienen- und Straßenprojekte bereitgestellt. Im Mai hatte die Regierung bekanntgegeben, die Frachtterminals im Hafen von Windsor am Detroit River und von Port Weller am Lake Ontario auszubauen.
Transportwege und -zeiten
Güter werden in Kanada meist per Lastwagen transportiert, vor allem in den zentralen, küstenfernen Provinzen. Das Netz der öffentlichen Straßen ist etwa 1,1 Millionen Kilometer lang, mehr als die Hälfte davon ist unbefestigt. Von den befestigten sind etwa 38.100 Kilometer Fernverkehrsadern und davon circa 4.500 Kilometer Zubringerrouten. Mehr als drei Viertel der Gesamtlänge des Straßennetzes entfällt auf die vier Provinzen Ontario, Québec, Saskatchewan und Alberta.
Entlang des wichtigen Korridors von Québec über Montreal und Toronto nach Windsor werden Waren auf einem engen Straßennetz zumeist per Lkw geliefert. In Ontario und Québec, den beiden wirtschaftsstärksten Provinzen Kanadas, befinden sich zudem die am höchsten frequentierten Grenzübergänge. Im Westen und Osten ist der Anteil des Handels per Lkw deutlich geringer – hier hat die Seefracht mehr Bedeutung.
Häfen
Kanada zählt 17 unabhängig verwaltete Hafenbehörden und mehr als 560 Hafenanlagen. Der nationale Schifffahrtssektor befördert hauptsächlich Massengut und ist entscheidend für die Versorgung der nördlichen Regionen des Landes. Der Sankt-Lorenz-Strom ist eine wichtige Schifffahrtsroute für den Transport von Schüttgut sowie für den Umschlag von Seeverkehrsgütern und Containerimporten.
Der Großteil des kanadischen Pazifikhandels läuft über Vancouver. In Montreal liegt Kanadas zweitgrößter Containerhafen. Von hier werden hauptsächlich Güter aus Europa nach Québec, Ontario und in den mittleren Westen der USA transportiert. Die Transitzeit für einen Container aus Antwerpen nach Toronto betrug 2022 im Schnitt etwa 24,2 Tage und lag damit knapp 5 Tage über dem Dreijahresmittel von 19,6 Tagen.
Schienen
Dazu verfügt Kanada über ein weitläufiges Schienennetz mit einer Länge von 43.461 Kilometern (Stand 2022), auf denen 2.180 Lokomotiven circa 51.500 Güterwagen ziehen. Dominiert wird der kanadische Eisenbahnsektor von den zwei großen Linien Canadian National Railway und Canadian Pacific Kansas City.
Erst Containerstau, dann Streiks an den Pazifikhäfen
Während der Pandemie kam es vorübergehend zu einem Containerstau an der Westküste. Auch die Lage an den Güterbahnhöfen Toronto und Montreal hat sich mittlerweile entspannt. Streiks bergen Risiken fürs Geschäft. Mitte 2023 kam es zu Arbeitsniederlegungen an den Containerhäfen Vancouver und Prince Rupert an der Westküste.
Logistikdrehscheiben
Kanadas große Städte verfügen über internationale Frachtflughäfen, Anbindungen an den Schienengüterverkehr sowie Binnen- beziehungsweise Hochseehäfen. Dazu sind besonders in den grenznahen Ballungsräumen um Toronto, Vancouver und Montreal multimodale Logistikhubs entstanden. Die drei Städte sind Kanadas wichtigste Drehkreuze für den internationalen Warenhandel und verfügen über eine umfangreiche Lager- und Distributionsinfrastruktur.
Großraum Toronto | Größte Stadt und Wirtschaftsmetropole Kanadas, bedeutendster Flughafen, Anbindung an Haupteisenbahn- und Autobahnstränge, Nähe zu den USA |
British Columbia (Vancouver und Prince Rupert) | Haupthafen für den Asienhandel, umfassende Investitionen in LNG-Infrastruktur, wichtiger Flughafen sowie Haupteisenbahn- und Autobahnstrang, Grenznähe zu den USA |
Montreal | Metropole Québecs, wichtiger Hafen im Osten, zwei bedeutende Flughäfen, Anbindung an Haupteisenbahn - und Autobahnnetz, Nähe zu den USA |
Calgary | Standort für die Öl- und Gasindustrie, internationaler Flughafen, wichtiges Schienenfrachtdrehkreuz für den Rohstoffsektor |
Saint John | Wichtigster Frachthafen an der Ostküste, Drehkreuz für den transatlantischen Schiffsverkehr |
Halifax | Bedeutender Containerhafen an der Ostküste, Drehkreuz für den transatlantischen Schiffsverkehr, wichtiger internationaler Flughafen für Luftfracht |
Transportunternehmen
Der Logistikmarkt in Kanada ist umkämpft: Die Größe des Landes, die Distanz zwischen den Städten sowie besondere Klimafaktoren bieten Chancen für regen Wettbewerb. Rund 84.000 Fuhrunternehmen sind im Land aktiv, ausgenommen Kleinfirmen ohne eigene Angestellte. Die meisten sind in Ontario (48 Prozent), Québec (15 Prozent), Alberta (15 Prozent) und British Columbia (11 Prozent) ansässig. Auch deutsche Logistikunternehmen sind vor Ort aktiv. Der Geschäftsbereich Express von DHL hat in Kanada etwa 3.500 Beschäftigte.
Anbieter | Niederlassungen | Transportwege |
---|---|---|
Deutsche Post DHL Group (Deutschland) | Hauptsitz: Brampton (Ontario) | Intermodaler Verkehr |
FedEx (USA) | Hauptsitz: Mississauga (Ontario), Niederlassungen: 69 | Straße, Luft, Wasser |
Purolator Inc. (Kanada) | Hauptsitz: Mississauga (Ontario), Niederlassungen: 176 | Straße, Luft |
TFI International Inc. (Kanada) | Hauptsitz: Montreal (Québec), Niederlassungen: 246 | Straße |
United Parcel Service (UPS; USA) | Hauptsitz: Mississauga (Ontario) | Straße, Schiene, Luft |
Lieferbedingungen, Transportversicherung
In den Kaufverträgen wird vereinbart, nach welchen Lieferbedingungen der Warenverkehr zwischen Verkäufer und Käufer abgewickelt werden soll. Wenn dies nicht individuell im Kaufvertrag geregelt werden soll, einigen sich die Vertragspartner auf handelsübliche Lieferklauseln wie die INCOTERMS. Die vollständige deutschsprachige Fassung der INCOTERMS wird von der International Chamber of Commerce (ICC) in Deutschland herausgegeben.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV bietet ein Transport-Informations-Serviceportal mit zahlreichen Informationen und Links zum Thema Transportversicherungen. Da etwa 80 bis 90 Prozent des Außenhandels von internationalen Logistikfirmen abgewickelt werden, arbeiten diese mit den Transportversicherungen zusammen, mit denen sie ohnehin weltweit kooperieren.
Kontaktadressen
Ausgewählte Versicherungsgesellschaften in Kanada
Bezeichnung | Anmerkung |
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Gesamtverband der Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) | Dachorganisation der privaten Versicherungsunternehmen in Deutschland |
Bundesverband Spedition und Logistik e.V. (DSLV) | Gibt unter anderem ein kostenpflichtiges Handbuch für den internationalen Straßengüterverkehr in 64 Ländern heraus |
Allianz Global Corporate & Specialty | Standort: Toronto |
AIG Canada | Standorte: Toronto, Montreal, Vancouver |