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Wirtschaftsumfeld | Kanada | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Der kanadische Arbeitsmarkt schneidet im internationalen Vergleich positiv ab. Berufseinsteiger sind gut ausgebildet, Vollzeitstellen sind die Norm. Mobiles Arbeiten nimmt zu.

Von Daniel Lenkeit | Toronto

Kanada ist eine im internationalen Vergleich sehr wettbewerbsfähige Volkswirtschaft. Gründe dafür sind unter anderem äußerst stabile makroökonomische Bedingungen, ein gesundes Finanzsystem, solide staatliche Institutionen sowie ein robuster Arbeitsmarkt mit gut ausgebildeten Arbeitskräften.

Im Bereich digitale Kompetenzen der aktiven Bevölkerung stand Kanada 2019 im letzten, vollständigen "Global Competitiveness Report" des World Economic Forum (WEF) einen Platz vor Deutschland auf Rang 20. Hier wie auch bei der Digitalisierung der Wirtschaft ist das Land demnach noch nicht an der Weltspitze angekommen.

Hingegen zeigt die PIAAC-Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zur Erfassung grundlegender Kompetenzen der Bevölkerung von 16 bis 65 Jahren, dass die Menschen in Kanada in der Kategorie "Technologiebasiertes Problemlösen" global zu den Besten gehören.

Kompetente Arbeitskräfte - aber Fachkräftemangel nimmt zu

Hinsichtlich der Kompetenzen der aktuell auf dem Markt verfügbaren Arbeitskräfte landet Kanada in der Unterkategorie "Current Workforce" des WEF-Rankings auf Platz 6. Das Bildungssystem des Landes zählt global zu den führenden und schneidet in internationalen Studien der OECD regelmäßig sehr gut ab.

Ein duales Ausbildungssystem bietet Kanada allerdings nicht. Deshalb müssen sich deutsche Unternehmen darauf einstellen, junge Angestellte anders zu rekrutieren als in der Heimat, und ihre Erwartungen anpassen. Berufsschulabsolventen verfügen oft nur über begrenzte praktische Erfahrungen. Daher kommt vor allem bei Ausbildungsberufen dem "training on the job" ein höherer Stellenwert zu.

Pandemie erhöhte erst Arbeitslosigkeit und verstärkt nun bestehenden Fachkräftemangel

Der Industrieverband Canadian Manufacturers and Exporters (CME) bewertet die Pandemie als zusätzlichen Treiber des anhaltenden Fachkräftemangels im verarbeitenden Gewerbe. In einer CME-Umfrage mit über 220 Unternehmen gaben 85 Prozent der Firmen schon vor der Pandemie Probleme bei der Rekrutierung von Fachkräften an. Die kanadische Jugend sei demnach immer weniger an Stellen im verarbeitenden Gewerbe interessiert. Diese Entwicklung bestehe schon viele Jahre und die Coronakrise habe bei vielen Industrieunternehmen nun tiefere Wunden hinterlassen, so der CME.

Im Zuge nachlassender Beschränkungen des öffentlichen Lebens und einer stetigen Erholung der Binnennachfrage und Exporte durchläuft der kanadische Arbeitsmarkt aktuell eine angespannte Phase. Die Arbeitslosenquote ist historisch niedrig. Gleichzeitig läuft die Suche nach Arbeitskräften bei vielen Industrieunternehmen sowie im wieder erstarkenden Dienstleistungssektor oft ins Leere. Ein Grund dafür ist die in der Pandemie schleppender als bislang verlaufende Zuwanderung von potenziellen Arbeitskräften - ein wichtiges Standbein des kanadischen Arbeitsmarkts.

Ein weiterer Grund ist, dass die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer 2022 unter dem Niveau von vor der Krise verharrt. Kanadische Männer und Frauen über 55 Jahre scheinen nur teilweise wieder in den Arbeitsmarkt zurückzukehren und wenn, dann häufiger in Teilzeit als in Vollbeschäftigung.

Globaler Konjunkturabschwung bremst Dynamik am Arbeitsmarkt

In den vergangenen zwölf Monaten gewann die kanadische Wirtschaft fast 1 Million neue Jobs. Die Beschäftigtenquote liegt leicht über dem Vorkrisenlevel. Mit der erwarteten Konjunkturabkühlung in den USA und vielen anderen Industrieländern sowie der restriktiveren Geldpolitik der kanadischen Zentralbank sollte sich der Stellenzuwachs in den nächsten sechs Monaten deutlich verlangsamen.

Über die zahlenmäßig größten Arbeitsmärkte verfügen in Kanada die Provinzen Ontario (8 Millionen Arbeitskräfte) und Québec (4,5 Millionen).

Allgemeine Arbeitsmarktdaten

Bevölkerung (in Mio.) 1) 

38,2

Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 und jünger als 65 Jahre, in Mio.) 1) 

25,1

Erwerbstätige (in Mio.) 2)

18,8

Arbeitslosenquote, offizielle (in %) 2) 

6,4

Analphabetenquote (in %) 3)

3,8

Universitätsabschluss (in %) 4) 

35,0

1) Juli 2021; 2) Januar 2022; 3) Angabe für 2012; Anteil der erwachsenen Bevölkerung unter Stufe 1 in PIAAC-Studie der OECD; 4) Angabe für 2021; Anteil der mindestens 25-Jährigen mit Bachelorabschluss und höherQuelle: Statistics Canada; OECD, 2022

Arbeitslosenquote in ausgewählten Provinzen Kanadas (in Prozent)

Provinz

Februar 2020

Mai 2022

Prince Edward Island

8,2

8,1

Nova Scotia

8,2

6,0

New Brunswick

7,6

7,0

Neufundland und Labrador

12,5

10,0

Alberta

7,5

5,9

Ontario

5,5

5,4

Québec

4,6

3,9

British Columbia

5,2

5,4

Quelle: Statistics Canada, 2022

Immer häufiger mobiles Arbeiten

Die Zahl der Menschen in Kanada, die von zu Hause aus arbeiten, ist in der Pandemie stark angestiegen. Insgesamt arbeiten heute über 5 Millionen Arbeitskräfte mindestens die Hälfte der Wochenstunden mobil. Bei vielen Arbeitgebern ist die Bereitschaft gestiegen, den Beschäftigten die Vorteile des mobilen Arbeitens auch in Zukunft zu ermöglichen.

Eine Untersuchung von Statistics Canada aus dem Jahr 2021 zeigt, dass etwa 80 Prozent der "neuen Telearbeiter" auch nach Ende der Pandemie mindestens die Hälfte ihrer Arbeitszeit gern von zu Hause bestreiten möchten. Eine weitere Studie zur Durchführbarkeit von Telearbeit weist auf, dass etwa 40 Prozent der Beschäftigten ihrer Arbeit mobil nachgehen könnten. Unterschiede erkennen die Forscher dabei vor allem am Bildungsstand der Bevölkerung und dem Beschäftigungssektor. Die Studie resümiert, dass etwa 60 Prozent aller Universitätsabsolventen die Möglichkeit für mobiles Arbeiten hätten, während nur circa 10 Prozent der Beschäftigten ohne Abschluss im sekundären Bildungsbereich von zu Hause arbeiten können.

Ebenso böten viele Stellen in Bereichen wie Finanzen, Versicherung, Unternehmensdienstleistungen und Wissenschaft deutlich mehr Chancen für mobiles Arbeiten (85 Prozent) als Stellen im verarbeitenden Gewerbe oder in Dienstleistungssektoren mit persönlichem Kundenkontakt wie Hotellerie und Gastronomie (6 Prozent).

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