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Branchen | Katar | Krieg in der Ukraine, Erdgas

Gaslieferant Katar gewinnt für Europa an Bedeutung

Durch den Krieg in der Ukraine wird das katarische Gas zunehmend interessant für Europa. Doch kann der Golfstaat liefern?

Von Heena Nazir | Dubai

Die europäischen Staaten beziehen etwa 40 Prozent ihres gesamten Gasverbrauchs aus Russland. Auch Norwegen und Algerien liefern dem Kontinent Gas, verfügen jedoch nicht über zusätzliche Produktionskapazitäten, um im Falle eines russischen Lieferstopps einen Engpass zu vermeiden.

Der aktuelle Konflikt verstärkt daher die Diversifizierungsbemühungen der Bezugsländer, um weniger abhängig von einem bestimmten Land zu sein. Europa blickt somit verstärkt auf alternative Lieferländer, unter anderem auf Katar.

Im Jahr 2019 betrug das Exportvolumen von verflüssigtem Erdgas (LNG) aus der Monarchie 106,9 Milliarden Kubikmeter. Der Staat verfügt nach Russland und dem Iran über die größten Erdgasreserven der Welt. Er teilt seine Gasfelder im Persischen Golf mit dem Iran.

Langfristige Aussichten positiv 

Allerdings fehlen Katar kurzfristig gesehen Reservekapazitäten, um das Gasdefizit in Europa ausgleichen zu können. Zudem ist das Emirat an langfristige Lieferverträge gebunden. Der Energieminister von Katar, Saad Sherida al Kaabi, sagte in Interviews mit lokalen Zeitungen, dass lediglich 10 bis 15 Prozent der gesamten Exporte von LNG aus der Golfmonarchie auf den europäischen Spotmarkt umgeleitet werden könnten. Das allein reicht nicht aus, um die potenzielle Versorgungslücke zu schließen. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 lieferte Russland insgesamt rund 168 Milliarden Kubikmeter Erdgas per Pipelines nach Europa.

Der Ersatz von russischem Gas durch LNG aus Katar wird weiterhin aufgrund fehlender Flüssiggasterminals in Europa erschwert. Bestehende LNG-Importterminals arbeiten bereits mit maximaler Kapazität. Deutschland hat Pläne zum Bau von zwei LNG-Terminals in Brunsbüttel und Wilhelmshaven angekündigt, die allerdings frühestens in zwei bis drei Jahren fertiggestellt werden können.

Trotz dieser Probleme ist Katar gut positioniert, um ein wichtiger Gaslieferant der Europäischen Union (EU) zu werden. Ein LNG-Lieferabkommen zwischen dem Emirat und der EU erscheint angesichts der aktuellen Entwicklungen wahrscheinlich und wäre zudem wichtig für den Golfstaat, der seine Kapazitäten ausbauen möchte.

Katar steigert LNG-Förderkapazitäten

Um seine Marktposition zu stärken, plant Doha bis 2027 eine großangelegte Expansion des Gasfeldes North Field. In der ersten Phase (bis 2025) erfolgt der Ausbau des North-Field-East-Blocks über 33 Millionen Tonnen pro Jahr auf dann 110 Millionen Tonnen jährlich. In der zweiten Phase (bis 2027) werden 16 Millionen Tonnen pro Jahr an weiterer Kapazität hinzugefügt (North Field South). Der Gesamtwert des Projekts beträgt 43 Milliarden US-Dollar (US$).

Laut MEED Projects wurde das zentrale Projekt LNG Processing Trains (Bau von LNG-Zügen mit einer Kapazität von jeweils 7,8 MTPA in Ras Laffan Industrial City) mit einem Gesamtwert von 20 Milliarden US$ Ende 2020 ausgeschrieben. Qatargas hat am 8. Februar 2021 offiziell den Auftrag für das 13 Milliarden US$ schwere NFE-Paket 1 (North Field East) an ein Konsortium aus dem japanischen Unternehmen Chiyoda und der französischen TechnipEnergies vergeben. Offiziellen Angaben zufolge begannen die Bauarbeiten Mitte Oktober 2021.

Auch Transportkapazitäten sollen ausgebaut werden. Anfang 2020 wurde bekannt, dass Qatar Energy einen Vertrag im Wert von 770 Millionen US$ mit der chinesischen Werft Hudong-Zhonghua abgeschlossen hat. Katar sichert sich so bis 2027 circa 60 Prozent der globalen Werftkapazität für LNG-Tanker.

Neue Verträge mit Europa wünschenswert

Dadurch erhöht sich die Notwendigkeit, bestehende LNG-Lieferverträge aufrechtzuerhalten und Käufer für die Erweiterung zu finden. Weiterhin laufen auch viele der bestehenden Übereinkommen aus: Der größte Vertrag von über 5,5 Millionen Tonnen pro Jahr mit dem japanischen Unternehmen JERA wurde 2021 nicht verlängert.

Das Emirat wird sowohl kurzfristig - aufgrund der hohen internationalen Energiepreise - als auch langfristig wirtschaftlich von dem Ukraine-Konflikt profitieren, sofern die europäischen Staaten ihre Bemühungen zur Diversifizierung ihrer Gasimporte in Richtung der kleinen Golfmonarchie intensivieren.

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