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Infrastruktur, Landwirtschaft und Bergbau mit guten Chancen
Private Investoren bleiben angesichts der anstehenden Präsidentschaftswahl und der schwierigen Konjunktur in Madagaskar zurückhaltend. Dennoch bieten sich Geschäftsmöglichkeiten.
11.07.2023
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Energiewirtschaft: Privates Engagement nimmt zu
Der madagassische Stromsektor benötigt vor allem Beratung und Zulieferung von technischen Komponenten. Der Aufbau von Inselnetzen in entlegenen Regionen ist dabei von großer Bedeutung. Der Bedarf an Investitionen ist hoch, denn die Insel im Indischen Ozean ist weltweit eines der Länder mit dem schlechtesten Zugang zu Strom. Interessant sind private Projekte wie auch von Gebern finanziell bezuschusste Installationen.
Der staatliche Stromversorger Jirama (Erzeugung, Übertragung und Verteilung) ist der größte Einkäufer von Komponenten und Dienstleistungen. Jirama ist jedoch marode und ineffizient, weshalb sich der Staat für privates Engagement öffnet: Unabhängiger Stromerzeuger (Independent Power Producer, IPP) oder öffentliche-private Partnerschaften (Public Private Partnerships, PPP) treten zunehmend in Erscheinung. Zwei größere Wasserkraftwerke, Sahofika und Volobe, die in das Jirama-Netz einspeisen sollen, werden derzeit von IPP-Konsortien geplant. Die Anlagen sollen von diesen auch gebaut und betrieben werden.
Bauwirtschaft: Neue Autobahn und Seilbahn werden gebaut
Mit dem Bau zweier Seilbahnlinien in der Hauptstadt und einer neuen Autobahn zwischen der Hafenstadt Toamasina und Antananarivo werden seit einigen Monaten zwei Großprojekte durchgeführt. Sofern sich die politische Lage stabilisiert, beteiligen sich die großen internationalen Geber voraussichtlich wieder verstärkt bei staatlichen Infrastrukturmaßnahmen. Neben dem Bau neuer Straßen könnten Aufträge im Wasser- und Energiebau winken.
Der madagassische Bausektor ist im internationalen Vergleich klein, bietet aber diverse Möglichkeiten für deutsche Unternehmen. Diese umfassen Ingenieur- und Architekturdienstleistungen sowie die Zulieferung zum Beispiel von Baustoffen, Armaturen, Baumaschinen und Werkzeugen. Interessant sind Bauprojekte von privater Seite, bei denen auf gute Qualität geachtet wird. Ähnliches gilt für Infrastrukturprojekte, die von westlichen Gebern finanziert werden.
Bergbau: Dynamik bei Graphit
Der Bergbau verfügt über großes Potenzial. Nach jahrelangem Stillstand könnte angesichts hoher Weltmarktpreise Bewegung in die Branche kommen. Im Mai 2023 wurden von der Regierung neue rechtliche Rahmenbedingungen beschlossen: Die Abgaben (Royalties) für die Minengesellschaften an den Staat steigen zwar und die Laufzeit der Konzessionen wird kürzer. Immerhin herrscht nun aber juristische Klarheit für die Minengesellschaften, was potenzielle Investoren begrüßen dürften.
Branchenkenner rechnen mit Projekten insbesondere im Graphitabbau. Das kanadische Bergbauunternehmen NextSource hat im März die Molo Mine in Betrieb genommen. Der indische Graphitproduzent Tirupati schürft in der Vatomina-Mine. Das Land verfügt über weitere reiche Mineralienvorkommen. Größere existierende Bergwerke sind die Ambatovy-Nickel-Mine sowie die Ilmenitmine von QIT Madagascar Minerals (QMM). Beide Minen benötigen immer wieder neue Lkw, Maschinen, Werkzeuge und andere Ausrüstung.
Landwirtschaft: Lokale Farmer suchen nach Kooperationen
Madagaskars Landwirtschaft sowie die Verarbeitung von Agrarprodukten sind für das Land von großer Bedeutung. Deutsche Unternehmen bearbeiten diese Sektoren in Madagaskar bislang nur am Rande, verfügen jedoch über Geschäftsmöglichkeiten. Lieferungen von Inputgütern und Ausrüstungen, Beratung sowie eine dauerhafte Kooperation mit lokalen Farmern sind gefragt. Internationale Player wie der Gewürzhersteller Mc Cormick (USA) und der deutsche Geschmacksstoffproduzent Symrise arbeiten bereits mit madagassischen Partnern zusammen.
Insbesondere Milch, Fleisch (speziell Geflügel) und Speiseöl (zum Beispiel aus Erdnüssen) könnten in den kommenden Jahren verstärkt produziert werden. Auch Investitionen in Cash Crops wie Vanille, Kaffee, Nelken, Kakao und Gewürze dürften angesichts der Devisenknappheit von der Regierung gewünscht sein. Bei Vanille entfallen derzeit etwa 60 Prozent der Weltproduktion auf Madagaskar. Hinzu kommen Exportchancen für Gemüse und Obst, beispielsweise Litschis.
Wasser und Umwelt: Umweltprobleme machen Abwasserentsorgung dringend notwendig
Die madagassische Regierung hat den Ausbau der Wasserversorgung mit hoher Priorität versehen. In den kommenden Jahren ist mit Investitionen vor allem in Antananarivo sowie den Sekundärstädten des Landes zu rechnen. Die Europäische Entwicklungsbank und die Weltbank finanzieren den Netzausbau sowie die Entwicklung eines Masterplans für die kommenden Jahrzehnte. Ausschreibungen veröffentlicht in der Regel der staatlich Energieversorger Jirama. Deutschen Unternehmen bieten sich Zuliefer- und Beratungsmöglichkeiten.
Auch wird die Abwasserentsorgung aufgrund zunehmender Umweltprobleme immer wichtiger. In der Millionenstadt Antananarivo dürften konkrete Maßnahmen bald beginnen. Die EU und die französischen Entwicklungsbank (AFD) finanzieren hierfür das Programme Intégré d'Assainissement d'Antananarivo (PIAA). Geplant ist neben einer verbesserten Fäkalentsorgung auch die kontrollierte Ableitung von Regenwasser.