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Inselstaat bietet sich für Agrar-Export an
In Madagaskar können nicht nur Vanille und Zimt angebaut werden, sondern auch zahlreiche andere "Cash-Crops". Zudem wächst der lokale Nahrungsmittelbedarf rasant.
21.03.2023
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Madagaskars Landwirtschaft sowie die Verarbeitung von Agrarprodukten sind für das Land von großer Bedeutung. Beide Bereiche verfügen über Wachstumspotenzial. Deutsche Unternehmen bearbeiten diese Sektoren bislang nur am Rande, haben jedoch Geschäftsmöglichkeiten. Diese umfassen Lieferungen von Inputgütern und Ausrüstungen, Beratung bei geberfinanzierten Aktivitäten sowie die dauerhafte Kooperation mit lokalen Farmern.
Nahrungsmittelimporte steigen deutlich
Madagaskars Bevölkerung wächst jährlich um etwa 700.000 Menschen. Damit steigt die Nachfrage nach Nahrungsmitteln stetig und das Land muss immer mehr Nahrungsmittel importieren. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Importkosten in etwa verdoppelt. Die deutlich gestiegenen Nahrungsmittelpreise von Weizen und Speiseöl (unter anderem aufgrund des Krieges in der Ukraine) sowie gestiegene Frachtraten erhöhen die Kosten weiter. Dürren und Tropenstürme sorgen zusätzlich für Nahrungsmittelknappheit.
Madagaskar muss daher die Agrarproduktion für die Versorgung des Binnenmarktes erhöhen. Potenzial besteht bei Milch, Fleisch (insbesondere Geflügel) und Speiseöl (zum Beispiel aus Erdnüssen). Alternativ könnten mehr sogenannte Cash-Crops für den Export angebaut werden, um dem Land Devisen einzubringen. Während Präsident Andry Rajoelina am liebsten private Agrarinvestoren nach Madagaskar locken möchte, sehen einige internationale Geberorganisationen wie die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) die Zukunft eher im kleinteiligen Anbau von Cash-Crops für den Export. Dieser Ansatz berücksichtigt auch den Schutz des fragilen Ökosystems des Landes.
Agrarprodukte für den Export stehen im Mittelpunkt
Typische Exportprodukte Madagaskars sind Vanille, Kaffee, Nelken, Kakao und Gewürze. Bei Vanille entfallen derzeit etwa 60 Prozent der Weltproduktion auf Madagaskar. Hinzu kommen Obst und Gemüse. Beispielsweise produziert Lecofruit Schnittbohnen für Aldi-Supermärkte. Auch Litschis werden in großen Mengen exportiert. Mit Bio-Zertifikat können Früchte in Europa hohe Preise erzielen.
Weitere Exportmöglichkeiten ermöglicht Madagaskars einzigartige Pflanzenwelt. Diese bringt unter anderem gesundheitsfördernde Gewächse wie Ylang-Ylang, Aloe Vera, Opuntia (Kaktusfeigenkernöl) und Geranium hervor, die bei entsprechendem Marketing auch in Übersee auf Nachfrage stoßen. Diverse Produzenten verarbeiten sie zu ätherischen Ölen oder Kosmetika. Unternehmen wie Homeopharma vermarkten ihre Produkte bislang lokal, die Firma Phileol auch international.
Madagassische Bauern suchen Partner im Ausland
In diesen Bereichen sind internationale Partnern gefragt. Häufig lassen sich für derartige Projekte auch Geberorganisationen ins Boot holen. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ ist eine mögliche Anlaufstelle für Unternehmen aus Deutschland, die am Bezug madagassischer Agrarprodukte interessiert sind und Partnerschaften mit lokalen Bauern eingehen möchten. Derartige Kooperationen werden bereits von großen internationalen Playern wie Mc Cormick (USA) und dem deutschen Geschmacksstoffhersteller Symrise praktiziert.
Auch andere Geber, wie die Weltbank, die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) und die Europäische Investitionsbank (EIB) unterstützen den madagassischen Agrarsektor. Sich nach den einzelnen Geberprogrammen und damit verbundenen Beteiligungschancen zu erkundigen, ist sinnvoll. Ausschreibungen für Saatgut, Dünger, Agrochemie und Landtechnik veröffentlicht das Ministère de l’Agriculture et de l’Élevage (MINAE).
Deutsche Zulieferer bedienen Madagaskar über Vertriebspartner
Die meisten deutschen Unternehmen bedienen Madagaskars Landwirtschaft aus der Distanz. Entweder geschieht dies über französische Vertriebspartner, welche oft auf der Nachbarinsel Réunion eine Filiale unterhalten oder über Johannesburg in Südafrika, wo viele deutsche Unternehmen präsent sind. Südafrika und Madagaskar sind beide Mitglied in der Southern African Development Community (SADC), innerhalb der niedrige Zölle gelten. Nachteil am Standort Südafrika sind die oft fehlenden Französischkenntnisse, welche in Madagaskar aber notwendig sind.
Die geringe Marktgröße sowie die abgelegene geografische Lage Madagaskars sorgen für eine zweitrangige Marktbearbeitung. Auch die Finanzierung von Handelsgeschäften zwischen Deutschland und Madagaskar ist mitunter schwierig: So wird die Eröffnung eines Akkreditivs von vielen deutschen Banken abgelehnt. Französische Banken tun sich hier deutlich leichter, weshalb der Vertriebskanal über Frankreich häufig gewählt wird.
Auch kommt es bei Handelsgeschäften in Madagaskar mitunter zu Schwierigkeiten bei der Zertifizierung. Diese wird vor Ort in der Regel von den französischen Unternehmen Bureau Veritas und Socotec vorgenommen. Zuweilen berichten Importeure davon, dass französische Normen in Madagaskar zur Anwendung kommen, die sich von neueren EU-Zertifizierungen unterscheiden. Für nicht-französische Produkte kann es daher zu Problemen bei der Zertifizierung kommen.
Bezeichnung | Anmerkungen |
Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen, die Partnerschaften mit madagassischen Agrar-Produzenten eingehen möchten | |
Ministerium für Landwirtschaft und Viehzucht | |
Branchenverband für den verarbeitenden Sektor; auch Akteure im Bereich Agro-Processing sind dort Mitglied | |
Agrarmesse, die alle zwei Jahre in Antananarivo stattfindet; nächster Termin: 21. bis 24.09.23 | |
Fachmagazin berichtet über neueste Entwicklungen in der lokalen Industrie; erscheint alle 2 Monate in französischer Sprache als kostenlose pdf-Datei |