Wirtschaftsausblick I Marokko
Marokko bleibt 2025 für deutsche Firmen ein stabiler Partner
Die marokkanische Wirtschaft wird 2025 voraussichtlich wieder stärker wachsen. Die deutschen Exporte in das Land steigen seit Jahren kontinuierlich. Gefragt sind Technologiegüter.
04.12.2024
Von Ullrich Umann | Casablanca
Top-Thema: Staat versteht sich als Wegbereiter für private Initiativen
Die marokkanische Regierung setzt 2025 wirtschaftspolitisch alles auf eine Karte: Investitionen, und zwar zunehmend aus privaten Quellen. Gleichzeitig zieht sich der Staat künftig auf die Rolle des Wegbereiters für private Projekte zurück und verstärkt die steuerlichen Anreize, den Bürokratieabbau, Public-Private-Partnerships, den Technologietransfer aus dem Ausland und sorgt darüber hinaus für stabile makroökonomische Rahmenbedingungen. Zu letzten zählen eine niedrige Inflation und ein stabiler Außenwert der Landeswährung Dirham.
Für das kommende Jahr werden mehr private Initiativen vor allem in den Bereichen Wasserstoffwirtschaft, Solar- und Windenergie erwartet. Wichtiger Akteur und Ansprechpartner für Investoren aus dem Stromsektor ist die marokkanische Agentur für erneuerbare Energien MASEN. Für Investoren in allen anderen Industrie- und Dienstleistungssektoren ist die marokkanische Agentur für Investitions- und Exportentwicklung AMDIE die zentrale Anlaufstelle.
Die marokkanische Regierung hat zuletzt eine Reihe von Programmen aufgelegt, um Investitionen in verschiedenen Sektoren in den kommenden Jahren anzukurbeln. Zu den wichtigsten Vorhaben gehören:
- Verdreifachung der Hochgeschwindigkeitsverbindungen per Schiene
- Ausbau der Hochseehäfen mit angrenzenden Industrieparks
- Bau von Schwimmterminals für den Import von Flüssiggas
- Bau von Werften und Reparaturdocks
- Ausbau der Trinkwasserversorgung
- Ausbau erneuerbarer Energien und der Übertragungsnetze
- Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung bis 2030
- Förderung von KMU und Existenzgründungen
Wirtschaftsentwicklung: Solides Wirtschaftswachstum trotz Korrektur
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2024 von 3,1 Prozent auf 2,6 Prozent korrigiert und begründet dies vor allem mit der schwachen Entwicklung der Agrarproduktion. Im Jahr 2025 soll die Wirtschaftsleistung um 3,7 Prozent zunehmen, da der IWF von einer Erholung des Agrarsektors ausgeht. Im Jahr 2024 wird die landwirtschaftliche Produktion gemäß Erwartungen des IWF um 4 Prozent sinken, 2025 aber um 2,5 Prozent steigen. Landwirte erhalten im kommenden Jahr unter anderem mehr Subventionen auf Saatgut und Düngemittel. Mittelfristig rechnet der IWF mit einem jährlichen BIP-Wachstum von 3,5 Prozent.
Der Wachstumsbeitrag des Außenhandels bleibt 2025 nach Annahme des IWF ungebrochen hoch. Auch kurbeln die ehrgeizigen Infrastrukturpläne, insbesondere in den Bereichen Wasser, Energie und Transport, sowie die Fortsetzung der unternehmerfreundlichen Industrialisierungspolitik die Investitionen 2025 an. Ein wichtiger Faktor sind nicht zuletzt die Investitionen zur Vorbereitung der Fußballweltmeisterschaft 2030, die Marokko, Spanien und Portugal gemeinsam austragen.
Zur weiteren Haushaltskonsolidierung werden 2025 in Abstimmung mit dem IWF die Subventionen für Weizen, Butangas und Zucker endgültig abgeschafft und die Mehrwertsteuer auf den Stromverbrauch von 16 auf 18 Prozent erhöht. Die Sozialhilfe wird angehoben, bleibt aber einzig einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen vorbehalten. Einen großen Posten im Sozialhaushalt macht die Einführung einer allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung aus, die 2025 starten soll. Diese soll ebenfalls sozial Schwachen eine medizinische Grundversorgung ermöglichen.
Die deutsche Perspektive: Unternehmen gründen neue Niederlassungen in Marokko
Derzeit gibt es rund 300 Niederlassungen deutscher Unternehmen in Marokko, die zusammen 35.000 Mitarbeiter beschäftigen. Zehn deutsche Unternehmen haben 2024 die Gründung oder Eröffnung einer neuen Niederlassung angekündigt.
Dazu gehören der Spezialist für Verbindungstechnik Böllhoff Group am Standort Casablanca, die Automobilzulieferer Leoni in Agadir, Benteler in Kenitra, Kostal in Tanger sowie Hirschmann Automotive in Oujda. Der Entwickler von industriellen IT-Lösungen, Hahn Software, eröffnete eine Repräsentanz in Rabat. Der Hersteller von Bauchemie und Baustoffen, Weiss Chemie, sucht einen geeigneten Produktionsstandort in Marokko. Der Cybersicherheitsspezialist Hornetsecurity will das Königreich künftig als Drehscheibe für den Ausbau seiner Aktivitäten auf dem afrikanischen Kontinent nutzen. Der Hersteller von Schläuchen und Verbindungssystemen, unter anderem für die Flugzeugindustrie, Masterflex Group, kündigte den Bau einer Niederlassung an. Im Einzelhandel eröffnete Puma 2024 einen Flagship-Store in Rabat.
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