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Potenzial für Wind, Sonne & Co. ungenutzt
Die Mongolei nutzt ihre Quellen für grünen Strom bislang kaum. Mit deutscher Unterstützung kommen Projekte voran, die den Ausbau beschleunigen könnten.
16.05.2023
Von Jan Triebel | Ulan Bator
Die Mongolei hat große Potenziale für die Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Diese werden bislang aber nur ansatzweise genutzt. Der Strom wird weiterhin hauptsächlich aus Kohle und Diesel erzeugt. In einer Projektstudie der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) stechen die Bereiche Solar und Wind mit beachtlichen Kapazitäten von 1.500 und 1.100 Gigawatt besonders heraus.
Bei Wasserkraft werden der Mongolei ebenfalls gute Chancen bescheinigt. Hierfür schätzt die ADB das Potenzial auf 1,2 bis 3,8 Gigawatt. In anderen Quellen reichen die Schätzungen bis 6,4 Gigawatt.
Das Land zählt etwa 3.800 Wasserläufe. Für die Nutzung der Wasserkraft kommt hauptsächlich der Norden der Mongolei als Standort infrage. Bei Wind und Sonne steht hingegen der mongolische Teil der Wüste Gobi mit ihrem riesigen Flächenangebot im Süden des Landes klar im Fokus.
Für die weltweit drittgrößte Wüste sind vor allem die konstant guten Windverhältnisse typisch. Außerdem punktet die Wüste Gobi mit zahlreichen Sonnenstunden und trotzdem relativ niedrigen Durchschnittstemperaturen. Beides verspricht für den Einsatz von moderner Solartechnik einen besonders hohen Wirkungsgrad.
Wenig Strom aus erneuerbaren Energien
Dank dieser Ressourcen könnte die Mongolei die eigene Stromnachfrage vollständig aus erneuerbaren Quellen bestreiten. Eine geeignete Übertragungsinfrastruktur vorausgesetzt, wäre es zusätzlich möglich, auch den Energiebedarf in anderen Teilen Nordostasiens zu decken.
Tatsächlich aber stammten 2022 nur etwa 81 Prozent des im Land verbrauchten Stroms aus eigener Erzeugung. Der Rest wurde überwiegend aus China und in kleineren Mengen aus Russland zugekauft. Die lokal gewonnene Elektrizität stammte wiederum zu gut 90 Prozent aus konventionellen Kohle- und Dieselkraftwerken.
Die drei erneuerbaren Quellen Wind, Solar und Wasser steuerten demgegenüber nur knapp ein Zehntel des erzeugten Stroms bei. Nach installierter Leistung stehen die drei Erneuerbaren für einen Anteil von 17,5 Prozent an den Stromerzeugungskapazitäten.
Ziel der mongolischen Regierung ist es, den Anteil der erneuerbaren Energien an der installierten Gesamtleistung bis Ende 2023 auf 20 Prozent und bis 2030 weiter auf 30 Prozent zu steigern. Ende 2022 verfügte der asiatische Binnenstaat bei Windkraft- und Solaranlagen laut Energieministerium installierte Leistungen von 155 und 90 Megawatt. Darüber hinaus kamen mehrere kleine Wasserkraftwerke zusammen auf 26 Megawatt.
Batteriespeicher mit deutscher Beteiligung im Bau
Einer der Gründe für diese Diskrepanz ist laut Experten, dass Regelreserven fehlen. Das mache es außerhalb der Spitzenzeiten nötig, die Leistung gerade von Erneuerbare-Energien-Anlagen häufig zu drosseln. Das hat für die Betreiber der Anlagen geringere Einnahmen zur Folge und macht laut Einschätzung von ADB-Energieexperten neue Investitionen in solche Anlagen weniger attraktiv. Als Hemmnis erweisen sich zudem auch bestimmte gesetzliche Regelungen für den Sektor, die seit 2019 in Kraft sind.
Beobachter hoffen, dass der zuletzt recht schleppende Ausbau im Bereich erneuerbare Energien schon bald wieder an Tempo gewinnen wird. Als kritischer Punkt dafür gilt die für 2024 angestrebte Fertigstellung eines ersten Batterie-Energie-Speichersystems (BESS). Ausschließlich durch grünen Strom geladen, soll das System zukünftig als Regelreserve fungieren. Es soll so witterungsbedingte Netzschwankungen bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auffangen.
Das erste BESS der Mongolei entsteht derzeit im Stadtteil Songino Chairchan im Westen der Hauptstadt Ulan Bator. Es ist auf eine Kapazität von 80 Megawatt/200 Megawattstunden ausgelegt. Dies soll ermöglichen, jährlich bis zu 44 Gigawattstunden bei Höchstlast ins Netz einzuspeisen. Dieser Strom muss bei Belastungsspitzen bisher importiert werden. Außerdem ist die Regelreserve auch als Backup-Kraftwerk nutzbar, um die insbesondere in den Wintermonaten typischen Stromausfälle zu vermeiden. Das Vorhaben wird von RWE Technology International aus Essen koordiniert. Der Kredit für den Bau des BESS stammt von der ADB.
Internationale Geber finanzieren Ausbau der Energieinfrastruktur
Das Projektportfolio der ADB im mongolischen Energiesektor umfasst aktuell auch mehrere dezentrale Solar- und Windkraftanlagen im Westen des Landes. Davon sind drei Solarvorhaben mit einer Gesamtleistung von 25 Megawatt bereits recht weit fortgeschritten. Zwei Windkraftprojekte mit zusammen 25 Megawatt Leistung werden aktuell neu geplant.
Andere internationale Geberorganisationen sind insbesondere in Projekte zu Ausbau und Erneuerung der Infrastruktur für die Stromübertragung und -verteilung eingebunden. So bringen sich die EU und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) über das Investitionsprogramm Global Gateway beim Bau einer 220-Kilovolt-Übertragungsleitung zwischen den Städten Sainshand und Choir im Südosten des Landes ein. Neben dieser Stromtrasse sind außerdem ein neues Umspannwerk sowie die Erweiterung eines bestehenden Umspannwerks vorgesehen.
Die KfW Entwicklungsbank verfolgt ähnliche Ziele. Ihre aktuellen Vorhaben sehen die technische Aufrüstung zahlreicher Umspannanlagen im Land vor. Eine neue KfW-Fördermaßnahme für den Zeitraum 2024 bis 2027 zielt auf den Neubau eines Umspannwerks sowie die Erweiterung eines bestehenden Umspannwerks ab.
Die vorhandene Energieinfrastruktur im Land ist in großen Teilen veraltet. Der Alltag ihrer Betreiber ist daher durch eine hohe Reparaturanfälligkeit, nachlassende Leistung und zunehmende Übertragungsverluste gekennzeichnet. Laut Energieministerium sind die mongolischen Kraftwerke bereits zwischen 35 und 60 Jahren in Betrieb. Bei wichtigen Elementen der Übertragungs- und Verteilnetze beträgt die Einsatzdauer zwischen 32 und 62 Jahre.