Wirtschaftsausblick | Mosambik
Wirtschaft hofft auf Stabilität und Reformen
Nach dem umstrittenen Wahlsieg der Regierungspartei hat sich die Lage im Land beruhigt. Die wirtschaftlichen Aussichten sind mittelfristig positiv, aber risikobehaftet.
26.02.2025
Von Jenny Tala | Johannesburg
Top-Thema: Regierungspartei sichert sich erneut die Macht
Mosambiks Regierungspartei Frelimo bleibt weiter an der Macht: Am 15. Januar wurde Daniel Chapo als neuer Präsident vereidigt. Damit regiert die Frelimo Mosambik seit knapp 50 Jahren ununterbrochen. Dennoch war bei den Wahlen am 9. Oktober 2024 vieles anders als sonst: Die Wahlen wurden überschattet von Betrugsvorwürfen, die die schwersten Unruhen in Mosambik seit der Unabhängigkeit 1974 auslösten. Gegen die wochenlangen heftigen Proteste gingen Polizei und Sicherheitskräfte hart vor.
Die wirtschaftlichen Konsequenzen der Ausschreitungen waren bis in die Nachbarländer zu spüren: Am zeitweise gesperrten Grenzübergang nach Südafrika, über den viele Waren im- und exportiert werden, stauten sich voll beladene Lkws. Die Regale in den Supermärkten der Hauptstadt Maputo blieben zeitweise leer.
Wirtschaft blickt vorsichtig optimistisch in die Zukunft
In Mosambik selbst waren 40 Prozent aller Unternehmen direkt von den Protesten betroffen, so der Präsident des Wirtschaftsverbandes Mozambican Business Association (CTA), Agostinho Vuma. Das sind fast 1.000 Unternehmen. Die Hälfte davon wurde laut Vuma geplündert oder komplett zerstört, 17.000 Arbeitsplätze seien verloren gegangen. Obwohl die Proteste inzwischen abgeflaut seien, herrsche in der Wirtschaft Unsicherheit und ein Klima der Instabilität, so CTA-Präsident Vuma. In einem ersten Schritt kündigte die Regierung an, der Forderung des CTA nach einem Hilfsfonds und Sonderkrediten für die von den Protesten betroffenen Unternehmen nachzukommen. Wirtschaftsminister Basilio Muhate will zudem die Rahmenbedingungen für Unternehmen durch Steuervergünstigungen verbessern.
Insgesamt blicke die Wirtschaft verhalten optimistisch in die Zukunft, meint Holger Hey, Repräsentant der deutschen Auslandshandelskammer für das südliche Afrika (AHK Südafrika) in Mosambik: "Die Unternehmen hoffen auf Stabilität, Handlungssicherheit, den gesicherten Zugang zu Devisen und einen Abbau der Staatsverschuldung, um Raum für Investitionen zu schaffen." Von der neuen Regierung erhoffe man sich einen intensiven Dialog mit der Privatwirtschaft, mehr Transparenz bei öffentlichen Ausschreibungen, wirksame Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung und den Abbau bürokratischer Hürden.
Wirtschaftsentwicklung: Stärkeres Wachstum erwartet
Die Proteste sind ein Spiegel der tiefen Unzufriedenheit mit der Frelimo-Politik – insbesondere bei der jüngeren Bevölkerung. Trotz moderater Wachstumsraten ist die Bevölkerung in den letzten Jahren zunehmend verarmt. Das Wirtschaftswachstum lag 2024 bei 3,2 Prozent. Bis 2025 soll es sich laut der Economist Intelligence Unit (EIU) verdoppeln und in den Folgejahren weiter kräftig steigen. Trotzdem leben der Weltbank zufolge drei Viertel der Mosambikaner unter der Armutsgrenze von 2,15 US-Dollar (US$) pro Tag.
Die Einstellung der Auslandshilfen durch die neue US-Regierung löste in Mosambik Bestürzung aus. Mit rund 560 Millionen US$ jährlich sind die USA der größte individuelle Geldgeber des Landes. Eine Aussetzung der Hilfe auf unbestimmte Zeit könnte Erfolge in Sektoren wie Bildung und Gesundheit zunichtemachen.
Inflation sinkt deutlich
Positiv ist der deutliche Rückgang der Inflation von 10,3 Prozent im Jahr 2022 auf 3,2 Prozent im Jahr 2024 (EIU). Gründe dafür sind der Rückgang der weltweiten Öl- und Lebensmittelpreise und eine straffere Geldpolitik Mosambiks, um die hohe Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen.
Ein großes Problem für die Unternehmen im Land ist die Devisenknappheit. Der Wirtschaftsverband CTA fordert von der Zentralbank, ihre Reserven zu reduzieren und stattdessen die in der Wirtschaft zirkulierende Geldmenge zu erhöhen.
Rohstoffsektor treibt Wirtschaftswachstum an
Mosambiks Wirtschaftswachstum wird vor allem vom Rohstoffsektor getragen. Hohe Erwartungen wecken die Flüssiggasvorkommen (LNG) in der nördlichen Provinz Cabo Delgado, die vom französischen Energiekonzern TotalEnergies erschlossen werden. Jedoch ist die Sicherheitslage in der Provinz durch den seit 2017 andauernden bewaffneten Aufstand islamistischer Gruppen stark beeinträchtigt. Seit 2021 pausiert das Projekt; Total plant eine Wiederaufnahme der Arbeiten ab Mitte 2025. Mit der Produktion und dem Export von LNG ist frühestens ab 2030 zu rechnen. Für die mosambikanische Regierung sind die Gasprojekte wichtige Devisenbringer, da der Spielraum für öffentliche Investitionen angesichts leerer Staatskassen gering ist. Weitere Verzögerungen dürften daher die Wachstumsaussichten schmälern.
Mittelfristig wird Mosambik als Bergbaustandort an Bedeutung gewinnen: 22 der 34 Rohstoffe von der Europäischen Union als kritisch deklarierten Rohstoffe lagern in Mosambik. Zudem gibt es große Kohlevorkommen. Angesichts der Ausweitung der Bergbauaktivitäten ist in den kommenden Jahren mit einem steigenden Investitionsbedarf in Bergbauausrüstung, Wartungsdienste, effizienzsteigernde Maßnahmen sowie Infrastruktur und Logistik, zum Beispiel bei Eisenbahnlinien, zu rechnen.
Deutsche Perspektive: Mehr Kooperation gewünscht
Mosambiks neue Regierung sucht die Nähe zu Europa. Präsident Daniel Chapo will dem Wunsch nachkommen, einen regelmäßigen Dialog mit der europäischen Privatwirtschaft und diplomatischen Vertretern aufbauen. Der Plan der Regierung für die ersten 100 Tage sieht vier Länder vor, mit denen die Zusammenarbeit gezielt intensiviert werden soll: Südafrika, Portugal, Spanien und Deutschland.
Das Handelsvolumen zwischen Deutschland und Mosambik ist gering. Die größten Posten bei deutschen Exporten waren 2023 chemische Erzeugnisse (34,6 Prozent), Maschinen (28,8) und Elektrotechnik (11,1).
Deutsche Unternehmensvertreter berichten, dass die aktuelle Situation insbesondere die Logistik und den Warentransport beeinträchtigt, was Projekte unsicher und teuer macht. Generell sei die Stimmung jedoch vorsichtig positiv, so Holger Hey von der AHK Südliches Afrika: "An Rückzug oder Aufgabe des Marktes denkt hier niemand."