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Wirtschaftsausblick | Montenegro

Montenegros Wirtschaft beschleunigt 2025 ihr Wachstum

Der Tourismus bleibt Wachstumsmotor Nummer 1. Investitionen in Verkehrswege und grüne Energie erzeugen zusätzliches Wachstum. Beim EU-Beitritt steht sich das Land selbst im Weg.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Belgrad

Top-Thema: EU-Beitritt steht vor neuen Herausforderungen

Montenegro ist im Westbalkan Vorreiter bei den EU-Beitrittsverhandlungen. Das Land möchte bis 2028 Mitglied werden – ein ambitioniertes, aber durchaus mögliches Unterfangen. Rund zwei Drittel der Bevölkerung befürworten diesen Schritt. Im Jahr 2024 konnte das NATO-Mitglied drei Verhandlungskapitel abschließen, darunter zu den Themen Unternehmens- und Industriepolitik, sowie geistigen Eigentums. Der Interim Benchmark Assessment Report (IBAR) bescheinigte dem Land zudem Fortschritte in den Bereichen Justiz, Rechtsstaatlichkeit und Medienfreiheit. Auch 2025 will die Regierung drei weitere Kapitel abschließen.

Doch das Land steht sich derzeit selbst im Weg. Ein Streit um den Umbau des Verfassungsgerichts Ende 2024 hat sich zu einer handfesten Verfassungskrise ausgeweitet. Das Regierungshandeln ist blockiert, wichtige Gesetze werden nicht beschlossen, der Reformprozess verzögert sich. So wurde der Haushalt für 2025 erst Anfang Februar 2025 verabschiedet.

Zudem nahm das Parlament auf Betreiben proserbischer Parteien die Jasenovac-Völkermord Resolution an. Dieser Schritt verärgerte Kroatien. Der Disput mit dem Nachbarstaat könnte den EU-Integrationsprozess Montenegros weiter verzögern.

Aus dem Wachstumsplan der EU stehen Montenegro bis 2027 rund 380 Millionen Euro in Form von Zuschüssen und Darlehen zur Verfügung. Aber bevor die Mittel fließen können, muss zuerst eine Ratifizierung der Wachstumsfazilität durch das Parlament erfolgen. Aber die Regierungskrise blockiert auch diese Abstimmung.

Trotzdem gibt es auch positive Signale: Der Beitritt Montenegros zur Single Euro Payment Area (SEPA) zum 1. Januar 2025 markiert einen Meilenstein in der wirtschaftlichen Integration des Landes. Internationale Überweisungen nach und aus Montenegro werden günstiger. SEPA wird im Laufe des Jahres 2025 implementiert. Montenegro ist das erste Westbalkanland, das den SEPA-Beitritt realisiert.

Wirtschaftsentwicklung: Tourismus und Investitionen schaffen Wachstum

Montenegro bleibt auf Wachstumskurs. Im Jahr 2025 beschleunigt sich der Anstieg der Wirtschaftsleistung um real 3,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, prognostiziert das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleich (wiiw). Für 2024 rechnen die Wiener Experten mit einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um real 3,5 Prozent.

Tourismus bleibt wichtigster Wirtschaftszweig

Das Westbalkanland erwirtschaftet rund ein Viertel seines BIP mit dem TourismusVor allem im Sommer locken die Strände der Adria zahlreiche Gäste ins Land. Im Jahr 2024 kamen etwas weniger russische Touristen. Und auch die Zahl der Besucher aus Deutschland ging um 1 Prozent zurück. Gründe dafür dürften lange Wartezeiten an den Grenzen nach Kroatien und Bosnien und Herzegowina sowie unzureichende Verkehrsverbindungen im Landesinneren sein. Montenegro reagiert und will die Flughäfen sowie Straßen ausbauen und sein Tourismusangebot weiter diversifizieren.

Investitionen in Verkehrswege und Energie kurbeln Wachstum an

Montenegro investiert in den kommenden Jahren Milliarden in den Ausbau seiner Transportinfrastruktur. Ziel ist die bessere Anbindung des Landes in das Transeuropäische Transportnetzwerk (TEN-T), um die Konnektivität der gesamten Region zu erhöhen. Im Fokus steht unter anderem der Bau neuer Schnellstraßen. Die staatliche Autobahngesellschaft Monteput will in den kommenden acht Jahren auf 17 Abschnitten rund 500 Autobahnkilometer neu bauen, zum Beispiel zwischen Bar und Boljare. Weiterhin soll die Schienenstrecke von Podgorica nach Bar modernisiert und der Hafen Bar erweitert werden. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und die Europäische Investitionsbank finanzieren einen Teil.

Das Westbalkanland hat aufgrund seiner geografischen Gegebenheiten ein großes Potenzial bei erneuerbaren Energien. Erste Wind- und Solarparks werden bereits realisiert. Die Nordex Group liefert Turbinen für den Windpark Gvozd. WPD entwickelt einen Windpark mit einer Leistung von 100 Megawatt bei Budva. Das deutsche Planungsbüro Fichtner erhielt den Auftrag für Bau und Inbetriebnahme von Umspannstationen.

Montenegro bleibt stark von Einfuhren abhängig

Das Adrialand importiert mehr als es exportiert. Nach vorläufigen Zahlen des Statistikamtes stieg der Handelsumsatz im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 4,4 Prozent auf rund 4,7 Milliarden Euro. Dabei erreichten die Importe nach einem Plus von 6,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr mehr als 4 Milliarden Euro. Wichtigste Importgüter sind Kraftfahrzeuge und Maschinen. Die Exporte gingen dagegen um 8,8 Prozent auf 650 Millionen Euro zurück. Die wichtigsten Handelspartner Montenegros sind Serbien und Bosnien-Herzegowina. An 2. und 3. Stelle folgen China und Deutschland.

Deutsche Perspektive: Unternehmen zögern mit Eröffnung neuer Werke

Deutsche Firmen wie die Telekom, DHL, oder Knauf sind in Montenegro meist mit Vertriebsbüros oder Repräsentanzen vertreten. Die meisten Unternehmen bearbeiten den Markt von anderen Westbalkanländern aus. Eine lokale Produktion ist die Ausnahme wie bei der Stada-Tochter Hemopharm. Lidl bereitet die Eröffnung von Discountern im Land vor und errichtet bei Zeta ein Logistikzentrum. Creditreform baut vor Ort ein Callcenter auf.

Neben dem sehr kleinen Marktvolumen erschweren auch die Rahmenbedingungen deutschen Firmen die Entscheidung für einen Markteintritt. Landeskenner beklagen mangelnde Rechtssicherheit, Intransparenz bei staatlichen Ausschreibungen, die schleppende Umsetzung von Reformen sowie eine zu hohe Staatsquote. Die im Regierungsprogramm "Europe Now 2" vorgesehenen Lohnerhöhungen für Staatsbedienstete sorgen dafür, dass Fachkräfte von der Privatwirtschaft zum Staat wechseln.

Weitere Informationen (zum Beispiel Zoll- und Rechtsinformationen sowie Branchenberichte) finden Sie auf der Länderseite Montenegro.

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