Seit Dezember 2008 kann der Gläubiger einer bezifferten Geldforderung statt der durch das Verfahrensrecht des EU-Mitgliedstaates möglichen Prozessarten auch ein Europäisches Mahnverfahren nach der Verordnung (EG--Europäische Gemeinschaft) Nr.--Nummer 1896/2006 in Gang setzen. Dieses steht sowohl Dienstleistungsempfängern als auch Dienstleistungserbringern offen. Die Gründe, warum die konkret bezifferte Forderung eingeklagt wird, können sich unter anderem aus fehlender Zahlung (des Empfängers), aber auch aus ausgebliebener oder mangelhaft erbrachter Leistung (des Dienstleisters) ergeben.
Die internationale Zuständigkeit des für das Europäische Mahnverfahren individuell zuständigen Gerichts bestimmt sich nach den Grundsätzen der EuGVVO, die in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar gilt (Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 - sog. Brüssel-Ia-Verordnung).
- Sind hiernach niederländische Gerichte international zuständig, kann der Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls in Verfahren zwischen niederländischen Dienstleistern und deutschen Dienstleistungsempfängern beim Bezirksgericht (rechtbank) eingereicht werden. Fällt die Streitigkeit in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Amtsrichters (kantonrechter) (vgl. Abschnitt Zuständige Gerichte dieses Länderberichts), so wird dieser über den Antrag entscheiden. Der sogenannte Europäische Gerichtsatlas für Zivilsachen bietet Hilfe beim Auffinden des zuständigen Gerichts, an das der Kläger seinen Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls stellen kann.
- In Deutschland wird das Europäische Mahnverfahren zentral für alle Amtsgerichte beim Amtsgericht Berlin-Wedding, Europäisches Mahngericht (Deutschland) geführt.
- Zu beachten ist, dass ein Verbraucher, der ein Mahnverfahren gegen einen ausländischen Unternehmer anstrebt, dies auch von dem zuständigen Gericht aus machen kann, wo er seinen Wohnsitz hat.
Der Gläubiger kann an das zuständige niederländische Gericht einen Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls stellen (Artikel 7 Verordnung (EG) Nr. 1896/2006). Wird ein solcher erlassen, kann der Schuldner innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung des Zahlungsbefehls Einspruch einlegen (Artikel 16 Verordnung (EG) 1896/2006). Unterlässt der Schuldner dies, wird der Europäische Zahlungsbefehl vom erlassenden Gericht für vollstreckbar erklärt (Artikel 18 Verordnung (EG) 1896/2006). Ein Verfahren zur Vollstreckbarerklärung in anderen EU-Mitgliedstaaten findet nicht mehr statt (Artikel 19 Verordnung (EG) 1896/2006).
Sowohl Antrag, Europäischer Zahlungsbefehl als auch Vollstreckbarerklärung müssen durch Formblätter erfolgen. Die Formblätter sind über das europäische Justizportal abrufbar.
Bestimmte Angelegenheiten (zum Beispiel Verfahren im Zusammenhang mit der Abwicklung insolventer Unternehmen - vgl. hierzu unseren Beitrag Insolvenz) sind dem Anwendungsbereich des Europäischen Mahnverfahrens allerdings entzogen (Artikel 2 Absatz 2 Verordnung (EG) 1896/2006).
Eine Einführung in das Europäische Mahnverfahren enthält ein Beitrag des EU-Portals mit Zusammenfassungen der EU-Gesetzgebung in deutscher Sprache.
Die Niederlanden haben ein Ausführungsgesetz zum Europäischen Mahnverfahren (Uitvoeringswet verordening Europese betalingsbevelprocedure) erlassen.