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Recht kompakt | Niederlande | Vertriebsrecht

Vertriebsrecht in den Niederlanden

Das Handelsvertreterrecht findet seine rechtliche Grundlage in Buch 7 Art. 428 bis 445 Burgerlijk Wetboek - BW. Das Vertragshändlerrecht hingegen ist gesetzlich nicht geregelt.

Von Dr. Achim Kampf, Nadine Bauer | Bonn

Handelsvertreter

Ein Handelsvertretervertrag (agentuurovereenkomst) liegt vor, wenn der Unternehmer den Handelsvertreter (HV; handelsagent) für einen (un-)bestimmten Zeitraum mit dem Vermitteln von Verträgen gegen Vergütung beauftragt, Art. 7:428 Abs. 1 BW. 

Der Vertragsabschluss ist grundsätzlich formlos gültig. Jede Partei kann von der anderen jedoch eine schriftliche Abfassung des Vertragsinhalts verlangen (Art. 7:429 Abs. 3 BW). Ist der Vertrag befristet geschlossen, endet er automatisch mit Zeitablauf. Wird der Vertrag von den Parteien nach Verstreichen der ursprünglich bestimmten Laufzeit fortgesetzt, so ist er als ein auf unbestimmte Zeit geschlossener Vertrag anzusehen, Art. 7:436 BW.

Pflicht des HV ist es, sich um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften zu bemühen und bei der Ausübung seiner Tätigkeit die Interessen des Unternehmers zu wahren und dessen Weisungen zu befolgen. Im Gegenzug ist der Unternehmer verpflichtet, den HV bei all seinen Tätigkeiten zu unterstützen, insbesondere ihm die erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Der HV hat Anspruch auf eine Provision für Handelsgeschäfte, die er während der Dauer des Handelsvertretervertrages geschlossen hat. Die Zahlung der Provision darf nur verweigert werden, wenn das Nichtdurchführen des Vertrages billigerweise vom Unternehmer nicht zu vertreten ist. Für ein erst nach Beendigung des Handelsvertretervertrages geschlossenes Geschäft hat der HV nur dann einen Anspruch auf Provision für die Vorbereitungshandlungen (Art. 7:431 Abs. 2 BW), wenn das Geschäft hauptsächlich auf die Tätigkeit zurückzuführen ist, die er während des Vertragsverhältnisses ausgeübt hat und es binnen einer angemessenen Frist nach dessen Beendigung geschlossen wird oder die Bestellung des Dritten vor Beendigung des Handelsvertretervertrages eingegangen ist.

Bei Beendigung des auf unbestimmte Zeit geschlossenen Handelsvertretervertrages ist eine Kündigungsfrist einzuhalten, welche im ersten Vertragsjahr einen Monat beträgt. Nach dem ersten Vertragsjahr verlängert sie sich um einen Monat für jedes zusätzlich angefangene Jahr bis zu einer maximalen Kündigungsfrist von sechs Monaten (Art. 7:437 BW). Eine außerordentliche Kündigung darf nur bei Vorliegen eines dringenden Grundes erfolgen. Ein solcher liegt vor, wenn der kündigenden Partei die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zugemutet werden kann, Art. 7:439 Abs. 2 BW. In diesem Falle ist die kündigende Partei der Gegenpartei gegenüber schadensersatzpflichtig, falls sie keinen "dringenden Grund" zur Kündigung hatte. Liegt ein solcher vor, so ist der andere Vertragspartner schadensersatzpflichtig, wenn er schuldhaft gehandelt hat.

Der HV hat das Recht, nach Beendigung des Vertretervertrages einen Ausgleichsanspruch (klantenvergoeding) geltend zu machen (Art. 7:442 Abs. 1 BW), wenn er für den Unternehmer neue Kunden geworben oder die Geschäftsverbindungen mit vorhandenen Kunden wesentlich erweitert hat und der Unternehmer aus den Geschäften mit diesen Kunden noch erheblichen Vorteil zieht. Die Zahlung eines solchen Ausgleichs muss unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem HV aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entsprechen. Die Höhe der Vergütung ist auf eine durchschnittliche Jahresprovision der letzten fünf Jahre beschränkt. Das Recht auf Ausgleich entfällt, wenn der HV dem Unternehmer nicht innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Handelsvertretervertrages mitteilt, dass er den Ausgleich verlangt. Weitere Ausschlussgründe listet Art. 7:442 Abs. 4 BW.

Vertragshändler

Vom Handelsvertreter unterscheidet sich der Vertragshändler insbesondere darin, dass letzterer Geschäfte im eigenen Namen und für eigene Rechnung abschließt. Der Vertragshändlervertrag (distributie overeenkomst) ist gesetzlich nicht geregelt und unterliegt somit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit. Er ist ein Rahmenvertrag, der eine auf Dauer angelegte Einbeziehung des Eigenhändlers in das Vertriebssystem des Produzenten schafft. Ergänzend sind der Grundsatz von Treu und Glauben sowie der Handelsbrauch heranzuziehen. Der Rahmenvertrag sollte daher Bestimmungen zu folgenden Themen enthalten:

  • welche Waren sollen unter die vertragliche Abmachung fallen,
  • den Gebietsschutz oder Kundenkreis (Exklusivität),
  • die Menge, die der Vertragshändler innerhalb eines bestimmten Zeitraums mindestens abnehmen muss, die Preise, die er dafür zu entrichten hat und die Art und Weise der Festlegung der Wiederverkaufspreise,
  • die Dauer des Vertrages und die Möglichkeiten seiner Beendigung, einschließlich der einzuhaltenden Kündigungsfrist, und ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot.

Haben die Parteien die Modalitäten der Vertragsbeendigung nicht im Einzelnen festgelegt, so wird eine nach Lage des Falles angemessene Kündigungsfrist angenommen. Dabei berücksichtigt das Gericht sowohl die bisherigen langjährigen Geschäftsbeziehungen der Vertragsparteien als auch die bisher getätigten Investitionen, die Vorratshaltung, die Garantie- und Serviceverpflichtungen gegenüber Dritten und den Kundenkreis.

Eine besondere Vergütung in Form eines Ausgleichsanspruchs ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Es existieren jedoch Gerichtsentscheidungen, die dem Vertragshändler einen Ausgleichsanspruch zugestehen.

Im Rahmen von Alleinvertriebsverträgen kommt dem Kartellverbot des Art. 101 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) besondere Bedeutung zu, wonach alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bewirken, mit dem gemeinsam Markt unvereinbar und verboten sind. Erfüllt eine Vertriebsvereinbarung diese Kriterien, so kann sie dennoch zulässig sein, wenn sich die Zulässigkeit aus der Gruppenfreistellungsverordnung Nr. 330/2010 der Europäischen Union ergibt.

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