Branchen | Pakistan | Medizintechnik
Markt für Medizintechnik in Pakistan bleibt attraktiv
Die Wachstumsaussichten der Branche sind weiterhin positiv. Die hohe Importabhängigkeit bietet gute Geschäftsmöglichkeiten, auch für deutsche Unternehmen.
27.04.2023
Von Heena Nazir | Dubai
Der Markt für Medizintechnik in Pakistan ist für ein Land mit über 227 Millionen Einwohnern klein, der Sektor wächst aber stetig und bietet Chancen. Eine zunehmende Mittelschicht und die Einführung einer staatlichen Krankenversicherung für ärmere Haushalte werden die Nachfrage mittel- bis langfristig ankurbeln. Daneben verbreiten sich Zivilisationskrankheiten mit einem steigenden Behandlungsaufwand wie Diabetes, Herz- und Gefäßerkrankungen oder bestimmte Krebsarten.
Das Rechercheinstitut Business Monitor Intelligence Research prognostiziert für den Zeitraum 2021 bis 2026 eine Ausweitung des Marktvolumens von 628 Millionen auf 800 Millionen US-Dollar (US$). Profitieren würden wegen der hohen Importabhängigkeit vor allem ausländische Hersteller von Medizintechnik, da der Bedarf mit mehr als 90 Prozent im Wesentlichen durch Einfuhren gedeckt wird. Deutsche Produkte haben einen guten Ruf, sind bestens positioniert und traditionell beliebt.
Deutschland gehört zu führenden Lieferländern
Nach Angaben von Eurostat war 2021 für deutsche Medizintechnikanbieter ein erfolgreiches Jahr im Pakistan-Geschäft. Gegenüber dem Vorjahr stiegen die Exporte um fast 12 Prozent auf 43,8 Millionen Euro. Die Ausfuhren von Röntgenapparaten (SITC-Position 774.2) und zahnmedizinischen Instrumenten (SITC 872.1) verzeichneten die höchsten Zuwächse, während ophthalmologische Instrumente (SITC 872.25) sowie Therapie- und Atmungsgeräte (SITC 872.3) die größten Rückgänge aufwiesen.
SITC | Produktgruppe | 2019 | 2020 | 2021 | Veränderung 2021/2020 |
---|---|---|---|---|---|
741.83 | Sterilisierapparate | 0,9 | 0,6 | 0,5 | -7,5 |
774.1 | Elektrodiagnoseapparate und -geräte | 7,4 | 2,8 | 2,2 | -19,6 |
774.2 | Röntgenapparate etc. | 3,7 | 4,8 | 10,6 | 122,6 |
872.1 | Zahnmedizinische Instrumente; a.n.g. | 0,4 | 0,2 | 0,3 | 43,4 |
872.21 | Spritzen, Nadeln, Katheter etc. | 3,1 | 2,9 | 2,1 | -27,5 |
872.25 | Ophthalmologische Instrumente | 1,2 | 4,8 | 0,7 | -85,1 |
872.29 | Andere Instrumente, Apparate etc. | 20,3 | 15,4 | 20,3 | 31,6 |
872.3 | Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc. | 4,7 | 3,6 | 2,3 | -35,0 |
872.4 | Medizinmöbel etc. | 0,7 | 0,7 | 1,0 | 37,1 |
899.6 | Orthopädietechnik, Prothesen etc. | 3,6 | 3,5 | 3,6 | 4,3 |
Gesamt | 46,0 | 39,2 | 43,8 | 11,6 |
Die pakistanischen Importe von Medizintechnik haben sich zwischen 2012 und 2018 auf 510,3 Millionen US$ mehr als verdoppelt. Seitdem nimmt die Wachstumsdynamik ab. Im Jahr 2021 stiegen die Einfuhren um 22,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 480,5 Millionen US$. Bedeutendste Lieferländer waren 2021 die USA vor China und Deutschland. Auf die drei führenden Lieferanten entfiel knapp die Hälfte der gesamten Importe des südasiatischen Landes von Medizintechnik.
SITC | Produktgruppe | 2019 | 2020 | 2021 | Veränderung 2021/2020 |
---|---|---|---|---|---|
741.83 | Sterilisierapparate | 3,9 | 3,4 | 6,6 | 91,6 |
774.1 | Elektrodiagnoseapparate und -geräte | 68,7 | 49,6 | 66,2 | 33,5 |
774.2 | Röntgenapparate etc. | 68,4 | 57,4 | 70,7 | 23,2 |
785.31 | Rollstühle | 5,2 | 3,7 | 5,8 | 59,0 |
872.1 | Zahnmedizinische Instrumente; a.n.g. | 2,1 | 1,0 | 1,2 | 22,1 |
872.21 | Spritzen, Nadeln, Katheter etc. | 128,7 | 120,7 | 145,5 | 20,6 |
872.25 | Ophthalmologische Instrumente | 8,1 | 4,4 | 6,3 | 42,7 |
872.29 | Andere Instrumente, Apparate etc. | 80,2 | 66,2 | 79,7 | 20,4 |
872.3 | Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc. | 19,7 | 47,1 | 34,6 | -26,4 |
872.4 | Medizinmöbel etc. | 11,1 | 7,0 | 8,8 | 25,3 |
899.6 | Orthopädietechnik, Prothesen etc. | 58,7 | 33,2 | 55,1 | 66,0 |
Gesamt | 454,7 | 393,7 | 480,5 | 22,1 |
Für das Jahr 2022 erwarten Branchenkenner aufgrund der sich abschwächenden Wirtschaftsleistung eine Abkühlung des Wachstums. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert für das laufende Finanzjahr 2022/2023 (1. Juli bis 30. Juni) eine reale Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 3,5 Prozent. Damit halbiert sich die Dynamik nahezu gegenüber dem geschätzten Plus von 6 Prozent im Vorjahr. Diese Entwicklung dürfte sich auch beim Import von Medizintechnik widerspiegeln.
Privater Sektor baut Anteil aus
Die Coronapandemie hat die Defizite in der seit Jahrzehnten unterfinanzierten öffentlichen Gesundheitsversorgung besonders deutlich vor Augen geführt. Um diese zu verbessern, will die Regierung den Anteil der öffentlichen Gesundheitsausgaben am BIP bis 2030 von rund 1 Prozent auf 3 Prozent verdreifachen.
Damit bleibt der Markt für Hersteller von Medizintechnik langfristig attraktiv und bietet auch deutschen Anbietern weiterhin gute Geschäftschancen. Die apparative Diagnostik (Elektrodiagnose- und Röntgenapparate) hat im Jahr 2021 einen Anteil von 28,5 Prozent an den gesamten Medizintechnikeinfuhren Pakistans. Nach Prognosen von Branchenkennern soll das Segment bis 2025 im Schnitt um 20 Prozent pro Jahr zulegen.
Magnetresonanz- und Computertomografie-Geräte (MRT und CT) werden in erster Linie von großen staatlichen Krankenhäusern und privaten Klinikketten nachgefragt. Gebrauchte Medizintechnik wird vor allem von Hospitälern außerhalb der Ballungszentren gekauft. Der Anteil der generalüberholten Geräte bei der bildgebenden Diagnostik wird auf 30 Prozent bis 40 Prozent geschätzt.
Islamabad kündigte eine Verbesserung des Gesundheitssystems an, um Pandemien vorzubeugen, und will insbesondere bei Tests und Nachverfolgung ansetzen. Die Laborinfrastruktur soll ausgebaut und E-Health-Lösungen entwickelt werden. Jedoch bleibt die Finanzierung unklar. Die hohe Staatsverschuldung schränkt die Regierung in ihrem wirtschaftlichen Handlungsspielraum stark ein. Bei der Modernisierung und dem Ausbau des Gesundheitssektors wird zunehmend auf den privaten Sektor gesetzt, vornehmlich auf ausländische Geldgeber und Nichtregierungsorganisationen.
Regierung will Einfuhrbestimmungen verbessern
Pakistan legt keine Beschränkungen für ausländische Direktinvestitionen im Bereich Gesundheitsdienstleistungen fest und erlaubt den Import von medizinischen Geräten gemäß seiner Import Policy Order. Für die Einfuhr radioaktiver Geräte ist die Genehmigung der Nuklearregulierungsbehörde erforderlich.
Die Einfuhrzölle liegen je nach Kategorie zwischen 0 Prozent und 25 Prozent. Einige medizinische Geräte sind von der Umsatzsteuer befreit. Preis, Qualität und Kundendienst sind bei Kaufentscheidungen für diese Apparate wichtige Faktoren. Die Zahlung erfolgt häufig über ein Dokumentenakkreditiv (Kreditbrief). Regierungsausschreibungen können zeitaufwendig sein, während Entscheidungen in privaten Krankenhäusern in der Regel schneller getroffen werden.
Wichtige Regulierungsbehörden in diesem Sektor sind die Drug Regulatory Authority und das Ministry of National Health Services Regulation and Coordination (Ministerium für nationale Regulierung und Koordination von Gesundheitsdiensten). Die Regierung kündigte kürzlich an, die Einfuhrbestimmungen für Medizintechnik ändern zu wollen, um den Registrierungsprozess transparenter und effizienter zu gestalten.
Chirurgische Instrumente gehen in den Export
Ein Großteil der Medizintechnik wird eingeführt. Eine Ausnahme bilden aber chirurgische Instrumente aus Stahl, für die Pakistan einer der führenden Produktionsstandorte weltweit ist. Ein Großteil der Herstellung geht sogar in den Export.
Die Datenbank UN Comtrade weist für 2021 unter der Sammelposition "andere Instrumente" (SITC 872.29) pakistanische Ausfuhren in Höhe von 415 Millionen US$ aus. Hauptabnehmer waren die USA (113 Millionen US$), Deutschland (62 Millionen US$) und das Vereinigte Königreich (37 Millionen US$). Für das Jahr 2022 rechnen Branchenkenner wegen eines globalen Konjunkturabschwungs mit einem Rückgang.