Wirtschaftsausblick | Pakistan
Pakistan zwischen Krise und wirtschaftlicher Erholung
Die Wirtschaft in Pakistan stabilisiert sich, doch das Wachstum bleibt unter dem Potenzial. Reformen sind dringend nötig, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.
20.12.2024
Von Heena Nazir | Dubai
Top Thema: IWF gewährt 7 Milliarden US-Dollar
Pakistan steht seit Jahren vor erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen: Hohe Schulden, schwache Devisenreserven und eine angespannte Finanzlage belasten das Land. Um eine drohende Finanzkrise abzuwenden, genehmigte der Internationale Währungsfonds (IWF) im September 2024 ein neues Hilfsprogramm in Höhe von 7 Milliarden US-Dollar (US$), das zu Stabilität und wirtschaftlicher Erholung beitragen soll.
Vor der Intervention des IWF galt die finanzielle Lage des Landes als kritisch. Die Währungsreserven waren auf rund 10,6 Milliarden US$ abgeschmolzen. Diese Summe reicht zur Deckung der Importe durchschnittlich nur etwa 1,9 Monate. Ein bedeutender Teil der IWF-Mittel wurde daher zur Stabilisierung der Reserven und Sicherung bedarfskritischer Importe wie Treibstoffe, Nahrungsmittel und Medikamente eingesetzt. Zusätzlich wurden die Mittel zur Bedienung internationaler Verbindlichkeiten eingesetzt, die bei etwa 72,4 Prozent des BIP liegen. Damit konnte ein drohender Zahlungsausfall abgewendet werden.
Das IWF-Programm ist jedoch an die Verpflichtung zu einer umfassenden Reformagenda gekoppelt. Geplante Maßnahmen umfassen Steuererhöhungen, den Abbau von Subventionen im Energiesektor und die Privatisierung der Stromnetze. Diese Schritte sollen die Effizienz steigern und private Investitionen anziehen, um die wirtschaftliche Basis langfristig zu stärken.
Das IWF-Hilfsprogramm gewährt Pakistan dringend benötigte Zeit und die Chance, grundlegende wirtschaftliche Probleme zu lösen. Die Umsetzung der Reformen erfordert jedoch einen klaren politischen Willen und gesellschaftliche Akzeptanz. Nur so kann das Land die Wirtschaft langfristig stabilisieren. Kritiker sind jedoch skeptisch. Politische Instabilität, Korruption und bestehende strukturelle Schwächen bleiben weiterhin große Hindernisse.
Wirtschaft legt auf geringem Niveau zu
Die pakistanische Wirtschaft zeigt Anzeichen einer langsamen Erholung. Für das Finanzjahr 2024/2025 prognostiziert der IWF ein moderates Wirtschaftswachstum von 2,8 Prozent. Dies ist eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr, bleibt aber deutlich unter einem Niveau, das notwendig ist, Kurs auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu nehmen. Haupttreiber der Erholung sind die landwirtschaftliche Produktion, die von günstigen Wetterbedingungen und höheren Investitionen profitiert, sowie eine allmähliche Stabilisierung im Dienstleistungssektor. Die Industrie kämpft dagegen weiter mit hohen Produktionskosten, insbesondere durch die ineffiziente Stromverteilung und steigende Energiepreise.
Privatisierung soll Ineffizienz im Energiesektor bekämpfen
Die pakistanische Regierung will den Privatsektor stärken und ausländische Investitionen fördern, insbesondere im Energiesektor, wo deutsche Unternehmen mit ihrer Technologie punkten könnten. Die Energieversorger arbeiten bislang in der Regel ineffizient und sind hoch verschuldet. Einflussreiche Eliten profitieren von subventionierten Energiepreisen sowie dem bevorzugtem Zugang zu staatlichen Ressourcen und blockieren häufig Reformen.
Hinzu kommt, dass Projekte für erneuerbare Energien oft unzureichend geplant sind. Das schmälert die Verlässlichkeit und Rentabilität für Investoren. Soziale Spannungen und regionale Unsicherheiten verstärken die Herausforderungen für ausländische Unternehmen zusätzlich. Vor einem Engagement in Pakistan wird daher dringend empfohlen, Rat bei der Deutsch-Pakistanischen Industrie- und Handelskammer (AHK) und erfahrenen Experten vor Ort einzuholen, um Risiken realistischer einschätzen und Entscheidungen fundierter treffen zu können.
Gratwanderung zwischen Subventionen und Einsparungen
Die Subventionierung von Importen wichtiger Güter sollen Preissteigerungen, die in einigen Segmenten im Jahresdurchschnitt über 30 Prozent betrugen, bis 2025 auf durchschnittlich 10 bis 15 Prozent senken. Diese Entlastung reicht jedoch nicht aus: Die Energiepreise bleiben für etwa 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung weiter zu hoch. Zusätzlich fordert der IWF Einsparungen, die die Konsumaussichten weiter dämpfen, darunter die Kürzung staatlicher Ausgaben und Steuererhöhungen.
Erholung im Agrarsektor lässt Exporte steigen
Offiziellen Statistiken zufolge stiegen die pakistanischen Exporte im Fiskaljahr 2023/2024 um 11,6 Prozent auf rund 31,1 Milliarden US$. Insbesondere der Agrarsektor trug aufgrund der günstigen Witterung und der gestiegenen Produktion von Reis und Baumwolle zum Wachstum bei. Die Importe verzeichneten gegenüber dem Vorjahr ein leichtes Plus um 0,9 Prozent auf 53,2 Milliarden US$. Eine schwächere Binnennachfrage und gesunkene globale Rohstoffpreise ließen das Handelsbilanzdefizit auf 6,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zurückgehen.
Deutsche Unternehmen spüren zunehmende Konkurrenz
Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation sanken die deutschen Exporte nach Pakistan in den ersten sieben Monaten 2024 um 12 Prozent auf 481 Millionen Euro. Dennoch behauptet sich Deutschland als Hauptexporteur aus der Europäischen Union. Maschinen stellen etwa ein Viertel deutscher Exportgüter nach Pakistan. Die Ausfuhren stagnieren jedoch seit 2018 zwischen 1,1 Milliarden bis 1,3 Milliarden Euro. Die Lockerung von Importbeschränkungen dürfte sich 2024 und 2025 positiv auf die deutschen Exporte nach Pakistan auswirken.
Jedoch spüren deutsche Exporteure den wachsenden Wettbewerbsdruck asiatischer Anbieter, insbesondere aus China. Da der pakistanische Markt sehr preissensibel ist, sind kostengünstige chinesische Produkte besonders gefragt. Eine wichtige Strategie für deutsche Firmen besteht daher häufig darin, die Kosten zu optimieren und die Qualitätsmerkmale ihrer Produkte gezielt zu betonen.