Branchen | Philippinen | Business Process Outsourcing
BPO-Sektor wieder auf Wachstumskurs
Die Branche hat sich von der Coronakrise gut erholt und zeigt sich in Wachstumslaune. Sie soll auch das Comeback der philippinischen Konjunktur ankurbeln.
21.01.2022
Von Alexander Hirschle | Taipei
Das Business Process Outsourcing (BPO) galt in den letzten Jahren als einer der wichtigsten Triebfedern des Wachstums in den Philippinen. Im vergangenen Jahr konnte der Sektor wieder deutlich zulegen. Die Umsätze stiegen 2021 nach vorläufigen Schätzungen des Fachverbandes IT and Business Process Association of the Philippines (ITBPAP) um rund 8 Prozent auf knapp 29 Milliarden US-Dollar (US$). Im Oktober 2021 gingen 87 Prozent der Branchenfirmen davon aus, dass ihre Verkäufe im Gesamtjahr zwischen 5 Prozent und 15 Prozent zulegen dürften.
Auch die Zahl der Beschäftigten konnte bis Jahresende um 8 Prozent auf 1,43 Millionen ausgeweitet werden. Das entspricht fast 130.000 neuen Arbeitsplätzen. Das Wachstum wurde 2021 angekurbelt von einer anziehenden Nachfrage im Bankensektor, bei Finanzdienstleistungen und in der Kommunikationsindustrie. Der Verband ITBPAP spricht in diesem Zusammenhang von einem sehr erfreulichen Comeback, nachdem der BPO-Sektor im ersten Coronajahr 2020 nur ein verhältnismäßig schwaches Wachstum von 1,5 Prozent verzeichnen konnte.
Umsätze stabil trotz Coronakrise
In den Jahren zuvor hatte die Industrie ebenfalls stark zugelegt und eine große Rolle als einer der wichtigsten Konjunkturmotoren auf dem Archipel eingenommen. Im Vergleich zu zahlreichen anderen Sektoren in den Philippinen, die zweistellige Einbrüche vermelden mussten, zeigte sich die BPO-Branche während der Coronakrise als sehr widerstandsfähig. Dies war unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Mitarbeitenden der Branchenfirmen relativ gute Möglichkeiten hatten, ihre Tätigkeiten im Homeoffice weiter zu verrichten. Nach Einschätzung von Branchenkennern waren die Unternehmen darauf auch vergleichsweise gut vorbereitet.
Die meisten anderen Sektoren der philippinischen Wirtschaft hatten unter dem sehr harten und langfristigen Lockdown zu leiden, der als einer der härtesten der Welt galt. Die Wirtschaft des südostasiatischen Inselstaates war unter anderem aus diesem Grund 2020 real um fast 10 Prozent eingebrochen. Es war eine der schlimmsten Rezessionen in der Wirtschaftsgeschichte des Landes sowie auch im regionalen Vergleich.
BPO soll Konjunkturerholung ankurbeln
Auf der BPO-Branche ruht nun die Hoffnung, dass sie die Erholung der philippinischen Wirtschaft federführend mit ankurbelt, zumal sie mittlerweile für 7,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf dem Archipel verantwortlich zeichnet. Für 2022 rechnet der Fachverband ITBPAP mit einer moderaten Absatzsteigerung des Sektors zwischen 3,2 und 5,5 Prozent.
Um aber einen nachhaltigen Wachstumskurs garantieren zu können, müssten nach Einschätzung von Branchenvertretern auch die Rahmenbedingungen optimiert und ein geschäftsfreundlicheres Umfeld geschaffen werden. Dazu zählt unter anderem ein stärkerer Fokus auf die Ausbildung, um das Arbeitskräftepotenzial für den Sektor zu verbessern, wie auch verstärkte Investitionen in Cybersecurity. Ebenso müsse die Telekommunikationsinfrastruktur optimiert werden, unter anderem um auch künftig umfassende Homeoffice-Tätigkeit ermöglichen zu können, so die Stimmen.
Sektor steht vor großen Veränderungen
Diese Maßnahmen sind vor allem vor dem Hintergrund von Bedeutung, dass der Sektor vor großen disruptiven Umwälzungen steht. Die Philippinen hatten es in den letzten beiden Dekaden geschafft, sich als eine der wichtigsten Outsourcing-Destinationen für BPO-Services zu etablieren, Manila zählt zu den Top Fünf Zentren für Callcenter weltweit. Doch die zunehmende Automatisierung und der immer intensivere Einsatz künstlicher Intelligenz in den Prozessen wird erhebliche Veränderungen für die Branchenfirmen nach sich ziehen.
Einfache und repetitive Tätigkeiten, die heute noch von Menschen durchgeführt werden, dürften künftig wegfallen und von automatisierten IT-Verfahren ersetzt werden. Für die Philippinen wird es daher von großer Bedeutung sein, Nischen aufzuspüren, in denen von Menschen erbrachte Leistungen einen Mehrwert bieten - wie etwa im Bereich „Customer Experience“. Auch eine Diversifizierung der Dienstleistungen wird stärker vonnöten sein.
Nach Einschätzung von Experten verfügt der Archipel über gute Voraussetzungen, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Dazu zählen relativ niedrige Lohnkosten, hervorragende Englischkenntnisse und eine hohe Serviceorientierung der Beschäftigten. Allerdings müssten die Kompetenzen der Angestellten künftig aktiv weiterentwickelt werden. Dann könnten die Philippinen ihre Poleposition als Hub für BPO-Services auch weiter behaupten, so die Stimmen.