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Großes Interesse an Betreiberlizenzen in Polens Pfandsystem

Polens Umweltministerium hat drei Unternehmen als Betreiber im neuen Pfandsystem zugelassen. Weitere Bewerber könnten folgen. Eine Überraschung gibt es bereits.

Von Christopher Fuß | Warschau

Ab Januar 2025 gilt in Polen ein allgemeinverbindliches Flaschenpfand. Zu den wichtigsten Akteuren im neuen Rücknahmesystem gehören die sogenannten Betreiber. Laut Verpackungsgesetz hat ein Betreiber die Aufgabe, zurückgebrachte Getränkeverpackungen in Geschäften zu sammeln, zu trennen und an Verwertungsstellen zu übergeben. Außerdem verrechnet er die Pfandgebühren mit den beteiligten Unternehmen.

Das Besondere: In Polen können mehrere Betreiber parallel existieren. Alles, was die Firmen benötigen, ist eine Zulassung des Umweltministeriums.

Der Kreis der Betreiber in Polens Pfandsystem wächst

Mitte Juli 2024 genehmigte das Umweltministerium einen Antrag des Unternehmens OK Operator Kaucyjny. Der Eigentümer dieser Aktiengesellschaft ist die Schwarz Gruppe, die auch hinter den Lebensmittelhändlern Lidl und Kaufland steht. Bei OK Operator Kaucjyny handelt sich um den dritten zugelassenen Betreiber für das Flaschenpfandsystem.

OK Operator Kaucyjny kündigt an, die gesammelten Abfälle innerhalb Polens aufzubereiten. Das berichtet die Tageszeitung Rzeczpospolita. Im Mittelpunkt steht dabei das Recycling-Unternehmen PreZero, ebenfalls eine Tochtergesellschaft der Lidl-Eigentümergruppe Schwarz. Der Betreiber OK Operator Kaucyjny schreibt in einer Stellungnahme an die Tageszeitung Rzeczpospolita: "Mit der Unterstützung von PreZero sind wir in der Lage, Kunststoffabfälle in Polen zu bewirtschaften und an Recyclinganlagen in Polen weiterzuleiten." 

Lebensmittelhersteller befürchteten, dass internationale Firmen den Verpackungsmüll ins Ausland transportieren würden. Damit hätte Polens Industrie keinen Zugriff mehr auf die Rohstoffe. Recycelte Verpackungsabfälle gehören mittlerweile zu begehrten Produktionsmaterialien.

Deutsche Pfandautomaten im Einsatz

Es gibt weitere Unternehmen aus Deutschland, die als Betreiber in Polens Flaschenpfandsystem mitmischen wollen. Eko Operator, eine Tochter der Remondis Gruppe, wartet auf eine Genehmigung des polnischen Umweltministeriums. Erste Pilotprojekte laufen bereits. Remondis stellte Pfandautomaten in mehreren polnischen Filialen der Supermarktkette Auchan auf. Die Geräte kommen vom Unternehmen Re Deposit im thüringischen Ilmenau, das ebenfalls zur Remondis Gruppe gehört.

Der polnische Handelsriese Eurocash wiederum arbeitet mit dem Umweltdienstleister Interzero aus Berlin zusammen. In einigen Geschäften stehen Automaten der Interzero-Tochter Sielaff. Allerdings will Interzero laut Rzeczpospolita keinen eigenen Betreiber gründen, sondern Dienstleistungen für Betreiber und Händler anbieten.

Zwei weitere Betreiber, die eine Zulassung des Umweltministeriums erhalten haben, sind Zwrotka und Polska Kaucja (PolKa). Eine Gruppe von zwölf polnischen und internationalen Getränkeherstellern bewirbt sich unter dem Markennamen Krajowy System Kaucyjny ebenfalls um eine Genehmigung. Das polnische Kartellamt UOKiK (Urząd Ochrony Konkurencji i Konsumentów) stimmte dem Zusammenschluss bereits zu. Alle Betreiber haben eines gemeinsam: sie arbeiten als Non-Profit-Organisationen.

Besondere Rolle der Entsorgungsbetriebe

Überraschend: Das Verpackungsgesetz schreibt vor, dass allein Hersteller und Importeure von Getränken, sowie Branchenverbände eine Betreibergesellschaft gründen dürfen. Allerdings gibt es keine minimale Produktions- oder Einfuhrmenge, ab wann ein Unternehmen als Hersteller beziehungsweise als Importeur gilt. Dieser Umstand führt in Polen dazu, dass neben den Handelsriesen vor allem Recyclingdienstleister als Betreiber auftreten. Die Abfallentsorger hatten zuvor Getränke in geringen Mengen auf den Markt gebracht.

Laut Verpackungsgesetz müssen Einzelhändler ab 2025 ein Pfand auf Getränkeverpackungen in Höhe zwischen 12 und 23 Eurocent berechnen. Die Gebühr fällt auf Einweg-Kunststoffflaschen, auf Metalldosen und auf Mehrweg-Glasflaschen an. Einweg-Glasflaschen befinden sich nicht im Pfandsystem.

Rücknahmequote soll sich mehr als verdoppeln

Einzelhändler und Großhändler ziehen das Pfand vom Kunden ein. Filialen mit einer Verkaufsfläche größer als 200 Quadratmeter sind darüber hinaus verpflichtet, Flaschen zurückzunehmen. Das Pfandgesetz schreibt als Zielmarke vor, dass Hersteller und Importeure ab 2025 mindestens 77 Prozent aller verkauften Flaschen getrennt einsammeln. Bis 2029 steigt der Wert auf 90 Prozent. Aktuell erreicht Polen bei Kunststoffflaschen nicht mehr als 43 Prozent.

Getränkehersteller und Importeure, die das gesetzliche Ziel verfehlen, müssen eine Strafe zahlen. Das Umweltministerium verspricht, dass die Abgabe im ersten Jahr des Pfandsystems niedrig ausfällt. Das soll den Unternehmen die Umstellung erleichtern. Einzelhändler, die sich nicht am Pfandsystem beteiligen, zahlen hingegen bereits im ersten Jahr eine hohe Strafe.

Obwohl der Startschuss des Pfandsystems noch nicht gefallen ist, stehen bereits erste Änderungen im zugrundeliegenden Gesetz bevor. Das Umweltministerium präsentierte Ende Juli 2024 eine entsprechende Reform. Laut ihr fallen Milchgetränke nicht mehr wie ursprünglich vorgesehen unter das Flaschenpfand. Handelsverbände loben diesen Schritt. Sie hatten hygienische Bedenken angemeldet.

Kunden werden voraussichtlich nicht alle Pfandgebühren zurückfordern. Die nicht abgerufenen Gelder wecken Begehrlichkeiten. Kommunen möchten, dass die Mittel den lokalen Gemeinden zugutekommen. Nach geltendem Recht erhalten die Betreiber die Beträge. Hintergrund: Glas- und Plastikflaschen landen oft im Hausmüll. Diese Abfälle sind für die Gemeinden eine wichtige Einnahmequelle. Durch das Pfandsystem verdienen die kommunalen Müllbetriebe weniger. Nicht abgeholte Pfandgebühren könnten diesen Einnahmeverlust zumindest teilweise ausgleichen. Lebensmittelverbände erwidern, die Gemeinden würden bereits Gelder aus anderen Abfallgebühren erhalten.

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