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Branchen | Polen | Einzelhandel

Moderne Absatzkanäle locken Konsumenten an

Polen bietet immer mehr moderne Handelsflächen auch mit innovativen Lösungen. Verkaufsoffene Sonntage ab 2024 heizen den Konsum zusätzlich an. Eigene Geschäfte vor Ort lohnen sich.

Von Beatrice Repetzki | Berlin

Die Menschen in Polen zieht es wieder häufiger in Einkaufskomplexe. Zu Gute kommt ihnen dabei, dass die neue Regierungskoalition KO in ihrem Programm erklärt, das Handelsverbot an Sonntagen abschaffen zu wollen. Deutsche Anbieter können von der steigenden Privatnachfrage profitieren, auch durch Eröffnung eigener Geschäfte. Dabei können sie innovative Lösungen nutzen.

Onlinehandel und Ladengeschäfte ergänzen sich

Der stationäre Einzelhandel setzt verstärkt auf Digitalisierung. So werden Onlineangebote über Bildschirme in den Verkaufsflächen präsentiert. Im Internet gekaufte Ware kann häufig im stationären Geschäft umgetauscht werden. Die Anzahl der polnischen Onlineshops sowohl inländischer als auch internationaler Unternehmen soll Ende 2023 laut der Auskunftei Dun & Bradstreet Poland 65.000 überstiegen haben (Ende 2022: 57.900).

Automatisierte Geschäfte im Kommen

Im Trend liegen auch kassenlose Einkaufssysteme in stationären Geschäfte, wie sie bereits vor einigen Jahren die Handelsketten Carrefour und BioFamily in Polen eröffneten. Die Supermarktkette Żabka wagte diesen Schritt ebenfalls. Zu ihr gehören auch rund 50 Filialen mit der Bezeichnung Żabka Nano, die ohne Personal auskommen. 

Der französische Warenhauskonzern Auchan eröffnete im Juni 2023 in Warschau eine erste Filiale seines kassenlosen Kleinflächenformats Auchan Go. In den kommenden Jahren sollen 40 weitere Filialen folgen. Die Kunden erhalten nach geleisteter Zahlung eine digitale Quittung auf ihr Smartphone.

Über seine Tankstellen-Shops vertreibt auch der Mineralöl- und Energiekonzern Orlen Artikel des täglichen Bedarfs. Orlen plant vom Tankstellennetz unabhängige Supermärkte zu eröffnen und prüft dabei Möglichkeiten für mehr Autonomie vom Einkauf bis zum Bezahlen.

Andere Handelsketten investieren zunächst in Selbstbedienungskassen, ohne dabei ganz auf Personal zu verzichten. Um Warteschlangen an Kassen zu vermeiden, hat das Start-up ZeroQs aus Olsztyn (Allenstein) den intelligenten Einkaufswagen SmartCart entwickelt. Diese mobile Selbstbedienungskasse wurde bereits von Handelsketten getestet. Der SmartCart scannt die in ihn gelegten Artikel, addiert deren Preise und belastet die Konten der Kunden mit Hilfe einer App beim Verlassen des Geschäfts. ZeroQs will seinen SmartCart auch im Ausland anbieten.  

Convenience Centres als neuer Hit

Für innovative Lösungen im Einzelhandel steht zudem mehr Verkaufsfläche bereit. Landesweit entstehen neue Einkaufszentren und Handelsparks, zunehmend mit nachhaltigen und umweltverträglichen Baustandards. 

Ein neuer Trend sind Convenience Centres mit höchstens 5.000 Quadratmetern Verkaufsfläche in dicht besiedelten Gebieten oder an deren Zufahrtsstraßen. Solche Zentren bestehen aus mehreren Gebäuden, die meist außer einem Lebensmittelgeschäft auch Läden für Unterhaltungselektronik, eine Drogerie, Apotheke sowie kleine Dienstleister beherbergen.

Weitere Handelsparks entstehen

Im 1. Halbjahr 2023 wurden in Polen laut der Immobilienfirma Jones Lang LaSalle (JLL) insgesamt 219.000 Quadratmeter moderne Handelsflächen fertig gestellt, darunter 122.600 Quadratmeter in großen Handelsparks und 28.400 Quadratmeter in Convenience Centres. Somit stieg die Anzahl der großen und kleinen Handelsparks mit einer Fläche von je mindestens 2.000 Quadratmetern auf rund 600 Objekte. Die vorhandene Gesamtfläche erreichte 2,6 Millionen Quadratmeter in Handelsparks und 1 Million Quadratmeter in Convenience Centres. 

Es gibt weitere Projekte. Den Bau eines größeren Handelsparks nimmt die polnische RWS Investment Group in Niemodlin (Falkenberg), westlich von Opole (Oppeln), in Angriff. Vier Gebäude bieten Flächen für zwölf Geschäfte mit 45 bis 1.950 Quadratmetern. Die ersten, darunter ein Lidl-Markt, eröffnen im Spätsommer 2024. In Łódź (Lodsch) erweitert die polnische Newbridge Romsey den vorhandenen Handelskomplex Nowa Górna um ein Convenience Centre. Dort eröffnen im 2. Quartal 2024 Filialen von Sinsay, Maxi Zoo, KiK und anderen Anbietern.

Große und kleine Handelsparks entstehen vorwiegend in Kleinstädten und in Neubausiedlungen von Großstädten. Bekleidungs- oder Schuhgeschäfte wie Sinsay, Deichmann oder C&A sind darin nun stärker vertreten, wie der Geschäftsführende Direktor von Trei Real Estate Poland, Jacek Wesołowski, der Tageszeitung Rzeczpospolita sagte. In Kraków (Krakau) eröffnet im Frühjahr 2025 ein Designer Outlet mit über 100 Geschäften.

Ein Drittel der Handelsfläche in ausländischer Hand

Ausländische Handelsketten, darunter deutsche, stärken ihre Position. Die Durchschnittsfläche pro Geschäft mit Auslandskapital betrug Ende 2022 laut dem Statistischen Hauptamt GUS rund 686 Quadratmeter, während Geschäfte in inländischem Privatbesitz durchschnittlich lediglich 221 Quadratmeter boten (jeweils Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten).

Geschäfte mit Auslandskapital *

 

Ende 2021

Ende 2022

Veränderung 2022/2021 in Prozent

Anzahl 

18.140

19.015

4,8

Anteil an der Gesamtzahl der Geschäfte (in %)

5,5

5,8

5,5

Fläche (in 1.000 qm)

12.415

13.040

5,0

Anteil an der Gesamtfläche aller Geschäfte (in %)

32,6

33,8

3,7

* Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten.Quelle: Statistisches Hauptamt GUS 2023

Die führende Drogeriekette Rossmann will 2025 in Polen 2.000 stationäre Filialen betreiben (Juni 2023: 1.686). Das erfordert laut dem Vorsitzenden von Rossmann Supermarkety Drogeryjne Polska, Marcin Grabara, Investitionen von etwa 343 Millionen Euro. Der deutsche Mitbewerber dm-drogerie markt eröffnete seine erste Filiale in Polen im April 2022 und betrieb dort zum Jahresende 2023 bereits 25 dm-Drogeriemärkte.

Konsumenten greifen wieder tiefer in die Tasche

Fachleute rechnen für 2024 mit einer Belebung des Konsums. Die Kaufkraft der Verbraucher wächst bei rückläufiger Inflation (laut Eurostat 6,3 Prozent im Oktober 2023 gegenüber Oktober 2022) und steigenden Löhnen. Die Zentralbank NBP erwartet für 2024 eine reale Zunahme des privaten Konsums inklusive Dienstleistungen um 3,3 Prozent und für 2025 sogar um 4,4 Prozent. 

Im Oktober 2023 stiegen die realen Einzelhandelsumsätze (Firmen ab zehn Beschäftigte) gegenüber Oktober 2022 mit +2,8 Prozent erstmals wieder an. Somit kehrte sich der negative Trend um, der den gesamten Jahresverlauf kennzeichnet (Januar bis Oktober 2023 gegenüber Januar bis Oktober 2022: -2,6 Prozent).

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