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Special Polen Konnektivität

Polen und Asien – Partner, Konkurrenten, Vorbilder

Polen hat die Verlagerung des Schwerpunktes der Weltwirtschaft erkannt und will am Aufstieg Asiens teilhaben. Seine asiatischen Partnerländer nehmen dabei verschiedene Rollen ein.

Von Sebastian Holz | Bonn

Aufgrund seiner Größe sticht China besonders heraus. Obwohl die polnische Wirtschaft weiterhin Interesse an einer Vertiefung ihrer Beziehungen mit dem chinesischen Markt hat, ist der Enthusiasmus der Mitte der 2010er Jahre längst verflogen. Auch in Polen sorgt man sich über das offensivere Auftreten Chinas. Zudem drängen chinesische Unternehmen auf den für Polen wichtigen europäischen Zulieferermarkt. Im Vergleich dazu werden die Wirtschaftskontakte mit Japan deutlich weniger kontrovers beurteilt.

Als langjähriger Technologiepartner wird Japan für Zuverlässigkeit und Qualität geschätzt. Die Investitionen der großen Industriekonglomerate in Polen beschäftigen Tausende Arbeitnehmer. Ähnlich sieht es bei Südkorea aus, das in Polen zudem als industriepolitisches Vorbild gesehen wird. Nur Südkorea, Taiwan und Israel haben es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschafft, in die Weltbank-Kategorie „high-income country“ aufzusteigen und damit mit den westlichen Industrieländern gleichzuziehen oder sie sogar zu überflügeln. Polen hofft daher von den Erfahrungen Südkoreas beim industriellen Aufstieg zu lernen.

Eine besondere Rolle nimmt auch Vietnam ein. Nachdem in sozialistischen Zeiten viele vietnamesische Austauschstudenten an polnischen Universitäten studierten, ist in Polen heute eine lebendige Diaspora beheimatet, die den wirtschaftlichen Austausch mit dem südostasiatischen Land vorantreibt.

  • China beeindruckt – und beunruhigt

    Der beispiellose wirtschaftliche Aufholprozess, den China seit Ende der 1970er Jahre vollzogen hat, hinterließ auch in Polen einen bleibenden Eindruck.

    Polen befindet sich selbst in einem solchen Aufholprozess und setzte große Hoffnungen in Exporte nach und Investitionen aus China. Vor dem Hintergrund der sich verschlechternden Beziehungen zwischen China und dem Westen hat sich das Verhältnis in den vergangenen Jahren aber abgekühlt.

    Die bilateralen Beziehungen mit der Volksrepublik China haben sich seit der Wende stetig gewandelt. Am 4. Juni 1989, dem gleichen Tag, an dem in Polen die ersten teilweise freien Wahlen abgehalten wurden, beendete die chinesische Regierung gewaltsam die Demokratiebewegung auf dem Tiananmen-Platz in der Hauptstadt und im ganzen Land. Entsprechend begegnete das demokratische Polen der Volksrepublik mit einigem Misstrauen – und ihren politischen Gegnern mit viel Sympathie. Polen eröffnete eine diplomatische Vertretung in Taipei und trat in Menschenrechtsfragen selbstbewusst auf. Ein Treffen von Staatspräsident Lech Kaczyński mit dem Dalai Lama hatte im Jahr 2008 die Einbestellung des polnischen Botschafters in Peking zur Folge. Der damalige Ministerpräsident Donald Tusk boykottierte als Reaktion auf die Unterdrückung von Protesten in Tibet die olympischen Spiele 2008 in Peking.

    EU-Finanzkrise bringt Annäherung

    Chinas voranschreitendes Wachstum und die europäische Finanzkrise trugen dazu bei, dass sich diese Haltung ein Stück weit aufweichte. Angesichts des Schwächelns der westeuropäischen Volkswirtschaften wurden neue Handelsmärkte und Investitionsquellen wichtig, um das Wirtschaftswachstum der neuen EU-Mitgliedsstaaten aufrechtzuerhalten. Die Regierung Tusk begann, sich aktiver mit China zu beschäftigen. Präsident Bronislaw Komorowski besuchte Peking im Dezember 2011, um ein strategisches Partnerschaftsabkommen zu unterzeichnen. Im selben Jahr startete das polnische Wirtschaftsministerium das Internetportal GoChina, um polnische Exporteure zu unterstützen und chinesische Investoren anzulocken.

    Die chinesische Seite reagierte auf das gesteigerte Interesse aus der Region mit dem 16+1 Format. Die Initiative zur Förderung der Kooperation zwischen China und 16 mittel- und osteuropäischen Staaten wurde 2012 ins Leben gerufen. Der Gründungsgipfel fand in Warschau statt. Die Initiative und die 2013 folgende Ankündigung der Investitionsoffensive „One Belt, One Road“ (später Belt and Road Initiative, BRI) verbreiteten in Polen großen Optimismus. Man versprach sich eine Welle chinesischer Greenfield- und Infrastrukturinvestitionen. 2016 wurden die diplomatischen Beziehungen der beiden Länder mit einem Abkommen über eine „umfassende strategische Partnerschaft“ auf eine neue Ebene gehoben. Allerdings folgte darauf wenig Substanzielles, tatsächlich verschlechterten sich die Beziehungen sogar.

    Abkühlung der Beziehungen ab 2017

    Im Jahr 2017 untersagte der damalige Verteidigungsminister Macierewicz den Verkauf eines Gewerbegeländes bei Łódź an chinesische Investoren aus Gründen der nationalen Sicherheit. Auf dem Gelände hatte ein Logistikdrehkreuz für die neuen Zugverbindungen zwischen China und Europa entstehen sollen. Im darauffolgenden Jahr erschütterte ein Skandal um zwei Huawei-Beschäftigte in Polen die Beziehung weiter. Der Vorwurf lautete auf Spionage für den chinesischen Staat. In der Zwischenzeit hatten sich allgemein die Beziehungen zwischen China und dem Westen  sowie speziell zwischen China und den USA abgekühlt. Für Polen, das dem NATO-Bündnis besonders viel Bedeutung zumisst, Grund genug für mehr Distanz zum Reich der Mitte. 2019 verpflichtete sich Polen in einem bilateralen Abkommen mit den Vereinigten Staaten, beim 5G-Ausbau nur „vertrauenswürdige Unternehmen“ einzubinden. Noch unklar ist dagegen, wie mit dem bereits vorhandenen Huawei-Equipment für die Mobilfunkstandards 3G und 4G verfahren werden soll. Gleiches gilt für die IT-Infrastruktur mehrerer polnischer Banken, die von Huawei gestellt wird.

    Hinzu kommen enttäuschte Erwartungen: Das 16+1 Format kann nach neun Jahren kaum Erfolge vorweisen. Das Volumen chinesischer Investitionen in Polen liegt weit hinter dem in westeuropäischen Ländern. Der kumulierte Wert chinesischer Direktinvestitionen in Deutschland (24,8 Milliarden Euro von 2000 bis 2020) übersteigt den Wert für Polen (2,2 Milliarden Euro im selben Zeitraum) um mehr als das zehnfache. Vor diesem Hintergrund reagiert die polnische Regierung auf westeuropäische Kritik an den eigenen Wirtschaftsbeziehungen zu China eher mit Unverständnis.

    Im Jahr 2020 lag Polen überraschend weit vorne auf der Liste der europäischen Investitionsziele chinesischer Firmen. Allerdings handelt es sich bei den Direktinvestitionen von knapp 1 Milliarde US-Dollar (US$) vor allem um zwei Einzelinvestitionen im Logistiksektor. Der Fondsmanager GLP mit Sitz in Singapur hatte Aktiva des Polengeschäfts der australischen Gewerbeimmobiliengruppe Goodman im Wert von 800 Millionen US$ gekauft. Die erhofften Greenfield-Investitionen bleiben dagegen weiterhin aus. Stattdessen kaufen chinesische Firmen häufig wirtschaftlich erfolgreiche polnische Firmen. So erwarb 2012 beispielsweise der Branchenriese LiuGong den Baumaschinenhersteller Dressta aus Stalowa Wola.

    China ist auch Konkurrent

    Polens zunehmende Skepsis gegenüber China zeigte sich auch in seiner ablehnenden Haltung beim Abschluss der Verhandlungen über das Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und China (Comprehensive Agreement on Investment, CAI) im vergangenen Jahr. Das Abkommen wurde nicht nur als möglicherweise schädlich für die aus polnischer Sicht sehr wichtigen transatlantischen Beziehungen bewertet. Es geht auch um handfeste wirtschaftliche Interessen: Während große europäische Firmen nach Lobbyerfolgen in ausgewählten Sektoren auf dem chinesischen Markt gewisse Erleichterungen erwarten dürften, würde sich der Zugang für die vielen kleineren und mittleren Unternehmen Polens kaum verbessern. Schlimmer noch: CAI könnte dazu führen, dass das für Polen wichtige europäische Kfz-Zulieferergeschäft zunehmend nach China abwandert, um dort für den wichtigen asiatischen Markt zu produzieren. Polnische Firmen müssten ebenfalls nach China expandieren oder riskieren, von chinesischen Firmen verdrängt zu werden. Ein „Reshoring“, das man sich in Polen ob der komplexeren Beziehungen mit China erhoffte, also eine teilweise Rückverlagerung der Produktion aus China, würde damit unwahrscheinlicher. Das CAI liegt allerdings zunächst auf Eis. Das Europäische Parlament verweigert dem Abkommen nach den chinesischen Sanktionen gegen chinakritische Europaabgeordnete und Think Tanks seit Mai 2021 die Zustimmung.

    Die Coronapandemie und ihr Ursprung in China waren dem Image des Landes wenig zuträglich. China konnte zwar zunächst mit Maskenlieferungen punkten. Die von Präsident Duda angeregte Vereinbarung zum Kauf chinesischer Impfstoffe kam allerdings nicht zustande. Laut einer Studie des European Council on Foreign Relations vom Juni 2020 haben 43 Prozent der Polen von China eine schlechtere Meinung als vor der Krise.

    Handelsbeziehungen eher einseitig

    Ungeachtet dessen weist Polen, genau wie viele andere Länder in Europa und weltweit, ein großes Handelsdefizit gegenüber China auf. Das Ungleichgewicht der Handelsbeziehungen verstärkte sich über die Jahre sogar. Während polnische Exporteure weiterhin große Probleme mit dem streng regulierten chinesischen Markt haben, nahmen die Importe aus China stetig zu. 2020 standen Importen im Wert von fast 37 Milliarden US$ Exporte von knapp über 3 Milliarden US$ gegenüber. Polen exportiert vor allem Kupferprodukte (21 Prozent), Motorenteile und Holz, und importiert diverse elektronische Produkte, Maschinen und Textilien. Als größte Handelsbarriere nennt das polnische Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung vor allem tier- und pflanzengesundheitliche Vorschriften, die polnischen Lebensmittelexporteuren den Marktzugang erschweren.


    Von Sebastian Holz | Bonn

  • Südkorea als industriepolitisches Vorbild

    Die Geschichte der Beziehungen zwischen Polen und Südkorea ist vergleichsweise kurz. Heute hat das asiatische Land eine Vorbildfunktion für Polen

    Während Polen im 19. Jahrhundert nicht als souveräner Staat existierte, herrschte in Korea die isolationistische Joseon-Dynastie. Als nach dem 1. Weltkrieg die Zweite Polnische Republik gegründet wurde, stand die koreanische Halbinsel unter japanischer Besatzung. Diplomatische Beziehungen wurden daher erst Mitte des 20. Jahrhunderts aufgenommen. Die jeweilige Blockzugehörigkeit im Kalten Krieg machte eine weitere Annäherung schwierig. Wirtschaftlich konnte Polen vom bedeutenden Aufschwung Südkoreas in den 1970er und 1980er Jahren kaum profitieren.

    Erst nach 1990 fanden erste direkte Kontakte statt. In den frühen 1990ern kaufte der südkoreanische Autokonzern Daewoo den staatlichen polnischen Traditionshersteller FSO. Während der schwierigen Anpassungsprozesse an die marktbasierte Wirtschaftsordnung in Polen ruhten große Hoffnungen auf der Übernahme. Dann aber überlebte der Mutterkonzern Daewoo die asiatische Finanzkrise nicht und wurde 1999 aufgelöst. Damit war auch der polnische Traum vom Fortbestehen der eigenen Automarke dahin.

    Beträchtliche Wirtschafts- und Investitionsbeziehungen

    Trotz dieses schwachen Starts haben sich über die Jahre beträchtliche Wirtschafts- und Investitionsbeziehungen zwischen den beiden Ländern entwickelt. Die Investitionsinteressen südkoreanischer Konzerne decken sich auffallend gut mit den industriepolitischen Vorstellungen der aktuellen polnischen Regierung. Heute ist das Land mit einem Anteil von 4 Prozent an den gesamten ausländischen Direktinvestitionen in Polen der größte asiatische Investor.

    Premierminister Morawiecki begrüßt diese Entwicklung: Nach seiner Vorstellung solle sich Polen an der südkoreanischen Wachstumsstrategie orientieren, die die unsichtbare Hand des Marktes durch die sehr sichtbare des Staates ergänzte. Polen brauche eigene nationale Champions, ähnlich wie die „Jaebols“ – riesige Mischkonzerne, die sich Mitte des 20. Jahrhunderts in Korea entwickelten. Zu diesen zählen etwa Samsung oder LG. Beide sind auf dem polnischen Markt sehr aktiv.

    Südkoreanische Konzerne investieren massiv

    Samsung hatte zuletzt im schwungvollen Wolkenkratzer Warsaw Spire ein großes Forschungs- und Entwicklungszentrum eröffnet, in dem zu 5G- und Cloud-Technologien sowie zu Spracherkennung geforscht wird. Damit wird in Polen digitale Spitzenforschung betrieben. Der Konzern ist auf dem polnischen Markt bereits erfahren und betreibt eine große Fertigungsstätte für Weißware in der Nähe von Poznań. Seit 2017 sponsert Samsung bei Rzeszów außerdem einen Start-Up-Inkubator für Internet-of-Things-Technologien.

    LG Energy Solutions betreibt seit 2017 eine Fabrik für Lithium-Ionen-Akkus für Fahrzeuge in Kobierzyce bei Wrocław. Das Werk beschäftigt heute 10.000 Menschen und macht Polen zum europaweit größten Batterieexporteur. E-Autos von VW, Škoda und Audi fahren mit Batterien aus Polen. Komplementär baut der südkoreanische Konzern SK Innovation seit 2019 mit Investitionen in Höhe von 335 Millionen Euro ein Batterierecycling-Werk in Schlesien. Der Mischkonzern Doosan investiert in Polen derzeit vor allem in Müllverbrennungsanlagen, möchte seine Aktivitäten aber perspektivisch auf die Sektoren Atomkraft und Wasserstoffwirtschaft ausweiten.

    Darüber hinaus kündigte der Konzern Korea Hydro & Nuclear Power (KHNP) an, Polen ein Angebot für den Einstieg in die Kernenergie zu unterbreiten. Die polnische Regierung will bis 2033 Kernenergie als Teil des nationalen Energiemixes einsetzen. Auch wenn dazu bereits im Herbst 2020 eine Vereinbarung mit den Vereinigten Staaten getroffen wurde, ist eine koreanische Beteiligung in diesem Sektor weiterhin möglich. Polens Regierung zeigt sich offen für alternative Reaktorlieferanten.

    Südkorea ist außerdem in ein weiteres Schlüsselprojekt der aktuellen polnischen Regierung involviert. Mit dem Centralny Port Komunikacyjny (CPK) plant die Regierung den Bau eines neuen Großflughafens nahe Baranów unweit von Warschau. Als strategischer Partner des Projekts wird Südkoreas größter Flughafen Incheon International fungieren. Ein entsprechendes Abkommen wurde im Februar 2021 unterzeichnet.

    Zu einem Politikum wurde der Kauf von 123 südkoreanischen Straßenbahnzügen der Firma Hyundai durch die Stadtwerke Warschau. Die polnische Firma PESA produziert in Bydgoszcz selbst Straßenbahnen. In Segmenten der verarbeitenden Industrie, in denen Südkorea mehr Erfahrung und Skaleneffekte mitbringt, herrscht also durchaus harte Konkurrenz. Laut Angaben der Stadtregierung hatte Hyundai die Ausschreibung mit seinem Gesamtpaket klar für sich entschieden.

    Unausgeglichene Handelsbilanz

    Das Handelsdefizit mit Südkorea ist traditionell groß. Importen im Wert von über 6 Milliarden US-Dollar (US$) standen 2020 Exporte im Wert von 700 Millionen US$ gegenüber. Polen importiert vor allem Maschinen (24 Prozent) und Fahrzeuge (9 Prozent). Polnische Exporteure tun sich schwer auf dem südkoreanischen Markt, der 2020 nur auf Platz 43 ihrer Exportdestinationen stand. Polens Hauptexportgüter sind elektromechanische Geräte und Teile (40 Prozent), Schmucksteine (15 Prozent), Maschinenteile (15 Prozent) und Werkzeuge (6 Prozent). Potenzial sieht das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung in den Bereichen Kosmetik, Lebensmittel sowie Schiffbau, wo polnische Werften mit Jachten eine kleine, aber lukrative Nische gefunden haben.

    Aufgrund der Investitionsbeziehungen ergänzen sich die beiden Volkswirtschaften trotz der unausgeglichenen Bilanz gut. Koreanische Investoren bringen Zukunftstechnologien nach Polen, die polnischen Firmen den Aufstieg in den europäischen Wertschöpfungsketten ermöglichen. Auch wenn die beiden Länder kulturell sehr verschieden sind, gibt es doch Parallelen. Die südkoreanische Botschafterin in Warschau, Mira Sun, zieht eine Verbindung zwischen der historischen Erfahrung Koreas als mittelgroßes Land zwischen China und Japan einerseits, und der Polens zwischen Russland und Deutschland andererseits. Nicht zuletzt stehen die beiden Mittelmächte mit vergleichbarer Bevölkerungsgröße dank einiger geografischer Distanz nur selten in direkter Konkurrenz.


    Von Sebastian Holz | Bonn

  • Japan – ein langjähriger Technologiepartner

    Unternehmen aus Japan sind bereits seit geraumer Zeit auf dem polnischen Markt aktiv.

    Wie auch in vielen anderen Ländern nimmt Japan eine wichtige Rolle als Technologiepartner ein, der spezialisierte Maschinen und Maschinenteile liefert. Dagegen haben polnische Exporteure, ähnlich wie in Südkorea, Schwierigkeiten auf dem japanischen Markt Fuß zu fassen. Das liegt vor allem am anspruchsvollen und streng regulierten japanischen Lebensmittelmarkt. Polnische Produkte konkurrieren in Japan mit Erzeugnissen von anderen günstigen Produktionsstandorten in Südostasien und sind zudem nur wenig an die starren Konsumgewohnheiten der Japaner angepasst.

    Großes Handelsdefizit

    Die bilateralen Handelsbeziehungen gestalten sich daher auch mit Japan eher ungleich. 2020 exportierte Polen Waren im Wert von weniger als 700 Millionen US-Dollar (US$) nach Japan, während aus dem Land der aufgehenden Sonne Waren für mehr als 4,6 Milliarden US$ nach Polen eingeführt wurden. Über 60 Prozent dieser Importe waren Maschinen, darunter vor allem Fahrzeuge und Messinstrumente.

    Bei vielen Investitionen handelt es sich um Reinvestitionen japanischer Firmen, die bereits seit den frühen 1990er Jahren in Polen tätig sind. Neuansiedlungen sind seltener. Aktuell sind in Polen 300 japanische Firmen aktiv (zum Vergleich: Im Vereinigten Königreich sind es fast 1.400). Das polnische Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung sieht daher durchaus weiteren Spielraum. Die kumulierten Direktinvestitionen beliefen sich Ende 2019 auf fast 6 Milliarden US$, was 2,6 Prozent aller ausländischen Direktinvestition in Polen ausmacht.

    Japanische Firmen beschäftigen in Polen Tausende Arbeitnehmer

    Zu den bedeutenden Investitionen der vergangenen Jahre gehört eine Toyota-Getriebefabrik in Wałbrzych. Der Großkonzern beschäftigt in Polen derzeit über 3.300 Menschen. Der Maschinenbauer Mabuchi investierte 85 Millionen in die Produktion von Systemkontrollmotoren für die Autoindustrie. RumiRiko baute 2018 ein neues Werk in Sosnowiec, in dem ebenfalls Autoteile gefertigt werden sollen. Im Januar 2020 wurde beim Japan-Besuch von Premier Morawiecki angekündigt, dass die Toyota Carrier Corporation in künftig in Gniezno auch Klimaanlagen produzieren wolle.

    Die langjährige Technologiepartnerschaft zwischen Polen und Japan lässt sich noch an einem weiteren Projekt belegen. Bereits im Jahr 1994 wurde in Warschau die Polnisch-Japanische Akademie für Computertechnik gegründet, die einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung hochqualifizierter IT-Fachkräfte in Polen leistet.

    Mehr politische Kooperation

    Am 6. Mai 2021 beschlossen die Regierungen von Polen und Japan gemeinsam einen Aktionsplan zur Umsetzung ihrer strategischen Partnerschaft für die Jahre 2021 bis 2025. Neben vertieften politischen Dialogen soll auch die Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Wirtschaftsförderungsagenturen JETRO und PAIH verbessert werden. Eine Zusammenarbeit mit Japan soll es auch beim Bau des Centralny Port Komunikacyjny geben. Außerdem soll die Kooperation bei der Erforschung und Entwicklung von Hochtemperaturreaktoren vertieft werden.

    Auf der politischen Ebene zeigte Japan zuletzt ein gesteigertes Interesse an Mitteleuropa. Premierminister Suga verkündete im Juli 2021 die Absicht seines Landes, an Projekten der Drei-Meere-Initiative mitzuwirken. Die Initiative war 2016 von Polen und Kroatien gemeinsam initiiert worden und wirbt für Infrastrukturinvestitionen in Mittel- und Osteuropa, die die Nord-Süd-Verbindungen vom Baltikum bis zum Balkan verbessern. Neben der Verkehrsinfrastruktur sollen neue Gaspipelines die Energiesicherheit der Region stärken. Die Vereinigten Staaten unterstützen das Projekt bereits im Sinne einer westlichen Antwort auf das regionale Engagement Chinas im Rahmen des 16+1 Formats.


    Von Sebastian Holz | Bonn

  • Vietnamesische Diaspora treibt wirtschaftlichen Austausch voran

    Die wirtschaftlichen Beziehungen mit Vietnam erreichen nicht den Umfang wie mit China, Japan und Südkorea. Das Land nimmt dennoch eine Sonderstellung in Polens Asienpolitik ein.

    Die bis zu 50.000 Vietnamesen und Vietnamesischstämmigen, die sich nach Angaben der polnischen Regierung zeitweise oder dauerhaft im Land aufhalten, stellen nach Ukrainern, Deutschen und Belarussen die viertgrößte Migrantengruppe in Polen.

    Lange Migrationsgeschichte

    Die Diaspora entstand im Laufe der langen Geschichte des Austauschs zwischen den beiden Ländern. In sozialistischen Zeiten fanden Bildungsaustauschprogramme statt, die vielen Vietnamesen ein Studium an technischen Universitäten in Polen ermöglichten. Einige machten nach ihrer Rückkehr Karriere in der Politik und Verwaltung ihres Heimatlandes. In der vietnamesischen Elite finden sich laut Angaben der polnischen Regierung bis zu 4.000 Absolventen polnischer Universitäten. Angeblich sprechen selbst einige der heute führenden Parteikader noch immer ein wenig Polnisch. Der Dichter und Politiker Tố Hữu huldigte Polen 1961 mit dem Gedicht „Em ơi, Ba Lan“ (Polen, meine Schwester), das Vietnamesen auch heute noch bekannt ist.

    Diejenigen, die dauerhaft in Polen blieben, profitierten von der relativ liberalen Politik im sozialistischen Polen unter Parteisekretär Gierek in den 1970er Jahren. Eine zweite Einwanderungswelle fand nach dem Ende des Kommunismus in Polen statt. In Polen etablierte sich sogar eine kleine katholische oppositionelle vietnamesische Szene.

    Heute lebt die Diaspora teils für sich, teils voll integriert vor allem im Raum Warschau. Vietnamesische Organisationen helfen Neuankömmlingen bei Behördengängen und vermitteln dem Nachwuchs die vietnamesische Sprache. Speziell das Dorf Wólka Kosowska südlich von Warschau wurde zu einem Zentrum der Community. Dort steht ein Großhandelszentrum für Waren aus Asien, das mehrheitlich von Vietnamesen betrieben wird.

    Ministerium sieht Potenzial bei erneuerbaren Energien

    Bereits 2004 war Vietnam in der „Strategie der Republik Polen gegenüber außereuropäischen Entwicklungsländern“ als einer von sechs Hauptpartnern aufgeführt worden. Laut dem polnischen Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung agiert die vietnamesische Diaspora als natürliche Vermittlerin zwischen den Ländern. Im steigenden Interesse an erneuerbaren Energien und auch im Bereich Wehrtechnik sieht das Ministerium Chancen für eine größere Rolle polnischer Unternehmen.

    Die Importe aus Vietnam nach Polen beliefen sich 2020 auf 3,2 Milliarden US-Dollar (US$). Fast die Hälfte davon waren elektronische Geräte, gefolgt von Schuhen und Maschinen. Nach Vietnam gingen im selben Jahr Waren im Wert von etwa 380 Millionen US$, mehrheitlich Lebensmittel. Polnische Exporte dürften von der Umsetzung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Vietnam profitieren, das 2020 besiegelt wurde. Unter dem Abkommen wird Vietnam in den kommenden Jahren seinen Lebensmittelmarkt liberalisieren.


    Von Sebastian Holz | Bonn

  • Asien rückt in den Fokus

    Mit der Verschiebung des Schwerpunktes der Weltwirtschaft rückt Ostasien folgerichtig auch ins Zentrum polnischer Überlegungen.

    Die vier für Polen wichtigsten Länder nehmen dabei verschiedene Rollen ein. 

    China ist als Handelspartner von großer Bedeutung, allerdings hat sich in Polen das Chinabild in jüngster Vergangenheit verschlechtert. Polen positioniert sich heute deutlich skeptischer als noch vor wenigen Jahren und zeigt Sympathien für das amerikanische Konzept des „Indo-Pazifik“, mit dem Chinas weltweiter Einfluss eingehegt werden soll.

    Weit weniger kontrovers sind die Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen Polen und Japan sowie mit Südkorea. Die beiden asiatischen Länder sind wichtige Technologiepartner für die polnische Wirtschaft. Die Zielsektoren ihrer Investitionen decken sich gut mit der Wachstumsstrategie der polnischen Regierung, die auf einen Aufstieg der polnischen Wirtschaft in der Wertschöpfungskette setzt. Gerade die südkoreanischen Investitionen in den Batteriesektor haben die Bedeutung Polens in den europäischen Kfz-Lieferketten bereits erheblich gesteigert.

    Das politisch-wirtschaftliche Engagement Polens in Vietnam ist vergleichsweise noch wenig ausgeprägt. Allerdings hat Polen mit seiner aktiven vietnamesischstämmigen Minderheit ein Ass im Ärmel. Bereits jetzt prägt diese Gruppe den bilateralen Austausch. Der südostasiatische Staatenbund ASEAN ist als Wirtschaftsraum bereits heute die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt. Polens Bande mit dem ASEAN-Mitglied Vietnam könnten daher in Zukunft eine noch größere Bedeutung bekommen.

    Von Sebastian Holz | Bonn

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