Wirtschaftsumfeld | Ruanda | Wirtschaftsstruktur
Dienstleistungen prägen zunehmend Ruandas Wirtschaftsstruktur
Ruanda setzt auf Dienstleistungen und fördert die Branche gezielt. Auch im verarbeitenden Sektor besteht Potenzial. Die Landwirtschaft benötigt mitunter High-Tech-Lösungen.
20.11.2024
Durch die geringe Marktgröße sowie die abgelegene Lage verfügt Ruanda über begrenztes Potenzial als Handelsdrehscheibe und lndustriestandort. Auch der Landwirtschaft sind enge Grenzen gesetzt, da das zentralafrikanische Land extrem dicht besiedelt ist und sich über eine überwiegend bergige Landschaft erstreckt. Daher setzt Ruanda auf Dienstleistungen in verschiedenen Bereichen und lockt damit immer wieder Auslandsinvestoren an.
Ruandas Erfolgsgeschichte stößt auch bei deutschen Unternehmen auf zunehmendes Interesse. Das Exportvolumen aus Deutschland ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, ebenso die Präsenz deutscher Firmen vor Ort. Viele deutsche Unternehmen bedienen den kleinen Markt nach wie vor vom Ostafrika-Hub in Nairobi aus. Das ist problemlos möglich, seitdem Ruanda Englisch gegenüber Französisch im Bildungssystem stärker betont. Hinzu kommt, dass Ruanda der gemeinsamen Wirtschaftszone East African Community (EAC) angehört, die den Handel mit Ländern wie Kenia, Uganda, Tansania, der DR Kongo und anderen Ländern erleichtert.
Der dynamische Bausektor ist angesichts vieler Aktivitäten in den Infrastrukturbereichen Transport, Energie und Wasser sowie im Häuserbau interessant für deutsche Zulieferer. Ebenfalls von Interesse sind IT-basierte Dienstleistungen. "Da wir in Ruanda nicht so viele natürliche Ressourcen haben, müssen wir uns darauf konzentrieren, Dienstleistungen anzubieten und Know-How zu schaffen", sagt Isabelle Bucyeyeneza, Managing Director von TestSolutions Rwanda, einem deutschen IT-Unternehmen, das im Jahr 2023 in Kigali eine Niederlassung gegründet hat. Sie ergänzt, dass der geringe Zeitunterschied zu Europa, viele junge ausgebildete Fachkräfte, gerade im Technologiebereich, politische Stabilität und ein sehr freundliches Geschäftsklima Ruanda zu einem interessanten Investitionsstandort machen. Weitere deutsche Softwarefirmen wie Rohde & Schwarz, MaibornWolff und Amalitech haben sich ebenfalls in Ruanda angesiedelt.
Dienstleistungen locken die meisten Investoren an
Daher dürfte sich der Dienstleistungssektor noch deutlich weiterentwickeln. Speziell für IT-Dienstleistungen, die von Kigali aus für Übersee erbracht werden können, ist Ruanda ein attraktiver Standort. Auch der Tourismus wird immer wichtiger und wird über einige europäische Fußballvereine wie zum Beispiel Bayern München mit dem Slogan "Visit Rwanda" beworben, was aufgrund demokratischer und rechtsstaatlicher Defizite auch Kritik hervorgerufen hat.
In den letzten Jahren ist durch den Bau eines Konferenzzentrums und zahlreicher Hotels in Kigali insbesondere in den Konferenztourismus Bewegung gekommen. Hinzu kommt der hochpreisige Gorilla-Tourismus im Mwenzori-Nationalpark im Norden. Hilfreich dabei ist auch die in Afrika sehr präsente staatliche Fluglinie Rwandair. Ebenfalls von der Regierung gefördert wird der Gesundheitstourismus. Kigali will sich neben Nairobi als regionaler Behandlungsstandort etablieren. Mehrere hochmoderne Einrichtungen wie das King Faisal Hospital wurden in den letzten Jahren gebaut.
Auch im verarbeitenden Sektor sucht Ruanda nach Investoren. Aktuell sorgt die Ansiedlung des Impfstoffherstellers BioNTech für große Aufmerksamkeit. Vor der Pandemie kamen VW mit einem kleineren Montagewerk und der Smartphone-Hersteller Mara nach Kigali. Dass sich Kigali dadurch zu einer relevanten Automobilwerkbank oder gar zu einem High-Tech-Standort entwickelt, zeichnet sich derzeit aber nicht ab. Produktionen in der Nahrungsmittel- und Baustoffindustrie spiegeln den steigenden lokalen Bedarf wider. Gleichwohl ist die Konkurrenz aus den Nachbarländern bei diesen Produkten groß.
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- Wirtschaftsdaten kompakt: Alle wichtigen wirtschaftlichen Kennzahlen auf einen Blick
- Branchenberichte zu Bauwirtschaft, Landwirtschaft, Energie und Wasser.
- Aktuelle geberfinanzierte Projekte: GTAI-Länderseite Ruanda, Rubrik "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".
Ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen.
Im Agrarbereich scheinen trotz hohen Bedarfszuwachs die Expansionsmöglichkeiten begrenzt. Angesichts der extrem dichten Besiedelung des Landes und der bergigen Landschaft gibt es kaum Raum für großflächigen Anbau. Die Agrarproduktion wird dominiert von Kleinbauern. Um deren Anbaumethoden weiterzuentwickeln, engagieren sich in Kooperation mit der ruandischen Regierung zahlreiche Geberorganisationen. Aufgrund der geringen Anbaufläche sehen Beobachter Potenzial in einer High-Tech-Landwirtschaft für hochpreisige Produkte wie Gemüse oder Cash Crops für den Export. Exportiert werden unter anderem Champignons nach Kenia. Kaffee, Tee, Chilis und das aus Blumen gewonnene Insektizid Pyrethrum werden ebenfalls ausgeführt. Legalisiert wurde zudem der Anbau von medizinischem Cannabis, bei dem Potenzial gesehen wird.
Sektoren | Anteil am BIP *) |
---|---|
Dienstleistungen | 46 |
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei | 25 |
Industrie | 23 |
Verarbeitendes Gewerbe | 9 |
Baugewerbe | 10 |
Bergbau (inklusive Öl- und Gasförderung) | 2 |
Energieversorgung | 0 |
Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen | 0 |
In Kigali sind die meisten Unternehmen angesiedelt
Ein Großteil der wirtschaftlichen Aktivität spielt sich in der Hauptstadt Kigali ab. Dort sitzt die Industrie des Landes und auch der überwiegende Teil des Dienstleistungsbereichs. Ausnahmen bilden die Touristenunterkünfte vor allem in den Nationalparks. Zwei der beiden touristischen Hotspots befinden sich im Westen an der Grenze zur DR Kongo, nämlich der Volcanoes Nationalpark (Gorillas) und der Nyungwe Nationalpark (Schimpansen). Im Osten an der Grenze zu Tansania befindet sich der Akagera Nationalpark. Die Landwirtschaft verteilt sich auf das ganze Land. Tee wird auf den vulkanischen Böden des hügeligen Westens nahe des Nyungwe National Park angebaut, Kaffee vor allem in den Hochländern von Virunga, Akagera, Kivu, Muhazi und dem Kizi Rift.
Gebiet | Bevölkerung (in Mio.) |
---|---|
Eastern Province | 3,6 |
Southern Province | 3,0 |
Western Province | 2,9 |
Northern Province | 2,0 |
Kigali | 1,7 |