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Ruanda treibt den Ausbau des Stromnetzes voran
In Ruanda wird weiter Geld in den Ausbau der Stromversorgung fließen. Der Markt ist klein aber nicht uninteressant für deutsche Unternehmen.
21.11.2023
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Ruandas Strombedarf wächst stark aufgrund des hohen Bevölkerungswachstums sowie der hohen wirtschaftlichen Dynamik. Die Regierung legt großen Wert auf den Ausbau der Versorgung. Weil Ruanda mit über 550 Einwohnern pro Quadratkilometer eines der am dichtesten besiedelten Länder weltweit ist, bietet sich der Netzausbau geradezu an. Off-Grid Lösungen spielen zwar auch eine Rolle, aber in geringerem Maße als in dünner besiedelten Ländern.
Sämtliche Ausrüstungen für den Energiesektor müssen nach Ruanda importiert werden. Dadurch bieten sich deutschen Unternehmen Zuliefermöglichkeiten bei technischen Komponenten oder Beratung durch Ingenieurdienstleister an. Übernehmen westliche Geber die Finanzierung, erhöht das die Chancen.
Chancen für deutsche Solaranbieter
Eigene Fotovoltaikaufdachsysteme sind interessant zum Beispiel für die Industrie, Farmen, Hotels und Krankenhäuser - als autarke Energieversorgung, oft aber auch als Back-up-Alternative für Dieselgeneratoren. "Im Vergleich zu Kenia ist der ruandische Markt deutlich kleiner und noch wenig erschlossen. Angesichts der Stromtarife der Rwanda Energy Group (REG) von etwa 8 bis 11 US-Cent je Kilowattstunde für industrielle Abnehmer sind Kosteneinsparungen mit eigenen Solarlösungen marginal", sagt Hendrik Hundhausen, Country Manager und Energieberater im Rahmen des Projektentwicklungsprogramms (PEP) bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Er ergänzt, dass Hotels und Krankenhäuser mit REG-Stromtarifen von bis zu 15 US-Cent je Kilowattstunde weitaus größeres Potenzial für Kosteneinsparungen bieten. Allerdings liegt die von der Regierung festgelegte Obergrenze für die Eigenversorgung bei 50 Kilowatt. Möglicherweise wird diese jedoch bald angehoben. Die GIZ unterstützt deutsche Solaranbieter bei der Markterschließung im Ausland durch das Projektentwicklungsprogramm (PEP). Es wird im Rahmen der Exportinitiative Energie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) durchgeführt. Ruanda ist dabei einer der Schwerpunktmärkte.
Ruanda könnte Strom in die DR Kongo exportieren
Seitens des Staates liegt der Fokus im Strombereich insbesondere auf dem Ausbau des Netzes des Energieversorgers REG. Dabei geht es sowohl um den Bau von Übertragungsleitungen als auch den Ausbau der Anschlüsse. In den letzten etwa zehn Jahren wurden im Rahmen der Initiativen "Eastern African Power Pool (EAPP)" und "Nile Basin Initiative (NELSAP)" bereits Übertragungsleitungen zwischen Ruanda und den Nachbarländern Uganda, DR Kongo und Burundi verlegt. Dorthin könnte Ruanda mittelfristig überschüssigen Strom exportieren.
Eine geringere Priorität dürfte vorerst der Bau von Kraftwerken haben, da mit einer Stromerzeugungskapazität von etwa 238,4 Megawatt die gegenwärtige Nachfrage mehr als abgedeckt wird. Darüber hinaus werden mit Ruzizi III und Rusumo zwei Wasserkraftwerke errichtet, durch die Ruanda in den kommenden Jahren zusätzliche Kapazität erhalten wird. Gleichwohl wird es mittelfristig zu neuen Kraftwerksplanungen kommen.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Anmerkung/Ansprechpartner |
Rwanda Universal Energy Access | 670 | In der Durchführung bis 2026 | Multigeberprogramm, das unter anderem von der Weltbank, Agence Francaise de Développement (AFD), AfDB und EIB unterstützt wird. Im Rahmen des Programms werden immer wieder Einzelprojekte durchgeführt. Im März 2021 wurde bekannt, dass der OPEC Fund for International Development 20 Mio. US$ für die Elektrifizierung in den drei Regionen Muhanga, Kamyoni und Gakenke bereitgestellt hat |
Ruzizi III Hydropower Plant | 650 | Geplante Fertigstellung 2026 | Kapazität: 147 MW. Neben Ruanda sind Burundi und die DR Kongo am Projekt beteiligt. Finanzierung über Geber wie Weltbank, EU, AfDB, KfW und AFD |
Rusumo Hydropower Plant | 468 | Im Bau seit 2012. Geplante Fertigstellung nach Verzögerungen nun möglicherweise 2024 | Kapazität: 80 MW, Burundi soll davon 26 MW erhalten. Finanzierung: Weltbank, AfDB. Gemeinschaftsprojekt von Ruanda, Burundi und Tansania. Auftragnehmer: CGCOC-Jiangxi Water & Hydropower Construction Company Joint Venture. Beteiligt ist u.a. Andritz Hydro(Österreich). Burundi benötigt noch eine 161-km-lange Übertragungsleitung, für die die AfDB die Finanzierung bereits zugesagt hat |
Etwa 47 Prozent der installierten Kapazität machen Wasserkraftwerke aus, die sowohl von der staatlichen REG als auch von privaten Independent Power Producern (IPP) betrieben werden. Neben Wasserkraftwerken gibt es mit Schweröl oder Diesel betriebene Generatoren und in kleinerem Umfang auch Solaranlagen.
Ruanda hat bei der Elektrifizierung des Landes große Fortschritte gemacht. Nachdem die Abdeckungsrate im Jahr 2014 bei nur etwa 19 Prozent lag, erreicht sie laut REG im Jahr 2023 etwa 72 Prozent. Rund 54 Prozent sind ans nationale Netz angeschlossen und etwa 18 Prozent haben Zugang zu Off-Grid-Systemen.
Staat bleibt größter Investor im Stromsektor
Trotz zunehmender privater Aktivitäten bleibt der Staat weiterhin der größte Investor in Ruandas Stromsektor. Verschiedene staatliche Organisationen wie das für den Energiesektor zuständige Ministry of Infrastructure (MININFRA) und die ihm unterstehende REG schreiben regelmäßig Projekte aus. Beteiligt an der Finanzierung sind häufig ausländische Geberorganisationen, wie die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB), die EU sowie verschiedene bilaterale Geber wie Deutschland über die KfW und die USA über Power Africa.
Unternehmen, die sich an Ausschreibungen der ruandischen Regierung beteiligen, berichten positiv von vergleichsweise transparenten und korrekten Verfahren. Gleichwohl sind Zahlungsprobleme bei der Bezahlung laut Branchenkennern keine Seltenheit. Bessere Erfahrungen mit der Zahlungsmoral der Behörden machen Unternehmen, wenn Geberorganisationen das Projekt finanzieren. Aber auch hier sind die Unterschiede je nach Geber groß. Veröffentlicht werden die Ausschreibungen auf der zentralen Ausschreibungsplattform der Regierung.
Zulieferer blicken zunehmend nach Ruanda
Zulieferer und Berater blicken aufgrund des Marktwachstums verstärkt auf den ruandischen Markt. Gleichwohl ist Ruanda innerhalb der Region Ostafrika ein kleiner Absatzmarkt, den die meisten Unternehmen vom regionalen Wirtschaftszentrum in Nairobi aus beliefern. Germany Trade & Invest berichtet auch regelmäßig über die Energiemärkte in Kenia, Uganda und Tansania.
Die Lieferungen nach Ruanda kommen vor allem über den tansanischen Hafen Daressalam, mitunter auch über den kenianischen Hafen Mombasa via Uganda. Aufgrund hoher Transportkosten sind Importgüter derzeit sehr teuer. Insbesondere von Seiten privater Käufer könnten Bestellungen daher unterbleiben.
Bezeichnung | Anmerkungen |
Germany Trade & Invest (GTAI): Publikationen zu Ruanda | Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft |
AHK Ostafrika | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen mit Kompetenzzentrum "Energie und Umwelt" |
Exportinitiative Energie | Portal der Exportinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie |
Rwanda Public Procurement Authority (RPPA) | Staatliche Beschaffungsbehörde |
Rwanda Online E-Procurement System | Zentrale Ausschreibungsplattform der RPPA |
Ministry of Infrastructure (MININFRA) | Für den Ausbau der Infrastruktur zuständiges Ministerium. Auch der Energiesektor gehört dazu |
Rwanda Energy Group (REG) | Unter dem MININFRA. Zuständig für Projekte im Energiebereich über die beiden Töchter Energy Utility Corporation Limited (EUCL) und Energy Development Corporation Limited (EDCL) |
Energy Utility Corporation Limited (EUCL) | Eigner und Betreiber der Kraftwerke sowie Übertragungs- und Verteilungsnetze |
Energy Development Corporation Limited (EDCL) | Zuständig für die Weiterentwicklung des Stromnetzes |
Rwanda Utilities Regulatory Authority (RURA) | Regulierungsbehörde unter anderem für den Energiesektor |