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Wirtschaftsumfeld | Russland | Gegensanktionen

Russisches Gas muss in Rubel bezahlt werden

Käufer aus sogenannten "unfreundlichen Staaten" müssen russisches Gas seit 1. April 2022 in Rubel bezahlen. Das lehnt die EU ab. Die Zahlungsmodalitäten belassen aber Spielraum.

Von Edda Wolf | Bonn

Wer Gas aus Russland bezieht, muss künftig in Rubel bezahlen, sonst droht ein Lieferstopp, verkündete Präsident Wladimir Putin am 23. März 2022. Eine Woche später machte der russische Präsident Ernst.

Neues Verfahren zur Bezahlung von Gaslieferungen in Rubel ab 1. April

Putin unterzeichnete am 31. März 2022 einen Erlass über die Regeln des Gashandels mit "unfreundlichen Staaten". Das sind Staaten, die Sanktionen gegen Russland verhängt haben. „Um russisches Erdgas zu kaufen, müssen ausländische Kunden Rubelkonten bei russischen Banken eröffnen. Von diesen Konten werden Zahlungen für das gelieferte Gas geleistet , … ab dem 1. April des laufenden Jahres", sagte Putin.

Liest man den Erlass jedoch genau, ergibt sich, dass die zwingend erforderliche Bezahlung in Rubel mehr Schein als Sein ist. Die ausländischen Kunden werden verpflichtet, bei der Gazprombank zwei Spezialkonten zu eröffnen: ein Fremdwährungs- und ein Rubelkonto. Den vertraglich festgelegten Preis in Euro sollen sie auf ersteres überweisen. Die Gazprombank ist bevollmächtigt, den überwiesenen Betrag an der Moskauer Börse in Rubel zu wechseln und auf das Rubelkonto zu transferieren. Von diesem aus wird dann der Erdgaslieferant – also Gazprom – in Rubel bezahlt.

Die gewählte Lösung überlässt die Konvertierung der Gazprombank. Das Risiko, das durch die Abhängigkeit vom Rubelkurs entsteht, bleibt bei Gazprom. Sie setzt allerdings die Bereitschaft der ausländischen Käufer voraus, bei der bewusst nicht sanktionierten Gazprombank Konten zu eröffnen. Dadurch sichern sich Gazprom und damit der russische Staat die Einnahmen aus dem Gasgeschäft.

Gazprombank eröffnet Spezialkonten für ausländische Gaskäufer

Die Gazprombank wird dazu autorisiert, auf der Grundlage von Anträgen ausländischer Käufer spezielle Rubelkonten des Typs K und spezielle Währungskonten des Typs K für Zahlungen für geliefertes Erdgas zu eröffnen. Die Zentralbank von Russland soll innerhalb von 10 Tagen das Verfahren zur Eröffnung dieser Sonderwährungskonten für ausländische Gaskäufer festlegen.

Dabei ist die Gazprombank berechtigt, die genannten Konten ohne persönliche Anwesenheit des Vertreters des ausländischen Käufers zu eröffnen. Die Gazprombank identifiziert den neuen ausländischen Kunden, seinen Vertreter, den Begünstigten, den wirtschaftlichen Eigentümer gemäß den Anforderungen des föderalen Gesetzes Nr. 115-FZ vom 7. August 2001 "Über die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung" und den in Übereinstimmung damit erlassenen Vorschriften der russischen Zentralbank. Die Identifizierung muss innerhalb von 45 Tagen nach Eröffnung des Kontos erfolgen.

Die auf den Sonderkonten eingehenden Euro (oder US-Dollar) konvertiert die Gazprombank in Rubel, indem sie die Fremdwährungen an der Moskauer Börse verkauft und dafür Rubel ankauft. Mit diesen Rubel wird das Gas bezahlt. In Absatz 6 des Erlasses heißt es: "Der ausländische Käufer überweist Geldmittel auf ein Sonderwährungskonto des Typs K in der im Vertrag über Erdgaslieferungen angegebenen Fremdwährung, die bevollmächtigte Bank verkauft die vom ausländischen Käufer erhaltenen Fremdwährungen im organisierten Handel der JSC Moscow Exchange MICEX-RTS, schreibt den Erlös in Rubel dem Sonderwährungskonto gut und überweist die in Rubel gutgeschriebenen Geldmittel auf das bei der bevollmächtigten Bank eröffnete Konto des russischen Lieferanten."

Die Verpflichtung des ausländischen Käufers zur Bezahlung für die Lieferung von Erdgas gilt gemäß Absatz 7 des Erlasses ab dem Zeitpunkt als erfüllt, zu dem die Gelder aus dem Verkauf der Devisen dem vom russischen Lieferanten bei der Gazprombank eröffneten Rubelkonto gutgeschrieben werden.

Hat ein ausländischer Käufer seine Verpflichtung zur Zahlung für die Lieferung von Erdgas in Rubel auf eine andere Person übertragen, so gilt diese als erfüllt (Absatz 8 des Erlasses).

Wer kontrolliert den Zahlungseingang und wann wird eine Gaslieferung gestoppt?

Hält sich der ausländische Käufer nicht an das im Erlass vorgesehene Verfahren, soll der Föderale Zolldienst dies melden und veranlassen, dass die Gaslieferung an diesen Käufer eingestellt wird. Denn gemäß Absatz 1.b) des Präsidialerlasses ist die weitere Lieferung von Erdgas durch den russischen Lieferanten an ausländische Käufer im Rahmen eines Erdgasliefervertrags untersagt, wenn:

  • die Zahlungsfrist für das im Rahmen dieses Vertrags gelieferte Erdgas abgelaufen ist,
  • der ausländische Käufer nicht oder nicht vollständig und (oder)
  • in ausländischer Währung und (oder)
  • auf ein Konto bei einer Bank, die keine zugelassene Bank gemäß Absatz 2 des Erlasses ist, gezahlt hat.

Die Informationen über die Einhaltung des in diesem Erlass festgelegten Zahlungsverfahrens für die Lieferung von Erdgas sind der Zollbehörde zu übermitteln. Erhält die Zollbehörde Informationen über Verstöße eines Käufers gegen dieses Verfahren, entscheidet sie über ein Verbot der fraglichen Lieferung.

Ausnahmegenehmigungen vom Zahlungsverfahren erteilt eine Regierungskommission

Absatz 9 des Erlasses ermächtigt die Regierungskommission für die Kontrolle ausländischer Investitionen in der Russischen Föderation dazu, Genehmigungen für ausländische Käufer auszustellen zur Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen gegenüber russischen Erdgaslieferanten "ohne das in diesem Erlass festgelegte Verfahren einzuhalten". Konkret heißt das, mit Genehmigung der Regierungskommission sind weiterhin Zahlungen in Fremdwährung möglich. Putin wies die Regierung an, das Verfahren zur Erteilung solcher Genehmigungen durch die Kommission innerhalb von 10 Tagen festzulegen.

Putins Erlass gibt der Regierungskommission für ausländische Investitionen also den Spielraum, in Einzelfällen von dem neuen Zahlungsverfahren in Rubel abzusehen. Das würde es ermöglichen, Kunden entgegenzukommen, die aus gewissen politischen Zwängen heraus die Umstellung nicht vornehmen können oder wollen.

Russland will erreichen, dass Sanktionen gegen seine Zentralbank aufgeweicht werden

Putin betonte, dass sich Russland in der aktuellen Situation mit Gaslieferungen nicht für wohltätige Zwecke engagieren werde. „Niemand verkauft uns etwas umsonst, und wir werden auch keine Wohltätigkeitsarbeit leisten. Das heißt, bestehende Verträge [im Falle der Nichtzahlung von Gas in Rubel] werden gestoppt“, sagte der russische Präsident.

Eine Zahlung für russische Waren in US-Dollar oder Euro habe infolge der Finanzsanktionen der G7-Staaten ihren Sinn verloren: „Der kollektive Westen hat einen Strich unter die Verlässlichkeit seiner Währungen gezogen", so der Präsident.

Nach Putins Ankündigung am 23. März 2022 wertete die russische Währung, die enorm unter Druck steht, auf. Faktisch handelt es sich bei der neuen Regelung um erzwungene Stützungskäufe für den Rubel. Die russische Zentralbank selbst kann den Rubel nicht mehr stützen, da gegen sie ein totales Transaktionsverbot seitens der G7-Staaten verhängt wurde. Zudem wurde die Hälfte der Devisenreserven der Zentralbank in Höhe von 604,4 Milliarden US-Dollar eingefroren. Deshalb ist die Aufweichung der Sanktionen gegen die Zentralbank für Russland ein grundlegender Punkt.

Sanktionskrieg treibt Gaspreis in schwindelerregende Höhen

Nachdem der russische Präsident vor der Presse erklärte, dass er einen Erlass über die Bezahlung von Gas in Rubel durch Staaten, die Sanktionen gegen Russland verhängen, unterzeichnet hat, stieg der Gaspreis im Handel an der Londoner Börse ICE auf über 1.450 US-Dollar pro 1.000 Kubikmeter. Der Preis für Mai-Futures am TTF-Hub in den Niederlanden kletterte auf 1.453 US-Dollar pro 1.000 Kubikmeter oder 127,37 € pro MWh (basierend auf dem aktuellen Euro/Dollar-Wechselkurs, ICE-Preise werden in Euro pro MWh angegeben). Später korrigierte der Gaspreis leicht. Ab 16:37 Uhr Moskauer Zeit wurde Gas an der Börse in Europa zu 1.393 $ pro 1.000 Kubikmeter oder 121,7 € pro MWh gehandelt.

Russland ist derzeit der größte Lieferant von Kohlenwasserstoffen nach Europa. Nach Schätzungen von Eurostat bezieht die EU etwa 40 Prozent ihres Gases (Deutschland: 55 Prozent) und 27 Prozent ihres Erdöls (Deutschland: 35 Prozent) aus Russland. Vor diesem Hintergrund hätten die EU-Länder keine Möglichkeit, auf den Import russischer Energierohstoffe umgehend zu verzichten, glaubt der Kreml.

"Europa verbraucht heute 500 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr, 40 Prozent davon sichert Russland", sagte Energieminister Alexander Nowak. "Allein über Nord Stream 1 strömen 60 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr." Über alle Krisen hinweg habe das Land stets zuverlässig geliefert und leite zudem weiter Gas durch die Ukraine und über andere Wege nach Europa.

Russischer Energieminister droht mit Lieferstopp für Gas

Russland drohte am 7. März 2022 jedoch erstmals damit, kein Gas mehr durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland zu liefern. In einer im Staatsfernsehen ausgestrahlten Rede sagte der russische Energieminister Alexander Nowak: "Wir haben das volle Recht, eine 'spiegelgerechte' Entscheidung zu treffen und ein Embargo zu erlassen auf die Durchleitung des Gases durch die Pipeline Nord Stream 1." Er äußerte sich mit Blick auf die gestoppte Gasleitung Nord Stream 2, deren Inbetriebnahme Russland anstrebt. "Aber noch treffen wir diese Entscheidung nicht. Niemand gewinnt dabei", sagte Nowak. Allerdings sehe sich Russland inzwischen durch die massiven Sanktionen in diese Richtung gedrängt. Die Rohstoffmacht Russland sei vorbereitet und werde andere Absatzmärkte als Europa und die USA finden, sagte Nowak.

EU will unabhängig von Gas und Öl aus Russland werden

Wegen der starken Spannungen mit Russland will die Europäische Union so schnell wie möglich unabhängig von russischem Gas werden. Am 8. März 2022 stellte die EU-Kommission den Plan "RePowerEU" zur Diversifizierung der Anbieter und zur Umstellung auf erneuerbare Energien vor. Bis Mitte Mai wird die EU-Kommission konkrete Vorschläge vorlegen, um die Abhängigkeit von russischem Gas, Öl und Kohle bis 2027 schrittweise zu beenden. Der Ausbau erneuerbarer Energien soll beschleunigt, neue Quellen für Gaslieferungen erschlossen und der Energieverbrauch gesenkt werden. Zudem gibt es jetzt Mindestfüllstände für Gasspeicher.


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