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Chemieindustrie in Saudi-Arabien will mehr Öl verarbeiten

Die Chemieindustrie des Königreichs setzt ihren Expansionsprozess fort. Großinvestitionen zielen auf eine höhere Produktion petrochemischer Erzeugnisse aus Rohöl ab.

Von Robert Espey | Dubai

In Saudi-Arabien bleiben die Öl- und Gasförderung und die nachgelagerte Petrochemie die wichtigsten Wirtschaftszweige. Öl und Gas sollen nicht nur durch den Export hohe Einnahmen sichern. Ein immer größerer Teil fließt als Rohstoff in die lokale Chemieindustrie.

Das Königreich will bei der Ölproduktion seine hohen Reservekapazitäten stabilisieren und die Gasförderung stark ausbauen. Einer durchschnittlichen Rohölförderung von 9 Millionen Barrel pro Tag steht eine Kapazität von 12 Millionen Barrel pro Tag gegenüber. Die Gasproduktion soll bis 2030 auf etwa 15 Milliarden Kubikfuß pro Tag steigen. Im Jahr 2023 waren es etwa 10,7 Milliarden.

Weiterverarbeitung von Rohöl ist Investitionsschwerpunkt

Zu den wichtigsten im Chemiesektor geplanten Investitionen gehören COTC-Projekte (Crude Oil to Chemicals). Das größte Chemieunternehmen des Landes, die zu Saudi Aramco gehörende Saudi Basic Industries Corporation (SABIC), plant, gemeinsam mit der Muttergesellschaft und der China Petroleum & Chemical Corporation (Sinopec) für 20 Milliarden US-Dollar (US$) in Yanbu am Roten Meer einen COTC-Komplex zu errichten. Dort sollen 0,4 Millionen Barrel pro Tag Rohöl zu jährlich 9 Millionen Tonnen Chemieerzeugnissen verarbeitet werden.

Die Planungen für das COTC-Projekt reichen zurück bis ins Jahr 2005, als SABIC und Aramco den Bau des Komplexes ankündigten. Zwischenzeitlich wurden mehrere Studien erstellt. Zeitweise lag das Projekt ganz auf ein Eis. Seit Frühjahr 2024 nimmt das Vorhaben wieder Fahrt auf. Das US-Unternehmen KBR hat im Mai 2024 einen FEED-Auftrag (Front End Engineering Design) erhalten. KBR wurde auch als PMC (Project Management Consultant) engagiert. Die britische Wood Group ist als weiterer PMC dabei.

Das COTC-Projekt soll aus einer 15 Milliarden US$ teuren Raffinerie und einem 5 Milliarden US$ petrochemischen Komplex bestehen. Die Ausschreibung der Raffinerie ist in drei Paketen vorgesehen: Residual Hydrocracking, Vacuum Gas Oil & Base Oil Extraction und Diesel & Naphtha Hydrotreating. Für den petrochemischen Komplex sind ein Cracker vorgesehen und desweiteren Anlagen zur Produktion von Polyethylen, Polypropylen, Butadien sowie zur Gewinnung von Aromaten.

Auftragsvergabe im Herbst 2025 erwartet

Nach aktueller Planung sollen die Aufträge für die verschiedenen Pakete im Herbst 2025 vergeben werden. Das ist sehr ambitioniert, da derzeit die FEED-Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind und mit den Ausschreibungen frühestens im Frühjahr 2025 zu rechnen ist.

Ende 2022 gaben SABIC und Aramco bekannt, die Realisierung eines zweiten Projektes für die Weiterverarbeitung von Rohöl für 5 Milliarden US$ in Ras Al Kair an der Golfküste prüfen zu wollen. Gegenwärtig wird erwartet, dass eine Investitionsentscheidung noch 2024 erfolgt. Im September 2023 hat die Fluor Corporation einen FEED-Auftrag erhalten. Als PMC ist Frankreichs Technip Energies tätig.

Saudi-Arabien strebt mittelfristig den Bau von COTC-Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 3 Millionen Barrel pro Tag an. Davon sollen allerdings 1,4 Millionen Barrel pro Tag auf Projekte im Ausland entfallen.

Milliardenprojekte in der Bauphase

In der saudi-arabischen Chemieindustrie befanden sich im September 2024 Investitionsprojekte im Gesamtwert von über 11 Milliarden US$ in der Bauphase (ohne grüne und blaue Wasserstoffprojekte). Rund 7,4 Milliarden US$ entfallen dabei auf den Bau der integrierten Amiral Raffinerie- und Petrochemiekomplex in Jubail. Die Gesamtinvestitionen des Amiral-Projektes belaufen sich auf 11 Milliarden US$.

Für den Bau der Raffinerie gründeten Aramco und TotalEnergies im Jahr 2008 die Saudi Aramco Total Refining and Petrochemical Company (SATORP). An dem Joint Venture ist Aramco mit 62,5 Prozent beteiligt, TotalEnergies hält die restlichen 37,5 Prozent.

Zunächst ging 2014 die Amiral Raffinerie mit einer Kapazität von 460.000 Barrel pro Tag in Betrieb. Ende 2022 wurde abschließend entschieden, die Raffinerie um einen Petrochemiekomplex bis 2028 zu erweitern.

Das Herzstück des Amiral-Projektes ist ein Ethylen-Cracker mit einer Jahresleistung von 1,65 Millionen Tonnen. Die Anlage wird von der Hyundai Engineering & Construction Company für 2,5 Milliarden US$ errichtet. An das südkoreanische Unternehmen ging ein weiterer 2,5 Milliarden US$ Auftrag, unter anderem für verschiedene Infrastruktursysteme des Amiral Komplex.

Maire Tecnimont hat für das Amiral-Projekt einen 1,2 Milliarden US$ Auftrag zum Bau von zwei Polypropylen-Anlagen mit einer Gesamtkapazität von jährlich 1 Million Tonnen erhalten. Ferner baut das italienische Unternehmen für 720 Millionen US$ ein HDPE-Werk (High Density Polyethylene) und eine Logistikzone.

Weiteres internationales Joint Venture investiert Milliarden in Chemiekomplex

Ein weiteres großes Chemievorhaben in der Bauphase ist ein Propylen- und Polypropylenwerk der Advanced Polyolefins Company (APOC) in Jubail. Die APOC ist ein Joint Venture aus einer Tochter der lokalen Advanced Petrochemical Company (Advanced Global Investment Company) mit einem Anteil von 85 Prozent und der südkoreanischen SK Gas Petrochemical (15 Prozent).

Gemäß der Datenbank MEED Projekts hat APOC im Jahr 2021 drei Aufträge im Gesamtwert von 1,3 Milliarden US$ vergeben für Anlagen zur Propan-Dehydrierung, zur Isopropanol-Lagerung sowie für ein Werk zur Herstellung von Polypropylen mit einer Jahreskapazität von 400.000 Tonnen. Mit der Fertigstellung der Propan-Dehydrierungsanlage wird bereits Ende 2024 gerechnet. Der Bau der anderen Anlagen soll 2026/2027 abgeschlossen sein.

Lange Liste mit geplanten Projekten

Neben den genannten COTC-Anlagen in Yanbu und in Ras Al Khair listet MEED Projects weitere geplante Chemieprojekte im Wert von etwa 12 Milliarden US$, wobei grüne und blaue Wasserstoffprojekte in der Liste nicht vorkommen. Die meisten Vorhaben sollen 2025 oder 2026 vergeben werden. Beobachter gehen aber davon aus, dass sich viele Investitionsprojekte verzögern oder die Pläne geändert werden.

Saudi-Arabien: Chemieprojekte in der PlanungsphaseIn Millionen US-Dollar

Projekt

Investition

Projektstand *)

Betreiber

Waad Al Shamal Phosphate City: DAP Package 1,2

2.500

AP

Maaden/Mosaic/SABIC

Yanbu Propylene Plant

2.000

FEED

Alujain Corporation

Yanbu Refinery+

1.000

ST

Saudi Aramco/Sinopec

Agricultural Chemicals Manufacturing Facility

1.000

ST

UPL

New Polyisobutylene Plant in Jubail

800

ST

SATORP

Caustic Soda Plant

500

FEED

SABIC/Petrokemya

Methanol Plant Expansion

500

PQ

Chemanol

Raibgh Recycling Polyethylene Terephthalate Plant

500

St

Nusaned/GKI/AMUT

Expansion of Liquids-to-Chemicals Complex

500

ST

Saudi Aramco/Rongsheng Petrochemical

Sixth Manufacturing Facility

500

ST

SABIC Agri Nutrients Company

Stand: September 2024; * FEED = Front End Engineering Design, AP = Angebotsprüfung, ST = Studie, PQ = PräqualifizierungQuelle: MEED Projects, Recherchen von Germany Trade & Invest

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