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Branchen | Japan | Chemie

Japans Chemieindustrie will mehr investieren

Die Nachfrage nach Chemikalien für Halbleiter und für Batterien steigt deutlich, und so erweitert die Branche ihre Kapazitäten. Umweltaspekte sind ein weiterer Wachstumstreiber.

Von Frank Robaschik | Tokyo

Japans Branchenfirmen sind vor allem in der Spezialchemie stark, die getrieben etwa vom Boom in der Halbleiter- oder Batterieproduktion zulegt. Um die wachsende Nachfrage zu bedienen, nehmen japanische Branchenakteure für den Ausbau ihrer Fertigungslinien Geld in die Hand. Das untermauern Daten zu den Plänen der größten Chemiefirmen des Landes für das Fiskaljahr 2023. Dabei wollen die Firmen ihre Investitionen im Ausland stärker erhöhen als in Japan. 

Schon im Fiskaljahr 2022 (1.4.2022 bis 31.3.2023) sind die Ausrüstungsinvestitionen der Chemie- und Pharmaindustrie deutlich gestiegen und dürften auch in den Fiskaljahren 2023 und 2024 weiter wachsen, so eine Umfrage der Development Bank of Japan. 

Ausrüstungsinvestitionen ausgewählter japanischer Chemiefirmen (in Millionen US-Dollar; Veränderung in Prozent)

 

Fiskaljahr 2022 (Ist)1)

Fiskaljahr 2023 (Plan)1)

Veränderung

Fujifilm Holdings2)

2.191

3.407

55,5

Mitsubishi Chemical Group

2.145

2.342

9,2

Sumitomo Chemical

1.073

1.280

19,4

Mitsui Chemical

1.048

1.058

0,9

Toray

827

1.036

25,3

Resonac Holdings

814

1.055

29,7

Nippon Sanso Holdings

698

997

42,8

Asahi Kasei3)

810

802

-0,9

Nitto Denko

384

710

84,9

1 Fiskaljahr vom 1.4. bis 31.3. des Folgejahres, Wechselkurs 1 US$=131,56 (Fiskaljahr 2022) und 140,89 (1. April bis 27. September 2023); 2 einschließlich Großinvestitionen bei Biopharmazeutika; 3 nur Chemiegeschäft.Quelle: Nikkei Sangyo Shinbun 2023; Asahi Kasei 2023

Viele Vorhaben bei elektronischen Chemikalien

Japan ist bei Halbleiterchemikalien ein führender Anbieter. Das Segment profitiert in den kommenden Jahren von Großinvestitionen bei Halbleitern in Japan und in anderen Ländern. Gleichzeitig besteht jedoch die Sorge, dass China seine Eigenversorgung mit Halbleiterchemikalien erhöht und japanische Firmen weniger nach China exportieren könnten.

Bei Batteriechemikalien gibt es auch von Seiten deutscher Firmen neue Vorhaben. So steckt Evonik von 2023 bis 2025 einen mittleren zweistelligen Euro-Millionenbetrag in eine Anlage für pyrogenes Aluminiumoxid für Lithium-Ionen-Batterien in Yokkaichi, Präfektur Mie. Ein Joint Venture von BASF und Toda Kogyo erweitert bis zum 2. Halbjahr 2024 seine Fertigung von Kathodenmaterial in Onoda, Präfektur Yamaguchi. Die Firma Idemitsu will ihre Produktion von festen Elektrolyten für Feststoffbatterien erhöhen.

Ausgewählte aktuelle Investitionsprojekte der chemischen Industrie in Japan (Investitionssummen in Millionen US-Dollar)

Akteur/Projekt

Summe*)

Projektlaufzeit

Anmerkungen

Erhöhung der Produktionskapazität von Wafern in der Präfektur Saga/SUMCO 

1.600

2023 bis Oktober 2029

300-mm-Siliziumwafer: Kapazität von 200.000 Stück pro Monat in Kubara und 100.000 Stück pro Monat in Yoshinogari; Subvention des METI: 530 Millionen US-Dollar

Bau einer neuen Fabrik in Hitachinaka, Ibaraki Präf./JX Nippon Mining & Metals 

1.420

2022 bis 2025

Werk für Sputtertargets für Halbleiter, gewalzte Kupferfolien, Bänder aus legiertem Kupfer und kristalline Materialien

Erweiterungen bei Silikonen und umweltfreundlichen Produkten/Shin-Etsu

710

ab Juli 2023

Investitionen in drei Werken in Japan sowie in mehreren Auslandswerken

Bau eines neuen Waferwerks in der Präfektur Gunma/Mimasu Semiconductor Industry

518

August 2023 bis Juli 2025

Produktion von 300-mm-Siliziumwafern

Steigerung der Polyvinylidenfluorid (PVDF)-Produktion in der Präfektur Fukushima/Kureha

497

Fertigstellung März 2026

Produktionskapazität des neuen Werks der Batteriechemikalie PVDF in Iwaki; Kapazität von 8.000 Tonnen pro Jahr

Erweiterung der Produktionskapazität für fluorchemische Produkte in der Präfektur Chiba/AGC

248

2023 bis 2. Quartal 2025

Werk in Ichihara, Hauptabnehmerbranchen Halbleiter-, Luftfahrzeug- und Kraftfahrzeugindustrie

Expansion im Bereich Katalysatoren und Feinchemikalien/JGC Holdings 

142

Betriebsbeginn: Fiskaljahr 2026

Werke in Agano, Präfektur Niigata und in Kitakyushu, Präfektur Fukuoka

Neues Werk in der Präfektur Fukushima/Tokyo Ohka Kogyo

142

Juli 2024 bis 2. Hälfte 2026

Fotolacke, einschließlich EUV/ArF/KrF-Fotolacke für Halbleiterfertigungsprozesse

* Umgerechnet zum Wechselkurs 1 US$ = 140,89 vom 1. April bis 27. September 2023.Quelle: Unternehmensangaben; Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

Zahlreiche Auslandsprojekte

Neben Chemiefirmen wie Toray und Fujifilm bauen im Ausland auch Engineeringfirmen wie Toyo, JGC und JFE neue Anlagen, zum Teil mit oder für deutsche Partner. So prüfen RWE, die südkoreanische Lotte Chemical und Mitsubishi die Entwicklung eines Projekts für nachhaltiges Ammoniak in Texas (USA). Toyo Engineering erhielt Aufträge von BASF für Chemieanlagen in Zhanjiang und in Nanjing in China. Fujifilm steckt nach Plänen vom April 2023 bis 2025 etwa 30 Millionen Euro in ein neues Werk für Fotolithografie-Peripheriematerialien für die Halbleiterindustrie in Zwijndrecht in Belgien.

Ausgewählte aktuelle Chemieprojekte japanischer Chemie- und Engineering-Firmen im Ausland (Investitionssummen in Millionen US-Dollar)

Akteur/Projekt

Summe1)

Projektlaufzeit

Anmerkungen

Bau einer Düngemittelfabrik in Nigeria/Toyo Engineering

circa 5002)

ab 2023

Toyo hat bereits zwei Düngemittelfabriken in Nigeria gebaut

Anlagen für ein Flüssiggasterminal in Taiwan/JGC Holdings

241

April 2022 bis 2024

Gesamtwert des Projekts zusammen mit den Konsortialpartnern RSEA Engineering (Baufirma aus Taiwan) und Do&Find Consulting (aus Taiwan) 426 Millionen US-Dollar

Bau einer Flüssiggas-Anlandestelle in Taiwan/JFE Engineering

213

2023 bis Mai 2025

Auftraggeber: staatliches taiwanisches Öl- und Gas-Unternehmen CPC

Erweiterung der Kapazitäten bei Karbonfasern in den USA und Südkorea/Toray

k.A.

2023 bis 2025

Erweiterungen in Spartanburg (South Carolina, USA) und in Gumi (Provinz Nord-Gyeongsang, Südkorea); Kapazität der Toray-Gruppe soll dadurch um mehr als 20 Prozent auf 35.000 Tonnen steigen

Erweiterung der Kapazitäten bei Schleifpaste zum Polieren und Glätten von Halbleitern in Taiwan/Fujifilm

106

2023 bis 2026

Erweiterungen bei chemisch-mechanischer Schleifpaste in Taiwan (Neues Werk in Hsinchu und Erweiterung in Tainan)

1 umgerechnet zum Wechselkurs 1 US$ = 140,89 vom 1. April bis 27. September 2023; 2 Toyo gibt „mehr als 425 Millionen US-Dollar“ an.Quelle: Unternehmensangaben; Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

Speicherung und Export von Kohlenstoffdioxid geplant

Klimafreundliche Lösungen sind auch in der Chemiebranche gefragt. Dabei geht es zunächst oft um Modellprojekte. So wählte die staatliche Japan Organization for Metals and Energy Security (JOGMEC) im Juni 2023 sieben Pilotprojekte zur Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoffdioxid (Carbon Dioxide Capture and Storage, CCS) aus. Bei fünf Vorhaben soll die Speicherung in Japan stattfinden, bei einem in Malaysia und einem weiteren in Ozeanien. Das ab 2030 angestrebte Speichervolumen liegt bei 13 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2) pro Jahr. Bis 2050 will JOGMEC Volumina von jährlich 120 bis 240 Millionen Tonnen CO2 erreichen. Sumitomo und andere japanische Firmen planen mit der australischen Woodside Energy eine Machbarkeitsstudie zum Export und der Speicherung von CO2 in Australien. Auch bei Wasserstoff gibt es Bewegung.

Nachhaltige Treibstoffe für Flugzeuge

Bis 2030 sollen nach Plänen der Regierung 10 Prozent der von japanischen Airlines eingesetzten Treibstoffe nachhaltig sein (Sustainable Air Fuel, SAF). Laut dem Wirtschaftsministerium entspräche das 1,7 Millionen Kilolitern. Für Entwicklung und Aufbau der Produktionsanlagen sollen von 2023 bis 2030 Investitionen in Höhe von etwa 7 Milliarden US-Dollar erfolgen, 60 Prozent davon von privaten Firmen. Mitsui und Taiyo Oil vereinbarten im Juli 2023, eine Studie zur Produktion von Ethanol-basiertem SAF und erneuerbarem Diesel durchzuführen. Die Firmen wollen 2028 mit der Produktion beginnen und streben eine Kapazität von 220.000 Tonnen an. Im November 2022 gründeten JGC Holdings, Cosmo Oil und Revo das Joint Venture Saffaire Energy. Dieses soll von Mitte 2023 bis Ende 2024 in Osaka ein Werk zur Herstellung von SAF aus gebrauchtem Speiseöl errichten.

Nachfrage nach Farben zieht wieder an

Die Japan Paint Manufacturers Association sagt für das Fiskaljahr 2023 eine um 4 Prozent höhere Nachfrage nach Farben als im Vorjahr voraus. Starke Zuwächse erwartet der Verband aus der Kfz-Industrie (um knapp 10 Prozent) und dem Schiffbau (um 5,5 Prozent).

Japanische Unternehmen sind stark bei Druckfarben und Chemikalien für die Fotografie. Covestro übernahm 2022 die verbliebenen 30 Prozent an Japan Fine Coatings, einem Anbieter von Glasfaserbeschichtungen, und ist nun alleiniger Eigentümer.

Agrarchemiehersteller kaufen im Ausland zu

Bei Düngemitteln ist Japan vor allem Importeur. Die Produktionsmenge in Japan schrumpfte 2022 laut der Japan Fertilizer & Ammonia Producers Association angesichts hoher Preise um 9,9 Prozent auf 3 Millionen Tonnen. Massiv gestiegene Preise bremsten die Nachfrage.

Angesichts der Düngerkrise wenden sich japanische Firmen dem Thema Biostimulanzien zu. Sumitomo Chemical übernahm über seine US-Tochterfirma Valent Biosciences im 1. Quartal 2023 den amerikanischen Anbieter von Biostimulanzien FBSciences. Idemitsu Kosan vereinbarte im Juni 2023 eine Kooperation mit dem kanadischen Start-up Anaconda Systems. Ziel ist es, in großen Mengen organischen Abfall zu organischen Düngemitteln zu verarbeiten und so chemische Düngemittel zu ersetzen.

Bei Pflanzenschutzmitteln schloss Sumitomo Chemical India im September 2023 eine Vereinbarung zum Kauf der indischen Firma Barrix Agrosciences. Barrix produziert Insektenpheromone.

Auslastung bei Basischemie schwächelt

Rückblickend stieg in Japans Chemieindustrie 2022 vor allem die Fertigung von Mineralölerzeugnissen. Auch im 1. Halbjahr 2023 wuchs die Herstellung von Benzin für Kraftfahrzeuge und für Flugzeuge weiter. Dagegen sank 2022 die Produktion von Ethylen und Propylen deutlich. Ein Grund dafür ist der massive Kapazitätsaufbau in China, dem wichtigsten Käufer japanischen Ethylens. 

Produktion ausgewählter chemischer Erzeugnisse in Japan (in 1.000 Tonnen)

 

2019

2020

2021

20221

Mineralölerzeugnisse (in 1.000 Kilolitern)2

168.851

140.846

140.440

152.206

Ethylen

6.417

5.943

6.349

5.488

Propylen

5.504

4.998

5.235

4.514

Paraxylol

3.273

2.330

2.328

2.462

Benzol

3.690

3.245

3.425

3.129

Farben und Lacke

1.734

1.555

1.596

1.544

Druckfarben

318

283

286

281

Pflanzenschutzmittel

227

223

238

k.A.

Düngemittel

2.821

2.646

2.731

2.593

1 vorläufige, noch unvollständige Daten, daher nur bedingt mit dem Wert des Vorjahres vergleichbar; 2 Benzin, Naphta, Flugbenzin, Kerosin, Gasöl, Schweröl und Schmieröl.Quelle: Ministry for Energy, Trade and Industry (METI) 2023; Ministry of Agriculture, Forestry and Fisheries (MAFF) 2023

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