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Deutsche Lebensmittelausfuhren in die Golfregion erreichen Rekord
Größte Abnehmer sind Saudi-Arabien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Über die Hälfte der Exporterlöse entfiel im Jahr 2022 auf Getreidelieferungen.
26.05.2023
Von Robert Espey | Dubai
Das Statistische Bundesamt meldet für das Jahr 2022 eine Erhöhung der deutschen Lebensmittelexporte in die Golfregion um 75 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro (einschließlich Getränke). Erfasst sind hier die sechs Staaten des Golfkooperationsrats sowie Iran. In der Region leben 145 Millionen Menschen. Auf die drei größten Abnehmerländer Saudi-Arabien, Iran und die VAE entfielen 2022 rund 84 Prozent der deutschen Lieferungen.
Den Anstieg verursachten vor allem höhere Lieferungen von Getreide, insbesondere Weizen. Er ist aber nicht nur auf eine Ausweitung der Liefermengen, sondern auch auf höhere Getreidepreise zurückzuführen. Die deutschen Getreideexporte in die Golfregion lagen 2022 bei 790 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es 381 Millionen Euro.
Ohne Getreide nahmen die deutschen Nahrungsmittelexporte in die Golfregion 2022 um 49 Prozent auf 720 Millionen Euro zu. Die Lieferungen von Molkereiprodukten und Eiern stiegen um 94 Prozent auf 249 Millionen Euro. Bei Kaffee, Tee, Kakao und Gewürzen wurde ein Zuwachs um 37 Prozent auf 119 Millionen Euro verbucht.
Der Anteil der Golfregion am deutschen Nahrungsmittelexport lag 2022 bei etwa 2 Prozent. Fast zwei Drittel der Ausfuhren gingen in andere EU-Länder (59,3 Milliarden Euro). Der wichtigste Nicht-EU-Abnehmer war das Vereinigte Königreich (4,1 Milliarden Euro). Es folgten die Schweiz mit 2,4 Milliarden Euro und die USA mit 2,3 Milliarden Euro.
Saudi-Arabien ist größter Abnehmer
Trotz der Bemühungen um eine Steigerung der lokalen Agrarproduktion und den Ausbau der Lebensmittelverarbeitung muss Saudi-Arabien - wie alle Länder des Golfkooperationsrates - den Großteil seines Nahrungsmittelbedarfs auch langfristig durch Einfuhren decken. Das Königreich ist aufgrund der starken Importabhängigkeit, einer hohen Kaufkraft und einer relativ großen Bevölkerung der wichtigste Kunde ausländischer Nahrungsmittellieferanten in der Golfregion.
Die deutschen Lebensmittelexporte nach Saudi-Arabien erholten sich 2022 nach einem starken Einbruch im Vorjahr. Die Ausfuhren waren 2021 mit 321 Millionen Euro auf den niedrigsten Wert seit zwölf Jahren gefallen. Das Niveau von 559 Millionen Euro im Jahr 2022 liegt aber noch weit unter den Spitzenwerten der letzten zehn Jahre. Für jeweils mehr als 700 Millionen Euro wurde in den Jahren 2013, 2015 und 2016 nach Saudi-Arabien exportiert.
Das saudi-arabische Statistikamt hat detaillierte Außenhandelsdaten für 2022 noch nicht veröffentlicht. Die Nahrungsmitteleinfuhr wird für 2021 (nahezu unverändert gegenüber dem Vorjahr) mit 20,6 Milliarden US$ angegeben. Auf Getreide entfielen 5,4 Milliarden US$, auf Gemüse und Früchte 3,6 Milliarden US$, auf Fleisch und Fleischzubereitungen 2,2 Milliarden US$ sowie auf Molkereiprodukte und Eier 2,1 Milliarden US$.
Iran bezieht aus Deutschland vor allem Getreide
Deutschland erhöhte 2022 die Lebensmittelexporte nach Iran um 77 Prozent auf 485 Millionen Euro. Das war der höchste Wert seit 2014, als für 635 Millionen Euro Lebensmittel geliefert wurden. Der Anteil der Lebensmittel an den gesamten deutschen Iran-Exporten stieg 2022 auf über 30 Prozent. Der starke Zuwachs wurde vor allem durch die Ausweitung der Getreidelieferungen um 78 Prozent auf 451 Millionen Euro verursacht. Davon entfielen 407 Millionen Euro auf Weizen (2021: 97 Millionen Euro). Auch in den meisten anderen Segmenten der Branche gab es deutliche Steigerungen.
Die verfügbaren offiziellen iranischen Daten zum Lebensmittelimport lassen eine Analyse der Handelsentwicklung nur beschränkt zu. Das nationale Statistikamt veröffentlichte 2022 Importdaten für 2019/2020 (iranisches Jahr 1398: 21. März bis 20. März) nach BEC-Kategorien (Broad Economic Categories). Demnach lagen die iranischen Lebensmittelimporte 2019/2020 bei 11,8 Milliarden US$ (2018/2019: 11,3 Milliarden US$).
Daten des iranischen Zolls zu den wichtigen Importgruppen (nach 8-stelligen HS-Warennummern) weisen für 2021/2022 Mais mit 3,4 Milliarden US$ als größte Branchenposition aus. Es folgten Weizen (2,5 Milliarden US$), Sojabohnen (1,4 Milliarden US$), rohes Sonnenblumenöl (1,4 Milliarden US$), Ölkuchen und andere feste Rückstände aus der Gewinnung von Sojaöl (1,3 Milliarden US$), Gerste (1 Milliarde US$), rohes Sojaöl (0,7 Milliarden US$), Rohrzucker (0,5 Milliarden US$), Palmöl (0,5 Milliarden US$), halbgeschliffener Reis (0,4 Milliarden US$), frische und getrocknete Mehlbananen (0,4 Milliarden US$) sowie fermentierter schwarzer Tee (0,4 Milliarden US$). Die genannten zwölf Positionen summieren sich auf 13,9 Milliarden US$.
VAE sind wichtige Handelsdrehscheibe
Die Statistikbehörde der VAE gibt für 2021 die Einfuhren von Lebensmitteln mit 15,9 Milliarden US$ an (2020: 14,5 Milliarden US$). Zugleich weist die Außenhandelsstatistik den Wert der Lebensmittelexporte mit 9,2 Milliarden US$ aus (2020: 8,3 Milliarden US$). Bei den Ausfuhren dürfte es sich überwiegend um Reexporte oder in den VAE nur geringfügig weiterverarbeitete Produkte handeln.
Die wichtigen Lebensmittellieferanten waren 2021 Indien (1,9 Milliarden US$), Brasilien (1,3 Milliarden US$), USA (1,2 Milliarden US$), Saudi-Arabien (0,8 Milliarden US$) und Australien (0,7 Milliarden US$). Deutschland steht mit lediglich 0,2 Milliarden US$ in der Statistik. Die Exporte gingen vor allem nach Saudi-Arabien (1,6 Milliarden US$), Oman (0,8 Milliarden US$), Kuwait (0,7 Milliarden US$) und Iran (0,6 Milliarden US$).
Destatis zufolge wurden 2022 aus Deutschland Lebensmittel für 227 Millionen Euro in die VAE geliefert (2021: 158 Millionen Euro). Die größte Exportposition waren Kaffee, Tee, Kakao und Gewürze (2022: 54 Millionen Euro). Es folgten Molkereierzeugnisse und Eier (47 Millionen Euro), Getreide und Getreideerzeugnisse (22 Millionen Euro) sowie Getränke (21 Millionen Euro). Deutschland lag unter den EU-Ländern auf Rang 5, führend waren die Niederlande mit über 610 Millionen Euro.