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Nahrungsmittelversorgung gilt als gesichert

Der kontinuierlich wachsende saudi-arabische Nahrungsmittelmarkt bleibt für ausländische Anbieter sehr attraktiv. Aber Deutschland hat Marktanteile verloren.

Von Robert Espey | Dubai

Die Verknappung des Getreideangebots auf den internationalen Märkten infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine hat auch in Saudi-Arabien zu verstärkten Diskussionen über die Versorgungssicherheit geführt. Das Königreich ist nicht nur bei Getreide sondern auch bei Lebensmitteln insgesamt sehr stark von Einfuhren abhängig. Bislang werden allerdings keine ernsthaften Lieferengpässe erwartet. Die steigenden Nahrungsmittelimportpreise gelten als beherrschbares Problem.

Das von Indien am 14. Mai (2022) verhängte Exportverbot für Weizen könnte aber auch in Saudi-Arabien die Versorgungslage schwieriger werden lassen. Die saudi-arabische Importstatistik weist für 2021 Indien als zweitgrößten Getreidelieferanten aus. Saudi-Arabiens Getreideeinfuhren (HS-Kapitel 10) summierten sich 2021 auf 4,2 Milliarden US-Dollar (US$). Davon entfielen über 20 Prozent auf Indien, Russland lieferte 10 Prozent, die Ukraine 6 Prozent. Andere wichtige Getreidelieferanten waren Australien (Anteil: 23 Prozent), Argentinien (12 Prozent) und die USA (8 Prozent), der deutsche Anteil lag bei 3 Prozent.

Lokale Nahrungsmittelerzeugung wächst nur langsam

Saudi-Arabien wird jetzt möglicherweise versuchen, die Expansion der landwirtschaftlichen Erzeugung und den Ausbau der Lebensmittelindustrie zu beschleunigen. Aber die klimatischen Bedingungen setzen dem Wachstum des Agrarsektors enge Grenzen.

Vorläufigen Angaben zufolge konnte die Wertschöpfung im Agrar- und Fischereisektor 2021 real (preisbereinigt) um 2,6 Prozent erhöht werden. Dieser Anstieg muss aber vor dem Hintergrund einer Schrumpfung 2020 um 1,7 Prozent gesehen werden. Für den Fünfjahreszeitraum 2016 bis 2021 ergibt sich ein durchschnittliches Wachstum von lediglich 0,5 Prozent, in der Zehnjahresperiode 2012 bis 2021 waren es immerhin 1,2 Prozent.

Saudi-Arabien will seine Nahrungsmittelversorgung auch durch Auslandsinvestitionen der 2009 gegründeten Saudi Agricultural Investment and Livestock Company (SALIC) sichern. Das Unternehmen gehört zu Saudi-Arabiens Public Investment Fund (PIF). Eine SALIC Investition ist die Continental Farms Group in der westlichen Ukraine, die jährlich etwa 1 Million Tonnen Getreide produziert. SALIC hat auch Projekte in Kanada, Indien, Australien, Brasilien, Singapur und im Vereinigten Königreich.

Starke Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten bleibt

Saudi-Arabien muss geschätzte 70 bis 80 Prozent des Nahrungsmittelbedarfs durch Einfuhren decken. Bei Getreide ist die Abhängigkeit mit über 90 Prozent besonders hoch. Nach einer starken Expansion des Weizenanbaus wurde die Erzeugung 2015 angesichts des hohen Wasserverbrauchs weitgehend eingestellt. Seit 2018 darf aber beschränkt Weizen wieder angebaut werden.

Dem Ministerium für Umwelt, Wasser und Landwirtschaft zufolge hatte Saudi-Arabien 2019 bei Gemüse und Geflügel eine Selbstversorgungsquote von über 60 Prozent erreicht. Bei Eiern und Milch werden Quoten von 116 beziehungsweise 109 Prozent angegeben. Etwa 55 Prozent sollen es im Fischereisektor sein. Die höchste Quote wird für die Dattelerzeugung (125 Prozent) ausgewiesen.

In einer im September 2021 erschienenen Studie des in Dubai ansässigen Finanzdienstleisters Alpen Capital wird für Molkereiprodukte eine Selbstversorgungsquote von 112 Prozent genannt (Stand: 2019). Relativ hohe Quoten sollen auch bei Fleisch (59 Prozent), Früchten (52 Prozent) und Gemüse (52 Prozent) erreicht worden sein.

Angesichts der beschränkten lokalen Produktionsmöglichkeiten und der wachsenden Bevölkerung werden die Agrarimporte auch zukünftig eine steigende Tendenz zeigen. Die Einfuhren von verarbeitenden Lebensmitteln könnten hingegen aufgrund des Ausbaus der saudi-arabischen Nahrungsmittelindustrie zurückgehen.

Der saudi-arabischen Statistikbehörde zufolge haben 2021 die Nahrungsmittelimporte (HS-Kapitel 2 bis 5, 7 bis 12 und 15 bis 22) um 2,2 Prozent auf 21,1 Milliarden US$ zugelegt. Inwieweit es sich hier um Preis- oder Mengeneffekte handelt, ist unklar. Für 2020 wird ein Anstieg um 6,5 Prozent auf 19,4 Milliarden US$ ausgewiesen.

Saudi-Arabien: Einfuhren von Nahrungsmitteln 2019 bis 2021 (in Millionen US$)

HS-Kapitel

Produktbezeichnung

2019

2020

2021 *)

10

Getreide

3.547

4.298

4.175

04

Milch, Milcherzeugnisse, Vogeleier etc.

1.972

2.257

2.068

02

Fleisch etc.

1.969

1.837

2.000

08

Genießbare Früchte und Nüsse etc.

1.740

1.775

1.777

19

Zubereitungen aus Getreide etc.

1.565

1.597

1.594

21

Verschiedene Lebensmittelzubereitungen

1.378

1.433

1.530

15

Tierische und pflanzliche Fette und Öle

890

897

1.245

09

Kaffee, Tee

956

1.184

1.080

12

Ölsamen und ölhaltige Früchte etc.

931

946

1.078

20

Zubereitungen von Gemüse, Früchten etc.

974

1.001

998

17

Zucker und Zuckerwaren

817

829

971

07

Gemüse, Pflanzen etc., die zu Ernährungszwecken verwendet werden

750

728

753

18

Kakao und Zubereitungen aus Kakao

557

468

541

16

Zubereitungen aus Fleisch, Fischen etc.

470

479

423

03

Fische und Krebstiere

450

380

377

22

Getränke, alkoholhaltige Flüssigkeiten und Essig

213

298

238

11

Müllereierzeugnisse etc.

209

233

236

05

Andere Waren tierischen Ursprungs

7

6

7

Summe

19.395

20.646

21.091

*) vorläufige AngabenQuelle: General Authority for Statistics, 2022

Wichtigste Lieferanten von Milch und Milcherzeugnissen (HS 04) waren 2021 Neuseeland (303 Millionen US$), Dänemark (166 Millionen US$) und die Vereinigten Arabischen Emirate (165 Millionen US$). Fleisch (HS 02) kam vor allem aus Brasilien (937 Millionen US$), der Ukraine (201 Millionen US$) und Australien (197 Millionen US$).

Deutsche Ausfuhren setzen negativen Trend fort

Der deutsche Nahrungsmittelexport nach Saudi-Arabien war zwischen 2016 und 2019 von 695 Millionen auf 410 Millionen Euro (SITC 01 bis 07, 09 und 11) gesunken, so Destatis. Eine leichte Erholung auf 457 Millionen Euro wurde 2020 verbucht. Es folgte 2021 ein Einbruch um 31 Prozent auf 317 Millionen Euro. Getreide (SITC 04) ist das wichtigste Agrarexportprodukt. Hier lagen die deutschen Ausfuhren 2016 bei 448 Millionen Euro, nur noch 101 Millionen Euro waren es 2021.

Deutschland: Ausfuhren von Nahrungsmitteln nach Saudi-Arabien 2018 bis 2021 (in Millionen Euro)

SITC-Code

Bezeichnung

2018

2019

2020

2021

01

Fleisch und Zubereitungen von Fleisch

0

0

0

0

02

Milch- und Milchprodukte, Eier

66

75

89

66

03

Fische, Krebstiere etc. und Zubereitungen davon

0

0

0

0

04

Getreide und Getreideerzeugnisse

309

186

198

101

05

Gemüse und Früchte

11

16

30

24

06

Zucker, Zuckerwaren, Honig

27

29

27

23

07

Kaffee, Tee, Kakao, Gewürze und Waren daraus

33

40

37

31

09

Verschiedene genießbare Waren und Zubereitungen

50

59

72

66

11

Getränke

2

4

4

6

Summe *)

499

410

457

317

*) Summen enthalten RundungsdifferenzenQuelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2022

Pflicht zur Halal-Zertifizierung wird verschärft

Saudi-Arabien will die Verpflichtung zur Halal-Zertifizierung deutlich ausweiten. Anfang 2022 hat die zuständige Saudi Food and Drug Authority (SFDA) bekräftigt, den seit Ende 2020 diskutierten Entwurf einer Neuregelung in Kraft setzen zu wollen. Als möglicher Termin wurde Juli 2022 genannt. Der aktuelle Planungsstand ist allerdings unklar.

Die Liste der Nahrungsmittel, die einer Zertifizierungspflicht unterliegen, soll um die Produktgruppen Milch und Milcherzeugnisse, Öle und Fette, Süßwaren (Biskuits, Schokolade etc.), gekühlte und tiefgefrorene Lebensmittel sowie um verarbeitete Nahrungsmittel, die bei Raumtemperatur lange haltbar sind (Konserven, Softdrinks etc.), ergänzt werden.

Das zur SFDA gehörende Saudi Halal Center ist für die Ausstellung der Halal-Zertifikate zuständig. Nach SFDA-Angaben besitzen in Deutschland die RACS GmbH, die Halal Quality Control GmbH und die Halal Control GmbH Akkreditierungen als Zertifizierungs-/Prüfungsgesellschaften.

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