In Saudi-Arabien boomen Tourismusprojekte

Saudi-Arabien will bis 2030 die Zahl ausländischer Touristen von 12 Millionen im Jahr 2022 auf jährlich 55 Millionen mehr als vervierfachen. Zugleich sollen der Binnentourismus ausgebaut und so 1 Million neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Regierung rechnet damit, dass die Einnahmen aus dem Tourismus von aktuell 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf 10 Prozent steigen und bis 2032 insgesamt rund 1 Billion US-Dollar (US$) in den Sektor investiert werden. Daraus ergibt sich eine jährliche Investitionssumme von durchschnittlich 100 Milliarden US$.

Regierung setzt auf Öffnung und Diversifizierung

Das Land hatte sich jahrzehntelang auf religiösen Tourismus zu den islamischen Wallfahrtsstätten in Mekka und Medina konzentriert und dem internationalen Individual- und Massentourismus verschlossen. Mit der Strategie Vision 2030 vollzog die saudi-arabische Regierung eine Kehrtwende. Sie sieht im Tourismus nun einen vielversprechenden Pfeiler, der zur Diversifizierung der Wirtschaft beitragen soll. Eine Doppelstrategie setzt auf den Ausbau des Binnentourismus und eine kontinuierliche Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber weiteren touristischen Zielländern im Mittleren Osten wie Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Oman.

Die Voraussetzungen sind günstig: Im 1. Halbjahr 2022 stieg die Nachfrage nach touristischen Dienstleistungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 105 Prozent auf umgerechnet rund 1 Milliarde US$. Damit lässt die Branche im Land die Corona-Rezession hinter sich.

Am 23. August 2022 verabschiedete das Regierungskabinett ein neues Tourismusgesetz. Es sieht vor, dass Unternehmen der Branche spezielle Lizenzen erhalten können, berichtete die staatliche Presseagentur SPA. Das Tourismusministerium kann Befreiungen oder Ermäßigungen bei Steuern und Zöllen festsetzen, um Investitionen in den Tourismussektor des Landes attraktiver zu gestalten. Die Gründung einer zentralen Anlaufstelle soll Genehmigungsverfahren für Investoren vereinfachen.

Visaerleichterungen sollen ausländische Besucher anlocken

Im September 2022 gab die Regierung für ausländische Touristen ein neues „Visa on Arrival“-Programm bekannt, das die Einreise für viele Staatsangehörige und Visainhaber westlicher Länder erleichtert. Zudem soll die Anbindung des Königreichs an das internationale Flugnetz bedeutend ausgebaut werden. Mit der Gründung einer zweiten nationalen Fluggesellschaft und einer erheblichen Ausweitung der Destinationen will Saudi-Arabien mehr Touristen ins Land holen. Die Regierung plant, das Land als neues Drehkreuz im internationalen Luftverkehr in Konkurrenz zu Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten etablieren. Die staatliche Fluggesellschaft Saudia kündigte an, ihr Angebot um 94 neue Flugziele aufzustocken.

Riesige Investitionsprojekte in Riad und am Roten Meer

Der Ausbau der touristischen Infrastruktur boomt. Mit Radisson und Hilton kündigten zwei globale Investoren an, dass sie 20 beziehungsweise 59 neue Hotels im Königreich eröffnen wollen. Profitieren wird auch der öffentliche Transport.

Regional konzentrieren sich die größten Investitionsprojekte in den saudi-arabischen Tourismussektor auf die Hauptstadt Riad (King Salman Park, Diriyah Gate, Qiddiya) sowie auf den Westen (Red Sea Project) und Nordwesten (Trojena, Amaala) entlang der Küste zum Roten Meer.

Der King Salman Park in Riad soll mit 16 Quadratkilometern der größte Stadtpark der Welt werden und das neue Royal Arts Complex beherbergen. Mit Qiddiya entsteht am Stadtrand ein 22,5 Hektar großer Freizeitpark. Im Februar 2022 vergab die Qiddiya Investment Company einen Auftrag von umgerechnet 746,6 Millionen US$ an ein Joint Venture von Alec Saudi Arabia Engineering and Contracting und El Seif Engineering Contracting für den Bau des ersten Wasser-Themenparks des Königreichs.

Mit dem Projekt Diriyah will das Königreich 50,6 Milliarden US$ für den Bau von Luxusresorts sowie eines Bildungs-, Kultur-, Gastronomie und Erholungszentrums ausgeben und damit das Kulturerbe-Zentrum an der Keimzelle des Königreichs ausbauen.

Als Teil der nationalen Strategie Vision 2030 ist das Red Sea Project ein Mega-Tourismusprojekt, das sich über ein Gebiet der Größe Belgiens erstreckt, ruhende Vulkane, Kulturerbestätten, Inseln und Tauchgebiete am Roten Meer umfasst.

Mit Trojena, das zum Giga-Projekt Neom im Nordwesten Saudi-Arabiens gehört, wird ein Tourismusprojekt in den Bergen initiiert, das mit Smart City-Lösungen eine Verbindung von virtueller Welt und Realität ermöglichen soll. An der Küste des Roten Meeres entsteht mit Amaala eine luxuriöse Tourismusdestination mit hochwertigen Wellness-Retreats, Luxus-Resorts und Freizeitaktivitäten. Hier sollen 2.500 Hotelzimmer, 700 Wohneinheiten sowie ein Einkaufzentrum mit 200 Geschäften gebaut werden.

Digitalisierung und Nachhaltigkeit stehen voll im Trend

Bei ihren Tourismusvorhaben setzt die saudi-arabische Regierung auf die Verbindung von Innovation und Nachhaltigkeit. Künstliche Intelligenz und das Internet der Dinge werden genutzt, um die Entwicklung von Smart City- und Smart Home-Projekten voranzutreiben. Ganz oben im Trend stehen dabei Produkte und Lösungen, die den ökologischen Fußabdruck verringern und so ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit fördern.

Sultan Bader Al-Otaibi, Geschäftsführer des saudi-arabischen Gastronomiekonzerns Dur Hospitality, sieht eine hohe Nachfrage nach Anlagen zur Gewinnung von Solar- und Windenergie und energieeffizienten Ausstattungen wie LED-Leuchten. Viel Wert werde auch daraufgelegt, Wasser einzusparen. Dadurch gebe es einen hohen Bedarf an Sanitäranlagen mit niedrigem Wasserverbrauch, Sensorarmaturen bis hin zu Lösungen für die Nutzung von Grauwasser zur Bewässerung von Rasen und Pflanzen.