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Saudi-Arabien investiert in Vergnügungs- und Freizeitindustrie
Die Entwicklung einer Unterhaltungs- und Freizeitindustrie gehört zu den Kernelementen der gesellschaftlichen Öffnungspolitik des Königreichs. Der Staat investiert Milliarden.
07.06.2023
Von Robert Gehrke, Robert Espey | Riad, Dubai
Mit dem Aufbau einer Unterhaltungs- und Freizeitindustrie versucht der 38-jährige Kronprinz Mohammed bin Salman vor allem die junge einheimische Bevölkerung anzusprechen. Der Bevölkerungszensus 2022 weist den Anteil der saudi-arabischen Bevölkerung unter 30 Jahren mit rund 63 Prozent aus.
Mehr als 24 Freizeitparks und über 420 Unterhaltungszentren sollen bis 2030 geschaffen werden. Zudem ist innerhalb der nächsten fünf Jahre die Eröffnung von mehr als 350 Theatern und 2.500 Kinosälen vorgesehen. Mitte 2022 gab es etwa 260 Kinosäle. Das erste öffentliche Kino wurde 2018 eröffnet, nachdem Lichtspielhäuser 35 Jahre lang verboten waren.
Staatliche Akteure treiben Unterhaltungs- und Freizeitsektor voran
Eine Hauptaufgabe der 2016 gegründeten General Entertainment Authority (GEA) ist die Regulierung der Unterhaltungsbranche. Hierfür arbeitet sie mit zuständigen Regierungsbehörden sowie dem Privatsektor zusammen. Der GEA zufolge sind aktuell mehr als 2.500 Unternehmen im Freizeitsektor aktiv. Der Branchenumsatz soll sich im Zeitraum 2018 bis 2022 auf insgesamt 1 Milliarde US-Dollar (US$) summiert haben.
Die GEA führt auch selbst Aktivitäten durch. So ist sie beispielweise für die Veranstaltungsreihe "Saudi Seasons" zuständig, die seit 2019 Events in verschiedenen Städten organisiert. Als Teil der "Riyadh Season" wurde das britische "Winter Wonderland" mit über 80 Fahrgeschäften in die Hauptstadt gebracht. Ein Teil der Attraktionen besteht aus gebrauchten deutschen Fahrgeschäften. Im Rahmen der "Riyadh Season 2022" fanden über die Stadt verteilt mehr als 8.500 Aktivitäten in 15 Freizeitzonen statt.
Alle größeren Veranstaltungen der letzten Jahre waren direkt oder indirekt staatlich gefördert. Der staatliche Public Investment Fund (PIF) ist derzeit der wichtigste Akteur. Zu den sehr öffentlichkeitswirksamen PIF-Veranstaltungen gehört das erstmalig 2019 in der Nähe von Riad organisierte Techno-Festival "MDL Beast Soundstorm". Etwa 600.000 Besucher sollen es im Dezember 2022 gewesen sein. Vom 14. bis 16. Dezember 2023 findet das nächste Festival statt.
SEVEN als wichtiger Impulsgeber
Die Saudi Entertainment Ventures (SEVEN), die 2018 gegründet wurde und zum PIF gehört, will mehr als 13,3 Milliarden US$ in die Entwicklung von 21 Unterhaltungszentren in 14 Städten investieren. Zwölf der insgesamt 34 Einzelprojekte befinden sich bereits in der Umsetzungsphase. SEVEN hat 2022 in Riad mit dem Bau des Al-Hamra-Unterhaltungskomplexes begonnen. Bei Fertigstellung soll das Projekt ein überdachtes Riesenrad, einen Surfbereich, Flugzonen sowie elektrische Kartbahnen umfassen und jährlich bis zu 6 Millionen Besucher anlocken.
Im Februar 2023 wurden Aufträge für den Bau von SEVEN-Entertainmentkomplexen in den Städten Tabuk, Yanbu und Medina an ein Joint Venture der saudi-arabischen Al Bawani-Gruppe und der Urbacan Saudi Company, einer Tochter der katarischen Urbacon Trading & Contracting Company, vergeben. Das Investitionsvolumen der drei Projekte beläuft sich auf insgesamt 640 Millionen US$. Mit dem Projektmanagement wurde das französische Unternehmen Egis beauftragt.
Neben Freizeitparks betreibt SEVEN auch Kinos. Das Unternehmen übernahm Anfang 2023 in Saudi-Arabien 85 Kinosäle des US-Unternehmens AMC Entertainment Holdings. Zuvor hatte SEVEN 100 Prozent der Unternehmensanteile der lokalen AMC-Tochter erworben. Der Markenname AMC Cinema wird im Königreich beibehalten.
Hauptstadt ist Zentrum der Event-Branche
Der Großteil der erteilten Bauaufträge im Bereich Freizeit (Vergnügungsparks, Sportanlagen etc.) entfällt laut Projektdatenbank MEED Projects auf die Provinz Riad. Von den landesweit vergebenen Aufträgen in Höhe von 6,2 Milliarden US$ entfallen 5,1 Milliarden US$ auf die Hauptstadtregion.
Im Jahr 2017 rief Kronprinz Mohammed bin Salman das Projekt "Qiddiya Entertainment City" ins Leben. Es umfasst geplante Investitionen von 10 Milliarden US$ und befindet sich 45 Kilometer südwestlich von Riad auf einem 367 Quadratkilometer großen Gelände. Qiddiya soll ab 2030 jährlich 17 Millionen Besucher anziehen und 4,5 Milliarden US$ zum Bruttoinlandsprodukt beitragen.
Das Projekt ist ein PIF-Investment. Die Qiddiya Investment Company schloss Ende 2021 mit dem saudi-arabischen Unternehmen Almabani General Contractors und dem französischen Unternehmen Bouygues Batiment International einen Vertrag über den Bau des "Six Flags Qiddiya"-Themenparks.
Ein Auftrag für Fundamentarbeiten in der Qiddiya Entertainment City ging an das deutsche Bauunternehmen Keller. Die Spezialtiefbaufirma Bauer erhielt Aufträge zur Errichtung von Fundamenten für den Six-Flags-Vergnügungspark sowie für einen Wasserpark.
Der Six-Flags-Park soll aus 28 Fahrgeschäften und Attraktionen in sechs verschiedenen Themenbereichen bestehen. Das Herzstück soll eine 4 Kilometer lange Achterbahn sein, die Geschwindigkeiten von 250 Kilometer pro Stunde erreicht und einen Sturzflug von 160 Metern umfasst.
In Qiddiya soll 2027 die Rennsportreihe Formel 1 erstmals ausgetragen werden. Die bereits vorliegenden Angebote für den Bau der 30-Millionen-US$-Strecke werden derzeit geprüft. Seit 2021 findet die Formel 1 auf einer Rennstrecke in Jeddah statt. Designer war das deutsche Unternehmen Tilke. In Saudi-Arabien wurden bereits Rennsportveranstaltungen wie die Rally Dakar veranstaltet.
Projekt | Investitionsvolumen (Mio. US$) | Projektstatus *) | Betreiber |
---|---|---|---|
Riyadh Sports Boulevard: Zone 6: Package F | 750 | AP | |
The Qiddiya Project: Motion Core | 600 | PQ | |
Al Ula Tourism Development: Al Muatadil Equestrian Village | 500 | ST | |
Dammam Football Stadium | 400 | PQ | |
The Qiddiya Project: Eco Core | 400 | DE | |
Entertainment Center | 300 | ST | Saudi Commission for Tourism & National Heritage / Saudi Arabian General Investment Authority |
The Qiddiya Project: City Center: Sports Complex | 300 | PQ | |
Al Ahsa Entertainment Complex | 300 | DE | |
NEOM City: The Line: Sports Stadium | 200 | DE | |
Mecca Entertainment Complex | 100 | AP |
Asiatische Winterspiele in Trojena
In der Bergregion des Megaentwicklungsprojekts NEOM soll das Wintersportgebiet Trojena entstehen. Die Region liegt auf einer Höhe zwischen 1.500 und 2.600 Metern. Schnee gibt es dort allerdings nur selten und dann in der Regel wenig. Dennoch wollen die Planer in den Monaten Dezember bis Februar Wintersport auf (Kunst-)Schnee garantieren.
Im Oktober 2022 hat Saudi-Arabien den Zuschlag zur Durchführung der asiatischen Winterspiele 2029 erhalten. Das Wintersportgebiet soll bereits bis 2026 fertiggestellt werden.
Kronprinz Mohammed bin Salman hat Anfang 2023 den Events Investment Fund (EIF) ins Leben gerufen. Mit Hilfe des Fonds soll bis 2030 die Entwicklung von über 35 Veranstaltungskomplexen unterstützt werden. Zudem soll der EIF dazu beitragen, weitere ausländische Direktinvestitionen anzulocken. |