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Saudi-Arabien wird Produktionsstandort für Elektroautos

In einigen Jahren sollen im Königreich Millionen E-Fahrzeuge unterwegs sein. Ein erheblicher Teil wird aus heimischer Fertigung stammen.

Von Robert Gehrke, Robert Espey | Riad, Dubai

Saudi-Arabien will sich zu einem bedeutenden Hersteller vollelektrischer Fahrzeuge entwickeln. Das Königreich plant – mit Unterstützung ausländischer Partner – bis 2030 jährlich 500.000 Elektrofahrzeuge zu produzieren. Die Fahrzeuge sollen zunächst im Inland verkauft werden. Langfristig will Saudi-Arabien aber zu einem wichtigen Exporteur von Elektrofahrzeugen werden.

Montage von Elektroautos soll noch 2023 beginnen

In der King Abdullah Economic City rund 120 Kilometer nördlich von Jeddah baut der US-amerikanische Hersteller Lucid Motors ein Montagewerk. Das Unternehmen fertigt Luxusmodelle. Am Produktionsstandort in Arizona wurden 2022 etwa 7.200 Fahrzeuge hergestellt. Saudi-Arabiens staatlicher Public Investment Fund (PIF) ist an Lucid Motors mit 61 Prozent beteiligt.

Im Mai 2022 vergab Lucid Motors einen Auftrag über 640 Millionen US-Dollar (US$) zum Bau des Montagewerks an das lokale Bauunternehmen Al Bawani. Die Fertigstellung ist für 2025 oder 2026 vorgesehen. Peter Rawlinson, CEO von Lucid Motors, geht jedoch davon aus, dass erste Fahrzeuge bereits im September 2023 montiert werden können.

Lucid will in einer ersten Phase SKD-Bausätze (Semi Knocked Down) aus den USA liefern. Die Schlussmontage erfolgt dann in Saudi-Arabien. Das Werk wird letztlich über eine Jahresleistung von 150.000 Fahrzeugen verfügen. Importierte Lucid-Fahrzeuge können in Saudi-Arabien schon jetzt gekauft werden.

Die taiwanesische Foxconn Technology Group und der PIF gründeten im November 2022 das Joint Venture CEER, um in Saudi-Arabien Elektrofahrzeuge zu entwickeln und zu produzieren. Foxconn will die Software, Elektronik und elektronische Architektur des Fahrzeugs bereitstellen. Das Elektrofahrzeug soll eine alte BMW-Plattform nutzen. Geplant ist die Produktion von SUV und Mittelklasse-Limousinen. Ab 2025 will CEER jährlich bis zu 170.000 Elektrofahrzeuge herstellen. Das CEER-Werk soll ebenfalls in der King Abdullah Economic City entstehen. Mit der Vergabe des Bauauftrages wird noch bis Jahresende 2023 gerechnet.

Das chinesische Start-up Enovate Motors und das lokale Immobilienunternehmen Sumou unterzeichneten im Dezember 2022 eine Absichtserklärung über die Gründung eines Joint Ventures zur Produktion von Elektrofahrzeugen. Die Investitionen werden mit 500 Millionen US$ veranschlagt. Jährlich sollen bis zu 100.000 Fahrzeuge vom Band rollen. Das Ministerium für Industrie und Bergbau diskutiert mit Hyundai über eine Montagefabrik für Elektrofahrzeuge und konventionelle Verbrenner.

Saudi-Arabien ist Newcomer in der MENA-Region

Seit über zehn Jahren bemüht sich Saudi-Arabien um den Aufbau einer lokalen Pkw-Industrie. Mit Elektrofahrzeugen soll es nun gelingen. Andere Länder in der MENA-Region (Middle East and North Africa) haben schon vor Jahrzehnten mit der Pkw-Fertigung begonnen und wollen nun auch dem Trend zur E-Mobilität folgen. Iran ist unter den MENA-Ländern der mit Abstand größte Pkw-Produzent, es folgen Marokko und Ägypten. Nach Angaben der Organisation Internationale des Constructeurs d’Automobiles (OICA) fertigte Iran im Jahr 2022 rund 1 Million Pkw, Marokko 0,4 Millionen. Dem Egyptian Automotive Manufacturing Information Council zufolge wurden 2022 in Ägypten 51.000 Pkw montiert.

Wertschöpfungskette für Batterieproduktion geplant

Die australische EV Metals Group (EVM) unterzeichnete im Januar 2023 mit der Royal Commission for Jubail & Yanbu eine Vereinbarung über die Zuteilung von 127 Hektar Land für zwei Produktionslinien zur Herstellung von Lithiumhydroxid-Monohydrat (LHM). Die Substanz ist unter anderem zur Herstellung von Batterien für Elektrofahrzeuge erforderlich. Eine weitere Vereinbarung über die Gas- und Stromversorgung des Werks schloss der Konzern mit dem Energieministerium. Als Finanzberater für das LHM-Projekt ist die in den USA und Indien ansässige Synergy Consulting tätig. Nach Angaben aus Branchenkreisen werden die Investitionen der LHM-Anlage mit 1,3 Milliarden US$ kalkuliert.

Bereits im Februar 2022 hatte EVM einen FEED-Auftrag (Front End Engineering Design) für den Bau der LHM-Produktionslinien vergeben. Das Werk wird in Yanbu an der Westküste errichtet. Die Produktionskapazität soll bei jährlich 50.000 Tonnen liegen. Die notwendigen Rohstoffe kommen zunächst aus Australien, sollen zukünftig jedoch möglichst lokal gewonnen werden.

Das US-amerikanische Bergbauunternehmen Ivanhoe Electric kündigte im Januar 2023 die Gründung eines 50:50-Joint Ventures mit der großen, staatlich kontrollierten Saudi Arabian Mining Company (Ma'aden) an. Das Gemeinschaftsunternehmen will unter anderem Lithium für die Herstellung von Batterien gewinnen.

Der PIF will ein Batteriewerk für Elektrofahrzeuge bauen lassen. Für 2028 ist eine Jahresproduktionskapazität von 15 Gigawattstunden geplant. Das Projekt soll die Batterien für Lucid und andere Elektrofahrzeughersteller liefern. Das saudi-arabische National Industrial Development Center schlägt eine höhere Produktionskapazität von 28 Gigawattstunden vor. Dabei sind neben Batterien für Elektrofahrzeuge auch Speicher für erneuerbare Energien berücksichtigt.

Bislang kaum Elektrofahrzeuge und Ladestationen

Aktuell sind Elektrofahrzeuge in Saudi-Arabien noch eine Seltenheit. Schätzungen zufolge gibt es nur einige Hundert öffentliche Ladestationen. Bis 2025 soll ihre Anzahl laut der Saudi Electric Vehicle Charging Infrastructure Development Initiative auf bis zu 50.000 steigen. Einen Großteil der Ladestationen stellt bislang das lokale Unternehmen Electromin bereit. Ein Teil der Electromin-Infrastruktur kommt von Siemens und umfasst ultraschnelle Sicharge D-Ladegeräte sowie Smart Versicharge AC-Wand- oder Mastgeräte.

Von ABB E-Mobility hat Electromin 100 Ladestationen erhalten. Das niederländische Unternehmen EVBox und Schneider Electric aus Frankreich ließen 2022 und 2023 ihre EV-Ladestationen von der Saudi Standards, Metrology and Quality Organization (SASO) für den saudi-arabischen Markt zertifizieren.

Die meisten Prognosen gehen davon aus, dass es 2030 in Saudi-Arabien 1 bis 2 Millionen Elektrofahrzeuge geben wird. Die staatliche Entwicklungsplanung Vision 2030 ist deutlich ambitionierter: Der Anteil von Elektrofahrzeugen am gesamten Fahrzeugbestand soll 2030 bei 30 Prozent liegen. Eine 2021 veröffentlichte Studie rechnet für 2030 mit landesweit 16,5 Millionen Fahrzeugen. Ein Anteil von 30 Prozent entspräche demnach rund 5 Millionen Autos.

Der Pkw-Absatz stieg in Saudi-Arabien 2022 um 12 Prozent auf 0,64 Millionen Einheiten. Marktführer war die Toyota-Gruppe mit einem Marktanteil von 32,8 Prozent. Es folgten Hyundai/Kia mit 18,8 Prozent, Nissan mit 5,7 Prozent sowie Isuzu und Changan mit jeweils 5,5 Prozent. Volkswagen kam auf 0,2 Prozent.

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