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Branchen | Saudi-Arabien | Gesundheitswesen

Viel Bewegung im saudi-arabischen Gesundheitssektor

Das Königreich setzt den Ausbau des Gesundheitssektors mit Milliardeninvestitionen fort. Deutsche Medizintechnikexporte profitieren vom Boom in der Branche.

Von Robert Espey | Dubai

Saudi-Arabien muss seine Krankenhauskapazitäten bis 2030 um etwa 20.000 auf 98.000 Betten erhöhen. Das besagt eine 2022 veröffentliche Prognose des internationalen Immobiliendienstleisters Colliers. Andere Kalkulationen geben geringere Werte an, jedoch besteht unter Experten Einvernehmen, dass eine starke Kapazitätsausweitung erforderlich ist.

Bedarfsplanung muss revidiert werden

Seit Sommer 2023 liegen Daten des Bevölkerungszensus 2022 vor, die zu einer Senkung bei den Bedarfsplanungen führen dürften. Vor dem Zensus wurde Saudi-Arabiens Bevölkerung im Jahr 2022 auf 35 Millionen bis 36 Millionen geschätzt. Die 2022 Revision of World Population Prospects der Vereinten Nationen weist eine Bevölkerung von 36,4 Millionen aus, für 2030 werden 40,5 Millionen prognostiziert.

Der Zensus 2022 registrierte jedoch nur 32,2 Millionen Einwohner, davon 18,8 Millionen saudi-arabische Staatsangehörige und 13,4 Millionen Ausländer. Bis 2030 erscheint nun ein Bevölkerungsanstieg auf 37 Millionen realistisch. Unterstellt wird dabei ein durchschnittliches Wachstum der einheimischen Bevölkerung von jährlich 2,1 Prozent und eine Erhöhung der ausländischen Bevölkerung bis 2030 auf 15 Millionen.

Der Anstieg bei den Ausländern setzt jedoch eine lebhafte Konjunktur voraus. Die Zahl der ausländischen Bevölkerung hängt stark vom Arbeitskräftebedarf ab. Während der Wirtschaftskrise 2020/2021 sank sie um 1,2 Millionen.

Bei einer Bevölkerungszahl von 37 Millionen bis 38 Millionen im Jahr 2030 wären zur Stabilisierung der aktuellen Relation von 24,3 Krankenhausbetten pro 10.000 Einwohner zusätzliche 12.000 bis 14.000 Betten erforderlich. Saudi-Arabien will allerdings seine im internationalen Vergleich niedrige Betten-Einwohner-Relation verbessern. In den OECD-Ländern gab es 2019 durchschnittlich 44 Betten pro 10.000 Einwohner.

Im Vergleich mit dem OECD-Durchschnitt ist jedoch zu berücksichtigen, dass Saudi-Arabien eine sehr junge Bevölkerung hat. Der Anteil der Altersgruppe 65+ lag 2022 in Saudi-Arabien bei lediglich 2,7 Prozent. In der OECD-Gruppe waren es durchschnittlich 18 Prozent.

Projekte für über 14 Milliarden US-Dollar im Bau oder in Planung

Die Projektdatenbank MEED Projects listet im Sektor "Krankenhäuser und Gesundheitszentren" Vorhaben für 5,4 Milliarden US-Dollar (US$), die sich im Bau befinden. Das größte Projekt ist der Security Forces Medical Complex in Riad, ein Vorhaben des Innenministeriums für 2,7 Milliarden US$. Die Fertigstellung ist 2024 geplant. Die private Sulaiman Al Habib Medical Group baut aktuell acht Krankenhäuser im Gesamtwert von 1,2 Milliarden US$. Das Gesundheitsministerium setzt zehn Projekte für 0,9 Milliarden US$ um.

Aktuell sind im Gesundheitssektor 35 Projekte für 9,1 Milliarden US$ in der Planungsphase. Die meisten Vorhaben sollen in den nächsten zwei Jahren vergeben werden. Allerdings dürften nicht alle Vorhaben plangemäß realisiert werden. Auf staatliche Institutionen entfällt ein Projektvolumen von 3,4 Milliarden US$. Der Anteil des Gesundheitsministeriums beträgt 1,4 Milliarden US$, gefolgt von der Jeddah Central Development Company mit 1 Milliarde US$ und vom Ministry of Higher Education mit 0,4 Milliarden US$.

Saudi-Arabien: Geplante Projekte im Gesundheitssektor

Projekt

Investitions-summe (Mio. US$)

Projekt-stand 1)

Projektbetreiber

Jeddah Central Project: Phase 3

1.000

DE

Jeddah Central Development Company

King Faisal Medical City in Asir: Phase 2

450

PQ

Ministry of Health

Masar Hospital

266

ST

Umm Al Qura for Development & Construction

Long-Term Care and Skilled Nursing Home Project in Dammam

200

PQ

Ministry of Health

Long-Term Care and Skilled Nursing Home Project in Riyadh

200

PQ

Ministry of Health

Prince Mohammed Bin Abdul Aziz Medical City in Al Jouf: Phase 2

156

PQ

Ministry of Health

Olaya Hospital in Riyadh

110

DE

Haif Company 2)

Dallah Hospital in Riyadh

100

DE

Dallah Health

Al Masadiyah Women And Children Hospital

100

ST

Ministry of Health

Al Yamama Women And Children Hospital

100

ST

Ministry of Health

1 DE = Design, PQ = Präqualifizierung, ST = Studie; 2 Website derzeit nicht erreichbar.Quelle: MEED Projects 2023, Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

Im Privatsektor sind Projekte im Gesamtwert von 5,7 Milliarden US$ geplant. Darunter befindet sich die MedTech City in Riad für geschätzte 5 Milliarden US$. Die Zukunft dieses Megaprojekts gilt allerdings als ungewiss. Investor ist die lokale Riva Development Group.

Medizintechnikeinfuhren legen deutlich zu

Der saudi-arabische Medizintechnikimport könnte 2023 auf über 2 Milliarden US$ steigen. Dies wäre ein neuer Spitzenwert. Der bisherige Höchstwert wurde 2014 mit 1,84 Milliarden US$ erreicht. Detaillierte Außenhandelsdaten der saudi-arabischen Statistikbehörde liegen zwar nur bis 2021 vor, jedoch lassen die Exportzahlen wichtiger Lieferländer für 2022 und 2023 deutliche Zuwächse bei den Einfuhren von Medizintechnik vermuten.

Saudi-arabischen Angaben zufolge stiegen die Medizintechnikimporte 2021 gegenüber dem Vorjahr um 2 Prozent auf 1,69 Milliarden US$. Im Vorjahr jedoch waren sie um 9 Prozent gesunken. Für 2022 und 2023 melden die auf dem saudi-arabischen Markt führenden Medizintechniklieferanten USA und Deutschland eine lebhafte Geschäftsentwicklung.

Die US-Statistik weist für 2022 eine Erhöhung der Medizintechniklieferungen nach Saudi-Arabien um 20 Prozent auf 307 Millionen US$ aus. In den ersten sieben Monaten 2023 wurde eine Steigerung gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode um 54 Prozent auf 245 Millionen US$ verbucht.

Gemäß Eurostat expandierten die deutschen Medizintechnikexporte nach Saudi-Arabien 2022 um 23 Prozent auf 283 Millionen Euro. In den ersten sieben Monaten 2023 konnte ein Anstieg um 49 Prozent auf 197 Millionen US$ erzielt werden.

Deutschland: Ausfuhr von Medizintechnik nach Saudi-Arabien 2019 bis 2022 (in Millionen Euro)

SITC

Produktgruppe

2019

2020

2021

2022

774.1

Elektrodiagnoseapparate und –geräte

34

30

39

64

774.2

Röntgenapparate etc.

35

53

37

28

785.31

Rollstühle

2

2

3

3

872.1

Zahnmedizinische Instrumente, a.n.g.

11

7

14

12

872.21

Spritzen, Nadeln, Katheter, Kanülen etc.

19

13

11

15

872.25

Ophthalmologische Instrumente

6

5

8

9

872.29

Andere Instrumente, Apparate und Geräte

74

67

63

99

872.3

Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc.

12

21

22

14

872.4

Medizinmöbel etc.

6

8

5

9

899.6

Orthopädietechnik, Prothesen etc.

31

17

29

31

 Summe *)

230

224

230

283

* Summen enthalten Rundungsdifferenzen.Quelle: Eurostat 2023

Die EU-27-Gruppe verzeichnete 2022 eine Erhöhung der Medizintechnikexporte um 29 Prozent auf 990 Millionen Euro. In den ersten sieben Monaten 2023 wurde ein Anstieg um 20 Prozent auf 605 Millionen Euro registriert.

Privatisierung kommt nur langsam voran

Die Regierung will das Gesundheitssystem bis 2030 weitgehend privatisieren. Derzeit dominieren staatliche Gesundheitsdienstleister. Bestehende Einrichtungen sollen an private Investoren verkauft werden. Neue Projekte soll möglichst der Privatsektor durchführen beziehungsweise auf PPP-Basis (Private Public Partnership) realisieren. Seit 2017 können Gesundheitseinrichtungen zu 100 Prozent in ausländischer Hand sein.

Bislang verläuft der Privatisierungsprozess aber schleppend. Für das Privatisierungsprogramm ist das National Center for Privatization & Private Public Partnership (NCP) zuständig. Die erste Privatisierung im Gesundheitssektor erfolgte 2020: Die 1970 gegründete staatliche Saudia Medical Services Company wurde von der Dr. Soliman Abdel Kader Fakeeh Hospital Company übernommen. Anfang 2023 hat NCP drei Privatisierungsprojekte ausgeschrieben. NCP zufolge zeigen etwa 200 in- und ausländische Investoren Interesse.

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