Wirtschaftsumfeld | Saudi-Arabien | Gründung einer Niederlassung
Wie eine deutsche IT-Firma ihr Büro in Saudi-Arabien eröffnet
Ausländische Unternehmen managen ihr Business in Saudi-Arabien gerne aus Dubai. Die Regierung in Riad will das ändern. Die Bürogründung ist einfach, Probleme lauern woanders.
07.04.2025
Von Ulrich Binkert | Bonn
Der IT-Dienstleister adesso tut, was die Regierung von Saudi-Arabien propagiert: Das deutsche Unternehmen mit Hauptsitz in Dortmund und gut 11.000 Mitarbeitenden hat in der Hauptstadt Riad gerade eine eigene Gesellschaft etabliert. Diese soll den saudi-arabischen Markt bearbeiten. Damit erfolgt die Präsenz auf dem saudi-arabischen Markt noch vor der Gründung einer Niederlassung in Dubai.
Regierung will Regional Headquarters
Die Regierung in Riad bemüht sich, ausländische Unternehmen zu einer Gründung in Saudi-Arabien zu bewegen. Damit soll der Markt weniger aus den umliegenden Ländern bedient werden. Seit Anfang 2024 dürfen staatliche Einrichtungen öffentliche Aufträge grundsätzlich nur an multinationale Konzerne vergeben, die ihren regionalen Hauptsitz in Saudi-Arabien haben. Mit diesem Regional-Headquarter-Programm wollen die Behörden vor allem die Hauptstadt wirtschaftlich stärken und die Wertschöpfung im Land erhöhen.
"Der Markt ist zweifellos da", sagt Ahmad Allababidi, der für adesso das Büro in Riad aufbaut. Der stellvertretende Niederlassungsleiter zeigt sich dabei mit den Abläufen insgesamt sehr zufrieden. Es gebe eine hohe IT-Nachfrage durch Großveranstaltungen wie die Asian Winter Games oder die geplante Fußballweltmeisterschaft 2034 im Land. Zudem investierten wichtige Kundengruppen wie Banken und Versicherungen kräftig in die Digitalisierung.
Das Angebot an IT-Dienstleistungen sei ausbaufähig. So fänden globale Softwaregrößen, deren Programme auch in Saudi-Arabien laufen, im Land teils nur eine kleine Auswahl an Partnern, um Projekte vor Ort durchführen und betreuen zu können.
Land schon stark digitalisiert
Dabei ist Saudi-Arabien bei der Digitalisierung schon sehr weit vorangekommen. Eine Bank sehen die Menschen Berichten zufolge kaum mehr von innen. Sie zahlen praktisch alles und überall mit Karte. "Die breite Nutzung der IT macht die Prozesse hier sehr transparent und konsistent", sagt Allababidi dazu. Der weitgehend in Deutschland aufgewachsene Manager hat das bei der Gründung seines Büros sehr zu schätzen gelernt.
Die breite Nutzung von IT kann aber auch herausfordernd sein. Ein Antrag zur Firmenregistrierung lässt sich zwar bequem hochladen, ist zu hören. Es brauche nicht den Gang zum Amt, wie oft noch in Deutschland. Gelegentlich aber klemme der Vorgang und der Grund sei nicht immer klar. "An wen wende ich mich dann?", fragt Niklas Spitczok, der die Gründung von adesso-Standorten von der Mutterfirma in Deutschland aus begleitet.
Herausforderungen bei Büroflächen ...
Eine echte Herausforderung bei Neuansiedlungen in Saudi-Arabien sind Büroflächen. Um eine Geschäftslizenz zu erhalten, muss eine Firma eine physische Adresse vorweisen. "Ohne Geschäftslizenz kann ich ein Büro aber nicht anmieten", sagt Allababidi. Es gebe auch nur wenige geteilte Büroflächen, mit denen sich das Problem möglicherweise umgehen ließe. "Die größere Verfügbarkeit von Shared Office Space wäre hier ein echter Beschleuniger für Geschäfte."
Einen ambivalenten Blick hat Allababidi auf die staatlichen Vorschriften zur "Saudisierung": Ausländische Unternehmen müssen demnach eine Mindestquote saudi-arabischer Beschäftigter erreichen. Für den Start einer Firma heißt das beispielsweise, dass der zweite eingestellte Mitarbeitende die saudi-arabische Staatsangehörigkeit haben muss. Diese Regeln greifen nach einer Karenzzeit von sechs Monaten nach der Firmengründung.
... und "Saudisierung"
Allababidi hat volles Verständnis für die Vorschriften. Die sechs Monate könnten aber gerade in der Startphase zu kurz sein, um Mitarbeitende zu finden, die die speziellen und gerade im Aufbauprozess wichtigen und notwendigen Erfahrungen sowie Qualifikationen mitbringen.
Allerdings unterscheiden sich die Regeln zur Saudisierung nach Branchen und anderen Faktoren. Die Behörden zeigen Flexibilität und kommen den Unternehmen mit vielen Ausnahmen entgegen. Sie sind dabei Argumenten der Firmen durchaus aufgeschlossen, heißt es aus dem Investitionsministerium (MISA).
Diese Flexibilität kann gelegentlich aber auch zur Uneindeutigkeit von Regelungen führen, wie Allababidi es nennt. So könnten sich Aussagen aus unterschiedlichen Ministerien und sogar aus derselben Behörde unterscheiden. Gerade für Neulinge im Markt könne das schwierig sein, vor allem für Expats ohne Arabischkenntnisse, die nicht ohne Weiteres mit den Menschen reden und das Thema so abfedern könnten.
Für diese Herausforderungen beim Aufbau einer Firma in Saudi-Arabien gibt es spezielle Dienstleister. Mit deren Service hat adesso allerdings gemischte Erfahrungen gemacht. "Laut einem Berater muss hier etwa für bestimmte Angelegenheiten unser Geschäftsführer vor Ort sein", sagt Allababidi. Von einer anderen Quelle weiß er allerdings, dass das "nicht unbedingt erforderlich ist". Experten setzen auf eine Zertifizierung der Beraterfirmen, die bisher kaum reguliert sind.
Es gibt Alternativen zum Regional-Headquarter-Programm
Nach Angaben der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Riad (Gesalo) folgen viele deutsche Unternehmen dem Regional-Headquarter-Programm. Es gebe jedoch weitere Möglichkeiten, seine Präsenz vor Ort zu verstärken, etwa über einen Handelsvertreter. Darüber hinaus biete das Investitionsministerium Registrierungsmöglichkeiten ohne lokalen Partner an. Um die geforderte CR-Nummer (Commercial Registration) zu erhalten, könne die ausländische Firma eine eigene Vertretung (Representative Office) oder eine Niederlassung (Branch Office) gründen.
Die Voraussetzungen für diese Gründungen sind laut Gesalo wesentlich einfacher. Eine Vertretung dürfe geschäftlich nur sehr beschränkt tätig werden. Aber eine mit umfangreichen Befugnissen ausgestattete Niederlassung lasse sich mit lediglich einer Person einrichten. An staatlichen Ausschreibungen dürften sich auch in Saudi-Arabien eingetragene Gemeinschaftsunternehmen mit in- und ausländischen Partnern beteiligen.