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Special | Saudi-Arabien | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Industrie: Erste Schritte in Richtung Dekarbonisierung

Saudi-Arabien setzt bei der Dekarbonisierung der Industrie vor allem auf die Abscheidung, Nutzung und Speicherung von Kohlendioxid. Hier gibt es derzeit wachsende Aktivitäten.

Von Robert Espey | Dubai

Das größte Industrieunternehmen des Landes, die nationale Ölgesellschaft Aramco, will bis 2050 klimaneutral sein. Einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung der Industrie sollen CCUS-Technologien (Carbon Capture, Utilization, Storage) leisten. Regierungsvertreter haben auf der UN Klimakonferenz (COP 27) in Ägypten im November 2022 die Bedeutung von CCUS unterstrichen. Energieminister Abdulaziz bin Salman erklärte, bis 2035 eine CCUS-Kapazität von jährlich 44 Millionen Tonnen CO₂ erreichen zu wollen.

Erste CCUS-Projekte in Betrieb

Das größte saudi-arabische CCUS-Projekt ist ein Pilotprojekt von Aramco im Gaswerk Hawiyah. Seit 2015 werden hier täglich 850.000 Kubikmeter CO₂ aufgefangen und zum Uthmaniyah-Ölfeld transportiert. Dort wird es zur Steigerung des Förderdrucks in das Ölreservoir injiziert.

In Jubail hat das saudi-arabische Chemieunternehmen SABIC 2015 ein "CO₂-to-Chemicals"-Projekt in Betrieb genommen. Das CO₂ fällt bei der Produktion von Ethylenglykol an. Jährlich werden 500.000 Tonnen CO₂ vor allem zur Herstellung von Methanol und Urea (Harnstoff) verwendet. In flüssiger Form wird CO₂ an die Lebensmittelindustrie verkauft.

Die Rabigh Refining & Petrochemical Company arbeitet derzeit an einem Vorhaben zur Abscheidung von CO₂ mit einer Jahresleistung von 300.000 Tonnen. Die Anlage kostet 320 Millionen US$ und soll noch 2023 fertiggestellt werden. Der Bauauftrag ging 2021 an das in Dubai ansässige Unternehmen Gulf Cryo.

CCUS-Hub in Jubail geplant

Im großen Chemiecluster von Jubail ist der Bau eines CCUS-Hubs mit einer jährlichen Kapazität von 9 Millionen Tonnen geplant. Eine entsprechende Vereinbarung unterzeichneten im November 2022 Saudi Aramco, SLB (früher Schlumberger) und Linde.

Für den Bau des mit 700 Millionen US$ kalkulierten CCUS-Hubs haben sich folgende Firmen präqualifiziert: GS Engineering & Construction (Südkorea), Hyundai E&C, Maire Tecnimont (Italien), Tecnicas Reunidas (Spanien), Saipem (Italien), Larsen & Toubro (Indien) und die JGC Corporation (Japan). Mit der Ausschreibung wird in Kürze gerechnet. Als FEED-Berater (Front End Engineering Design) ist die Wood-Group tätig.

Der CCUS-Hub soll 2027 in Betrieb gehen. Er ist Teil einer im Oktober 2022 zwischen Linde und SLB vereinbarten strategischen Kooperation bei CCUS-Projekten, um weltweit die Dekarbonisierung der Industrie zu beschleunigen. Linde-CEO Sanjiv Lamba erklärte: "Wir sind bestrebt, unseren Kunden zu helfen, kosteneffektiv ihre Produktion zu dekarbonisieren."

Zahl der CCUS-Projekte steigt

Die Saudi Arabian Mining Company (Ma'aden) arbeitet an einem 300 Millionen US$ teuren CCUS-Projekt für einen Phosphatkomplex in Ras al Khair. Eine Kapazität von 300.000 Tonnen CO₂ ist vorgesehen. Das CO₂ soll für verschiedene industrielle Prozesse sowie bei der Ölförderung (Enhanced Oil Recovery) verwendet werden. Ma'aden hat Gulf Cryo und das italienische Unternehmen Tecno Project Industriale mit der Projektdurchführung beauftragt. Die erste Phase soll 2024 fertiggestellt sein.

Im November 2022 hat die Saudi Electricity Company mit der King Abdullah University for Science and Technology (KAUST) eine Zusammenarbeit beim Bau einer CO₂-Abscheideanlage für das Kraftwerk Duba vereinbart. Das Vorhaben wird mit 350 Millionen US$ veranschlagt. Das Duba-Kraftwerk ist eine mit Gas und Solarenergie betriebene 565-Megawatt-Anlage. Die Solarkomponente verfügt über eine Leistung von etwa 40 Megawatt und wurde mit wesentlicher deutscher Beteiligung (sbp sonne/Stuttgart, Flabeg/Köln) gebaut.

Die Saline Water Conversion Corporation (SWCC) hat im Januar 2023 mit der zur südkoreanischen DL Engineering and Construction gehörenden Firma Carbonco eine Absichtserklärung über mögliche CCUS-Projekte zur Dekarbonisierung von gasbetriebenen SWCC-Kraftwerken unterzeichnet. Diese Kraftwerke liefern Strom für Meerwasserentsalzungsanlagen.

Im Jahr 2021 startete Saudi-Arabien das Circular Carbon Economy National Program. Dabei ist ein 100 Millionen US$ teures CCUS-Projekt geplant. Einzelheiten sind jedoch noch nicht bekannt.

SABIC, BASF und Linde kooperieren bei Dekarbonisierungsprojekt

SABIC, BASF und Linde haben in Ludwigshafen mit dem Bau einer Demonstrationsanlage für großtechnische elektrisch beheizte Steamcracker begonnen. BASF erklärt, die Nutzung von Strom aus erneuerbarer Energie anstelle von Erdgas ermögliche es der Technologie die CO₂-Emissionen eines der energieintensivsten Produktionsprozesse der chemischen Industrie um mindestens 90 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Technologien zu reduzieren.

BASF und SABIC investieren gemeinsam in das Projekt. BASF betreibt die Demonstrationsanlage. Linde ist Partner für die Planung, Beschaffung und den Bau und wird die entwickelten Technologien vermarkten. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert das Projekt im Rahmen des Förderprogramms "Dekarbonisierung in der Industrie" mit 14,8 Millionen Euro.

Herstellung von "Low Carbon" Beton

Nach Berechnungen von Global Carbon Project erreichte der CO₂-Ausstoß der saudi-arabischen Zementindustrie 2014 und 2015 mit 30 Millionen Tonnen den bisherigen Spitzenwert. In den Folgejahren sanken die CO₂-Werte aufgrund rückläufiger Zementproduktion, sind dann aber bis 2021 wieder auf 29 Millionen Tonnen gestiegen.

Die World Cement Association hat im Frühjahr 2022 ihre Mitglieder in der MENA-Region (Middle East and North Africa) aufgerufen, Maßnahmen zur Dekarbonisierung zu ergreifen. In Saudi-Arabien gibt es jedoch noch keine substanziellen Fortschritte zur Reduzierung des CO₂-Ausstoßes.

Im Oktober 2022 veranstaltete KAUST einen Workshop zur Dekarbonisierung der Zementindustrie. Diskutiert wurden alternative Brennstoffe, der Einsatz sekundärer Rohstoffe als Klinkerbeimischungen sowie CCUS-Verfahren. Ein KAUST-Projekt beschäftigt sich mit der Herstellung von Beton unter Beimischung von Puzzolanen und Kalkstein. Dieses Verfahren führt zu einem insgesamt geringeren CO₂-Ausstoß.

Metallsektor könnte grünen Wasserstoff nutzen

Saudi-Arabiens Stahlproduzenten verfügen über eine nominale Kapazität von geschätzten 14 Millionen Tonnen pro Jahr. Ein weiteres integriertes Stahlwerk will Saudi Aramco in Ras al-Khair (Ost-Provinz) für 400 Millionen US$ errichten lassen. Die Nutzung von grünem Wasserstoff wäre im Stahlsektor mittelfristig denkbar.

In Ras Al Khair betreibt seit 2015 ein aus der staatlich kontrollierten Saudi Mining Company (Ma'aden) und dem US-Unternehmen Alcoa bestehendes Joint Venture einen Aluminiumkomplex, der jährlich bis zu 1,8 Millionen Tonnen Alumina und 0,74 Millionen Tonnen Aluminium erzeugen kann. Das Walzwerk verfügt über eine Kapazität von 0,38 Millionen Tonnen.

Die industrielle Nutzung von grünem und blauem Wasserstoff würde durch die in Saudi-Arabien geplanten Wasserstoffprojekte möglich. In der neuen Entwicklungszone NEOM soll grüner Wasserstoff produziert werden. Die Erzeugung großer Mengen von grauem beziehungsweise blauem Wasserstoff ist im Rahmen des 2021 gestarteten Jafurah-Schiefergasprojektes vorgesehen.

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