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Deutsche Firmen werden zur Metallbearbeitung im Westbalkan fündig
Serbien sowie Bosnien und Herzegowina bieten ein breites Spektrum an Kompetenzen zur Verarbeitung von Metall. Kleine und mittlere Unternehmen fertigen meist für deutsche Kunden.
24.01.2025
Von Martin Gaber, Hans-Jürgen Wittmann | Belgrad
Der Westbalkan wird als Beschaffungsmarkt immer interessanter. Im Fokus von Einkäufern stehen vor allem bearbeitete Metallteile. Um Geschäftspotenziale auszuloten, reisten Ende Oktober 2024 ein Dutzend Mitglieder der Industrie- und Handelskammern Ulm und Bodensee-Oberschwaben nach Serbien und Bosnien und Herzegowina. Dort machten sie sich ein Bild über die Region als potenziellen Standort für die Metallverarbeitung.
Diese Gelegenheit ergriff auch ein Hersteller elektronischer Geräte, die Wölfle GmbH: „Das Thema Nearshoring bewegt uns schon seit vielen Jahren. Speziell nach Ende der Coronapandemie, hat dieses Thema nochmals richtig an Dynamik gewonnen“, sagt Firmeninhaber Thomas Wölfle im Gespräch mit Germany Trade & Invest.
Einstieg in die Beschaffung über Lohnfertigung
Häufig beginnen deutsche Firmen die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern mit Aufträgen zur Lohnfertigung. Dabei stellt der Kunde das Material zur Verfügung und lagert nur einzelne Arbeitsschritte aus. Dafür spricht vor allem die größere Unabhängigkeit für den Auftraggeber. Stimmen die Ergebnisse, intensivieren ausländische Kunden die Zusammenarbeit, beispielsweise durch die Weiterqualifizierung von Beschäftigten oder auch in der gemeinsamen Beschaffung von Maschinen und Anlagen.
Lange ließen die Auftraggeber nur einfache Produkte im Westbalkan bearbeiten oder fertigen. Doch durch die Kooperation mit ausländischen Partnern konnten die Betriebe weiteres Know-how aufbauen. Heute bieten lokale Firmen ein breites Spektrum an Kapazitäten an, das von der Aluminiumextrusion bis zum Zerspanen reicht.
Vorhandene technische Kapazitäten in der Metallverarbeitung in Serbien und Bosnien und Herzegowina sind vor allem:
- Schweißen
- Pressen
- (Plasma-)Schneiden
- Biegen
- Stanzen
- Formen
- Drehen
- Fräsen
- Bohren
- Sandstrahlen
- Zerspanen
- Aluminiumextrusion
- Guss- und Schmiedeteile
Metallverarbeitung ist Schlüsselbranche in Serbien
Das breite Spektrum an technischen Kapazitäten schafft internationale Nachfrage. Serbiens metallverarbeitende Industrie legt einen Exportrekord nach dem anderen hin. Die Ausfuhren legten zwischen 2022 und 2023 nominal um 14 Prozent auf über 1,2 Milliarden US-Dollar (US$) zu, meldet UN Comtrade. Damit stiegen die Ausfuhren – mit Ausnahme des Pandemiejahrs 2020 – seit sieben Jahren.
Zusammen mit den Ausfuhren der Metallindustrie bildet die Metallverarbeitung das Rückgrat der serbischen Exportwirtschaft: Die Branche steht für fast 12 Prozent aller Ausfuhrgüter. Im Land gibt es laut Statistikbehörde über 3.900 metallverarbeitende Betriebe, die rund 54.000 Angestellte beschäftigen. Die Branche prägen vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die sich häufig in Familienbesitz befinden.
Bizerba setzt bei Expansion auf Serbien
Ergänzt werden die originär serbischen KMUs durch mittelständische Unternehmen aus dem Ausland, immer häufiger auch aus Deutschland. Beispielhaft dafür sind Invesitionen wie von König Metall in Ivanjica oder Hansgrohe und Bizerba in Valjevo. Der weltweit führende Hersteller von Waagen sowie Lösungen in der Wiege-, Schneide- und Etikettiertechnologie nahm im April 2023 ein neues Werk in Betrieb. Bis zu 300 Mitarbeiter fertigen lokal für den Export ihrer Produkte nach Deutschland. Neben der Montage beheimatet das neue Bizerba-Werk auch eine vollautomatisierte Logistikzone.
Lieferanten im Westbalkan – So gelingt die Suche:
- Germany Trade & Invest bietet Informationen zu den Ländern, den wirtschaftlichen Entwicklungen und Rahmenbedingungen und weiterführende Informationen, beispielsweise die Sourcingstudie Westbalkan.
- Die Deutschen Auslandshandelskammern (AHK) haben Büros in Sarajevo, Belgrad und Skopje. Sie bieten passende Dienstleistungen bei der Suche nach geeigneten Lieferanten und begleiten auch vor Ort.
- Die Bundesregierung fördert die Beschaffung aus der Region mit einer eigenen Initiative. Dabei treffen einmal jährlich bei der Einkaufsinitiative Westbalkan deutsche Einkäufer in B2B-Meetings auf Lieferanten aus der Region.
- Mehr Länder nimmt das Procurement and Supply Forum für Mittel- und Osteuropa in den Fokus. Auch dabei treffen Einkäufer in B2B-Meetings auf Lieferanten.
- Online bietet die Plattform AHK Europe Suppliers eine Lieferantensuche an.
Auch in Bosnien und Herzegowina wichtigster Industriezweig
Über 950 Millionen US$ erreichten die Ausfuhren im Jahr 2023 in dem südosteuropäischen Land. Damit steht allein die Metallverarbeitung für ein Zehntel der Exporte in Bosnien und Herzegowina. Investitionen aus dem Ausland, eine hohe Nachfrage, aber auch Geberprojekte sorgten für ein starkes Wachstum der Branche in den vergangenen Jahren. Aktuell konsolidiert sich die metallverarbeitende Industrie. Dennoch ist sie die wichtigste Säule im verarbeitenden Gewerbe Bosnien und Herzegowinas: Mit rund 970 Firmen liegt sie auf Platz 1, knapp gefolgt von der Möbel- und Holzverarbeitungsindustrie.
RM-LH fertigt für deutsche Unternehmen
Ein Beispiel für einen mittelständischen Metallverarbeitungsbetrieb ist RM-LH. Der Lohnfertiger aus Zenica ist spezialisiert auf die Vorfertigung, Lieferung, Montage und Prüfung von Rohrleitungen sowie die Herstellung und Montage von Stahlkonstruktionen. Rund 90 Prozent der Produkte gehen in den Export. Die Firma baut eine weitere Schweißerei und Lackiererei und erweitert damit die Kapazitäten um 40 Prozent.
der Exporte in der Metallverarbeitung aus Serbien und Bosnien und Herzegowina gehen nach Deutschland.
Enge Verbindungen mit Deutschland – und China
Deutsche Firmen sind die wichtigsten Abnehmer von Metallprodukten aus Serbien und Bosnien und Herzegowina. Beide Länder exportierten im Jahr 2023 mit 229 Millionen US$ bzw. 206 Millionen US$ rund ein Fünftel ihrer verarbeiteten Metalle nach Deutschland. Vor allem als Lieferanten für die Autozuliefer- und Elektroindustrie sowie den Maschinen- und Anlagenbau ist der Westbalkan als Liefermarkt interessant.
Die Betriebe haben sich über die vergangenen Jahre deutlich weiterentwickelt. Selbst Kleinstbetriebe investieren in moderne Ausrüstung, zudem sind Zertifizierungen und Standards häufig vorhanden. Finanzielle Hilfe kam dabei von der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Sie hat mit dem EU4Business Programm rund 300 exportorientierte Betriebe bei Investitionen unterstützt. In Serbien wiederum hatte die nationale Regierung ein Programm zur Kofinanzierung bei der Anschaffung von Maschinen und Anlagen auf den Weg gebracht.
Made in Germany konkurriert mit made in China
Lokale Betriebe setzen gerne auf Maschinen und Anlagen "made in Germany". In beiden Ländern gehört Deutschland zu den Top 3 Lieferanten von Metallbearbeitungsmaschinen. Italien gilt traditionell als starker Wettbewerber. Seit Kurzem holt auch China auf und verdrängt Deutschland.
Die serbischen Importe von Metallbearbeitungsmaschinen aus Fernost legten zwischen 2018 und 2023 um über 660 Prozent zu und liegen mittlerweile auf Platz 1, wie Zahlen von UN Comtrade belegen. Das liegt einerseits an den Preisvorteilen, andererseits an den Direktinvestitionen aus China. So war das Land 2023 mit 800 Millionen Euro Serbiens wichtigster Investor – und die chinesischen Geldgeber setzen auf heimische Technik.
Kontaktadressen
Bezeichnung | Anmerkungen |
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Germany Trade & Invest | Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in Serbien | |
Delegation der Deutschen Wirtschaft in Bosnien und Herzegowina (AHK) | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in Bosnien und Herzegowina |
Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) | Zuständiger Verband für die Beschaffung |
Serbische Wirtschaftskammer | Metallverband mit Brancheninformationen |
Außenhandelskammer Bosnien und Herzegowinas | Brancheninformationen |
West Metal Group | Metallcluster für Westserbien |
Vojvodina Metal Cluster | Metallcluster für die Region Vojvodina |
Beogradski Sajam | Messestandort Belgrad |
Sarajevo Industry Fair | Industriemesse Sarajevo |