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Special Singapur Konnektivität

Recyclingwirtschaft: Grüne Pioniere schauen nach Südostasien

Singapur möchte bis 2030 zum abfallfreien Staat werden. Ein Berliner Recyclingunternehmen entwickelt dafür eine nationale Lösung. Die könnte Vorbild für ganz Südostasien werden.

Von Marcus Hernig | Bonn

Bereits seit 1968 bietet das Unternehmen Alba Berlin GmbH Entsorgungsdienstleistungen an. Im Fokus der Unternehmensaktivitäten stehen Kreislaufsysteme und Recycling zur Abfallvermeidung. Die Alba Group ist seit 2011 in China aktiv. Jahr 2015 konnte in Hongkong ein Recyclingsystem aufgebaut und betrieben werden. Außerdem entstand dort eine Recyclinganlage für Elektronikschrott. Nach diesen Erfolgen nimmt Alba nun Südostasien in den Blick. Dort entsteht ein großer Zukunftsmarkt für Abfallrecycling – mit Singapur im Zentrum.

Singapur setzt auf Plastikrecycling

Das 10 Scotts mitten in Downtown Singapur ist ein guter Ort, um über die Zukunft zu reden. Im futuristischen Ambiente der Bar erzählt Jakob Graf Lambsdorff von den Perspektiven für Alba und die deutsche Recycling-Branche. Er ist verantwortlich für die jüngsten Aktivitäten des Berliner Recycling-Dienstleisters in Singapur und Südostasien. "Das Herzstück unserer Aktivitäten ist die Plastic Recycling Association Singapore (PRAS), die wir gemeinsam mit der Auslandshandelskammer, der deutschen Botschaft und weiteren deutschen Unternehmen ins Leben gerufen haben."

Jakob Graf Lambsdorff, CEO Alba Singapur Jakob Graf Lambsdorff, CEO Alba Singapur | © Jakob Graf Lambsdorff

Das Ziel der Initiative besteht darin, den "Grünen Plan 2030" des Singapurer Ministeriums für Nachhaltigkeit und Umwelt umzusetzen. "Das Umweltministerium setzt auf Recycling von Feststoffabfall. Da wird der zukünftige Schwerpunkt liegen", weiß Jakob Lambsdorff. Plastik macht 25 Prozent des gesamten anfallenden Mülls im Stadtstaat aus. Die Regierung hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 sämtlichen Plastikmüll in Singapur zu recyceln. Das technische und logistische Know-how der deutschen Abfallmanager soll entscheidend dazu beitragen, die definierten Ziele bis 2030 Wirklichkeit werden zu lassen.

Plastikmüll ist eine von vier Säulen, um die sich das Berliner Unternehmen als Dienstleister kümmert. Die drei anderen sind Gefahrstoffe, Biomüll und das öffentliche Abfallmanagement. In allen Bereichen ist der Stadtstaat aktiv: "Plastikrecycling, Müllsammelstrategien, neue Pfandsysteme gehören dazu. Warenproduzenten sollen für das Recyceln des anfallenden Abfalls aufkommen. Das sind einige Maßnahmen, die in den Masterplan aufgenommen wurden", erläutert Jakob Lambsdorff. "Wir sollen die technischen Voraussetzungen dafür schaffen, die Logistik entwickeln und singapurische Unternehmen entsprechend fortbilden. Selbst recyceln dürfen wir allerdings noch nicht." Da befindet sich auch die Achillesferse des Projekts: Am Ende kann es sein, dass lokale Unternehmen den Profit einstreichen.

Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Recycling stehen noch am Anfang

Singapur ist bekannt für hohe technische Standards und ehrgeizige Pläne, sich zu einer "Smart Nation" zu entwickeln. Umso mehr erstaunt, wie sehr die drängenden Fragen von Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft bisher ausgeblendet wurden. "Müll wurde zwar schon früh verbrannt", erzähl Jakob Lambsdorff, "doch der notwendige Umstieg auf Recycling fällt schwer."

"Eine der ganz großen Herausforderungen für uns besteht darin, das Müllsammeln in den Wohngebieten zu managen", sagt Lambsdorff und verweist auf eines der großen Probleme der Region: "Für die Wohnblöcke in Singapur ist das Town Council mit seinen Angestellten zuständig. Die sammeln den Müll, wir holen ihn ab. Die Gehälter sind niedrig und manch einer möchte sich mit seinen Funden vor Ort etwas dazuverdienen. Da werden Trommeln aus Waschmaschinen oder Bauteile aus Klimaanlagen herausgefräst. Darin stecken wertvolle Rohstoffe, die etwas Geld bringen. Für uns lassen sie den Rest liegen. Dagegen gehen wir dann vor."

Erste Pilotprojekte in Südostasien laufen an

In den südostasiatischen Nachbarstaaten gibt es gar kein Town Council, das Sammler regulär beschäftigt. Dort leben ganze Bevölkerungsgruppen vom freien Müllsammeln. Ihr Einkommen ist sehr gering, da zwischen Flaschensammeln und Recyclingunternehmen noch andere stehen, die mitverdienen möchten. "Das ist eine unserer Visionen", so Lambsdorff, "diese freien Sammler in Indonesien, Malaysia oder Vietnam in unser System einzugliedern. Die Zwischenhändler zu reduzieren und sie im Endeffekt dadurch mehr verdienen zu lassen. Hinzu kommt der Aufbau einer rudimentären Sozial- und Krankenversicherung für diese Arbeitskräfte."

In Vietnam, Malaysia und Indonesien hat Alba bereits damit begonnen, zehntausende Flaschensammler in erste Pilotprojekte einzubinden, die mit lokalen Entsorgern in Bandung oder in Ho-Chi-Minh-Stadt organisiert werden. Dahinter steht die Entwicklung von Abfall-Management-Lösungen für neue Smart-City-Projekte in Indonesien, Vietnam und Thailand.

Deutsche Unternehmen: An der Spitze der Entwicklung

Der Markt beginnt, sich zu entwickeln. In den nächsten Jahren will Singapur westeuropäisches Niveau erreichen. Eine Vorreiterstellung ist bei der Elektromobilität zu erwarten. Noch liegt der Stadtstaat hier hinter europäischen Standards zurück. Doch die Signale sind deutlich: Die gesamte Fahrzeugflotte von Alba in Singapur soll ab 2025 elektrisch werden.

Das Plastikrecycling ist angelaufen. Zusammen mit den Singapurer Behörden organisieren die Berliner das Einsammeln der wertvollen Rohstoffe. Wenn Singapur es schaffen sollte, seine Recyclingpläne bis 2030 umzusetzen, kann dort das Zentrum eines Recyclingnetzes entstehen, in das ganz Südostasien mit seinem enormen Bedarf eingebunden sein wird. Für die grünen Technologien und Lösungen aus Deutschland ergeben sich hier große Zukunftschancen. "Deutsche, österreichische und Schweizer Unternehmen bilden zusammen mit den Skandinaviern die Spitze der Entwicklung. In Singapur sind unsere Mitbewerber andere deutsche Firmen", meint Jakob Lambsdorff dazu. Das ist eine sehr seltene Ausgangsposition.

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