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Wasserstoffkorridor zwischen Frankreich und Spanien geplant
Von Barcelona nach Marseille soll bis 2030 eine Pipeline für Wasserstoff entstehen. Durch die Rohre könnten bis zu 10 Prozent des in der EU erzeugten grünen Wasserstoffs strömen.
09.01.2023
Von Oliver Idem | Madrid
Die Regierungen von Spanien, Portugal und Frankreich haben sich auf ein grenzüberschreitendes Infrastrukturprojekt der Wasserstoffwirtschaft geeinigt. Dieses trägt nun den Namen H2med. In Spanien wird es wegen der Start- und Zielstädte Barcelona und Marseille auch BarMar genannt.
Zu dem Vorhaben gehören insgesamt zwei Verbindungen. Eine ist zwischen Celorico da Beira (Portugal) und Zamora (Spanien) vorgesehen. Für den weiteren Transport entsteht eine Pipeline zwischen Barcelona und dem französischen Marseille. Auch zwei Verdichterstationen in Zamora mit 12,6 Megawatt und in Barcelona mit 140 Megawatt gehören dazu. Schlüsselakteure werden die Übertragungsnetzbetreiber Enagás, GRTgaz, REN und Teréga aus den drei beteiligten Ländern sein.
Die beiden Pipelines sollen nach unterschiedlichen Prinzipien gebaut werden. Für das Teilstück zwischen Celorico da Beira und Zamora werden die nationalen Übertragungsnetzbetreiber die Errichtung und den Betrieb organisieren.
Für die große Unterwasserpipeline ist hingegen eine Konsortialbildung vorgesehen. In diesem Zusammenhang soll eine gemeinsame Erklärung durch Enagás, GRTgaz und Teréga unterzeichnet werden. Zunächst stehen Studien zur technischen Durchführbarkeit des Vorhabens auf dem Programm. Diese sollen etwa 35 Millionen Euro kosten.
Optimaler Streckenverlauf bereits ausgewählt
Aus drei Optionen wurde bereits eine für den Verlauf der Rohre ausgewählt. Diese Leitung würde in bis zu 2,6 Kilometer Tiefe verlegt und wäre 455 Kilometer lang. Die Variante hat einen entscheidenden Vorteil: Steigungen und Gefälle sind erheblich geringer als bei den beiden anderen Varianten. Im Gegenzug verläuft die ausgewählte Trasse allerdings in der größten Tiefe, was die Länge betrifft, rangiert sie im Mittelfeld.
Laut Schätzungen von Oktober 2022 müssen für die Leitung zwischen Barcelona und Marseille etwa 2,5 Milliarden Euro investiert werden. Hinzu kommen etwa 350 Millionen Euro für die Verbindung zwischen Spanien und Portugal. Der Wirtschaftszeitung Expansión beträgt die Amortisationsdauer zehn bis 20 Jahre, die Durchleitungsgebühren sind hier inkludiert.
Kenndaten | Celorico-Zamora | Barcelona-Marseille |
---|---|---|
Länge in Kilometer | 248 | 455 |
Durchmesser in Zoll | 28 | 28 |
Betriebsdruck in bar | 84 | 210 |
maximale Kapazität pro Jahr in Millionen Tonnen | 0,75 | 2 |
voraussichtliche Kosten in Millionen Euro | 350 | 2.500 |
Bauzeit ab Genehmigung in Monaten | 22 | 30 |
Die Pipeline ist nur für den Transport von Wasserstoff bestimmt. Anfangs war auch eine Nutzung für Gas erwogen worden. Zudem waren alternativ eine Pipeline durch die Pyrenäen oder eine Verbindung von Spanien nach Livorno in Italien durch das Mittelmeer diskutiert worden. Frankreich sperrte sich jedoch gegen das Pyrenäen-Projekt. Zudem wäre eine Verbindung zwischen Barcelona und Livorno wesentlich teurer geworden als H2med.
Durch die Konzentration auf nachhaltig erzeugten Wasserstoff unterstützt das Vorhaben die Dekarbonisierungsziele der Europäischen Union (EU). Darum setzen die beteiligten Länder zur Finanzierung der Pipeline insbesondere auf Finanzmittel der EU, die bis zu 50 Prozent der Kosten decken sollen.
Auf der Basis der technischen, finanziellen und regulatorischen Untersuchungen wird ein Zeitplan bis 2030 für den Bau der Wasserstoffleitung erstellt. Die Bauarbeiten sollen 2025 oder 2026 beginnen. Die Inbetriebnahme steht für 2030 auf dem Programm.
Baustein für den künftigen europäischen Wasserstofftransport
Zum Zeitpunkt 2030 wird sowohl mit einer hohen innereuropäischen Wasserstoffproduktion als auch mit einem erheblichen Importbedarf gerechnet. Konkret sollen dann sowohl 10 Millionen Tonnen Wasserstoff innerhalb der Staatengemeinschaft produziert als auch weitere 10 Millionen Tonnen importiert werden.
Die maximale Kapazität der Mittelmeerpipeline wird bei 2 Millionen Tonnen Wasserstoff pro Jahr liegen. Das entspricht rechnerisch 10 Prozent der für 2030 erwarteten Wasserstoffnachfrage in Europa.
Noch ist nicht klar, wieviel spanischer und französischer Wasserstoff durch die Röhren fließen wird. Dabei wird der Wasserstoff in Spanien auf Basis von Wind- und Sonnenenergie produziert, der aus Frankreich auf Basis von Atomstrom. Auf spanischer Seite wird 2030 aber in jedem Fall mit einer Produktion von grünem Wasserstoff gerechnet, der den inländischen Bedarf weit übersteigt. Damit ist die Pipeline insbesondere für den Export in Richtung Norden interessant. Marseille verfügt über herkömmliche Gaspipelines, mit denen auch eine Weiterverteilung von Wasserstoff nach Italien, Österreich und Süddeutschland möglich ist.
Stromtrasse durch den Golf von Biskaya weiterhin mit Verzögerung
Während das Wasserstoffprojekt Gestalt annimmt, kommt eine andere geplante Verbindung zwischen Spanien und Frankreich weiterhin kaum voran.
Dabei handelt es sich um eine insgesamt 400 Kilometer lange Stromtrasse durch den Golf von Biskaya. Diese soll aus zwei 400-Kilo-Volt-Leitungen von Gatika im Baskenland nach Cubnezais bei Bordeaux bestehen.
Nach Angaben der Tageszeitung El País zufolge, sollte der Bau bis 2027 abgeschlossen werden. Mit der Trasse könnten Spanien und Frankreich bis zu 4,8 anstatt bisher 2,8 Gigawatt Strom untereinander austauschen.
Zum Problem wird allerdings, dass die voraussichtlichen Baukosten seit den ersten Plänen 2017 stark zugelegt haben. Anstelle von 1,75 Milliarden Euro wird mittlerweile mit 2,7 Milliarden Euro gerechnet, vor allem wegen höherer Materialpreise.
Wie diese Mehrkosten aufgeteilt werden können, ist umstritten. In Spanien bestehen laut der Wirtschaftszeitung Cinco Días Bedenken, den Großteil der Kosten tragen zu müssen, während Frankreich mehr Nutzen aus dem Vorhaben ziehen könnte.
Ende November 2022 wurde immerhin mit einer baldigen Fertigstellung der Umweltverträglichkeitserklärung in Spanien gerechnet. Auf der französischen Seite dürfte es länger dauern, bis ein entsprechendes Dokument vorliegt.