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Recht kompakt | Spanien | Vergaberecht

Öffentliche Aufträge in Spanien

Das öffentliche Beschaffungswesen unterliegt dem WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) und den EU-weiten Rechtsvorschriften.

Von Nadine Bauer, Dr. Achim Kampf, Katrin Grünewald | Bonn

Gesetzesgrundlage für das spanische Vergaberecht ist das Gesetz über öffentliche Aufträge Nr. 9/2017 (Ley de Contratos del Sector Público). In diesem werden unter anderem die Vorgaben der Richtlinien 2014/24/EU und 2014/23/EU in spanisches Recht umgesetzt.

Ausschreibungsinformationen

Öffentliche Ausschreibungen werden grundsätzlich im Auftragnehmerprofil auf der Internetplattform Plataforma de Contratación del Sector Público veröffentlicht. Handelt es sich um Ausschreibungen von öffentlichen Auftraggebern, wird die Ausschreibung auch im spanischen Gesetzblatt (Boletín Oficial del Estado) veröffentlicht. Öffentliche Aufträge, die (europarechtlich) harmonisierten Vorschriften unterfallen, sind auch im Amtsblatt der Europäischen Union zu veröffentlichen. Letzteres ist der Fall, wenn die öffentlichen Ausschreibungen die europäischen Schwellenwerte (beispielsweise Liefer- und Dienstleistungsaufträge 215.000 Euro, Bauaufträge 5.382.000 Euro jeweils für die Jahre 2022 und 2023) überschreiten. Die wichtigste Informationsplattform hierfür ist das Tenders Electronic Daily (TED).

Anforderungen an den Bieter

Sowohl natürliche als auch juristische Personen – egal ob spanischer oder ausländischer Herkunft – können öffentliche Aufträge ausführen, wenn sie rechts- und geschäftsfähig sowie vertrauenswürdig sind und keinem Verbot zur Ausführung öffentlicher Aufträge unterliegen, Art 65 Gesetz Nr. 9/2017. Alternativ müssen sie, sofern es das Gesetz vorsieht, klassifiziert sein.

Das Kriterium der Vertrauenswürdigkeit (solvencia) betrifft sowohl wirtschaftliche und finanzielle als auch berufliche und technische Aspekte, Art. 74 Gesetz Nr. 9/2017. Je nach Ausschreibung müssen die Unternehmen nachweisen, dass sie die Mindestanforderungen an die Vertrauenswürdigkeit erfüllen.

Wird eine Klassifizierung in der Ausschreibung verlangt, entfällt der separate Nachweis der Vertrauenswürdigkeit. Die Klassifizierung (clasificación) wird bei bestimmten Arten von öffentlichen Aufträgen verlangt. Insbesondere geht es hierbei um Bauaufträge mit einem Auftragsvolumen von mindestens 500.000 Euro. Ausnahmen vom Erfordernis der Klassifizierung können für Unternehmer aus den EU-Mitgliedsstaaten gelten. Klassifizierung heißt, dass in Abhängigkeit von der Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens bestimmt wird, an welchen öffentlichen Ausschreibungen es teilnehmen kann. Die Klassifizierung auf nationaler Ebene nehmen die Klassifizierungskommissionen des Beirats des öffentlichen Auftragswesens (Junta Consultativa de Contratación Administrativa del Estado) vor. Auf Ebene der Autonomen Gemeinschaften gibt es ebenfalls entsprechende Einrichtungen. Die Klassifizierungsbeschlüsse werden von Amts wegen im Offiziellen Register der Bieter und klassifizierten Unternehmen (Registro Oficial de Licitadores y Empresas Clasificadas del Estado) eingetragen. Die Klassifizierung ist zeitlich unbefristet, sofern das Unternehmen weiterhin alle Voraussetzungen für die Klassifizierung erfüllt. Nichtsdestotrotz muss die wirtschaftliche und finanzielle Vertrauenswürdigkeit jährlich und die berufliche und technische Vertrauenswürdigkeit alle drei Jahre erneut nachgewiesen werden, Art. 82 Gesetz Nr. 9/2017.

Weitere praktische Informationen finden sich auf der Internetseite des Finanzministeriums.

Vergabeverfahren/Arten der Vergabe

Die im spanischen Vergaberecht vorgesehenen Arten der Vergabe entsprechen im Wesentlichen den deutschen Arten. Die zwei grundlegenden Vergabeverfahren sind:

  • Procedimiento abierto (Art. 156 ff. Gesetz Nr. 9/2017): Dieses stellt das spanische Pendant zu dem Offenen Verfahren in Deutschland dar. Charakteristisch für diese Art der Vergabe ist, dass sie sich an alle interessierten Teilnehmenden richtet. Dies bedeutet, dass jede Person, die meint, den ausgeschriebenen Auftrag ausführen zu können, ein Angebot abgeben kann.
  • Procedimiento restringido (Art. 160 ff. Gesetz Nr. 9/2017): Hierbei handelt es sich um das spanische Pendant zu dem Nicht-Offenen-Verfahren. Bei diesem Verfahren kann der öffentliche Auftraggeber bereits vorab einige Einschränkungen im Hinblick auf den Kreis der Teilnehmenden vornehmen. So kann er beispielsweise bestimmen, dass Angebote nur von solchen Teilnehmenden abgegeben werden können, die bestimmte Qualifikationsvoraussetzungen erfüllen. Daher muss sich der potentielle Teilnehmer zunächst darum bewerben, ein Angebot abgeben und an der Sitzung für die Öffnung der Angebote beiwohnen zu dürfen.

Anders als in Deutschland hat der öffentliche Auftraggeber in Spanien grundsätzlich das Recht, zwischen dem Offenen und Nicht-Offenen-Verfahren zu wählen. Darüber hinaus kennt das spanische Recht noch weitere Verfahren wie etwa das procedimiento con negociación (Verhandlungsverfahren) gemäß Art. 166 ff. Gesetz Nr. 9/2017 und den diálogo competitivo (Wettbewerblicher Dialog) nach Art. 172 Gesetz Nr. 9/2017. Diese Vergabearten dürfen allerdings nur in bestimmten, gesetzlich vorgesehenen Fällen zur Anwendung kommen. Mit dem Gesetz Nr. 9/2017 sind außerdem zwei neue Verfahrensarten hinzugekommen: zum einen das Vereinfachte Offene Verfahren (procedimiento abierto simplificado). Dieses Verfahren kann in den in Art. 159 Gesetz Nr. 9/2017 vorgesehenen Fällen angewendet werden und soll das Vergabeverfahren für bestimmte Aufträge vereinfachen und beschleunigen. Hinzugekommen ist zum anderen die Innovationspartnerschaft (asociación para la innovación). Diese ist in Art. 177 ff. Gesetz Nr. 9/2017 geregelt und soll innovative Produkte, Dienstleistungen oder Bauwerke fördern, die bisher nicht auf dem Markt erhältlich sind.

Rechtsschutz

Teilnehmende an einem spanischen Vergabeverfahren haben die Möglichkeit, eine Verletzung ihrer Rechte vor dem Zentralen Verwaltungsgericht für vertragliche Rechtsbehelfe (Tribunal Administrativo Central de Recursos Contractuales) zu beanstanden. Es ist auf nationaler Ebene insbesondere für die in Art. 44 Gesetz Nr. 9/2017 aufgezählten Fallkonstellationen zuständig.

Noch vor Einleitung des eigentlichen Verfahrens können die Betroffenen einstweilige Maßnahmen (medidas cautelares) beantragen, Art. 49 Gesetz Nr. 9/2017. Geht es um die Vergabe, wird die weitere Bearbeitung des Vergabeverfahrens in der Regel ausgesetzt. Das Zentrale Verwaltungsgericht erlässt in dem jeweiligen Verfahren einen Beschluss (resolución). Gegen diese Beschlüsse kann grundsätzlich binnen zwei Monaten das Verwaltungsgerichtsverfahren eingeleitet werden.

Der Betroffene kann Schadensersatz beantragen. Gegen ihn kann allerdings auch gemäß Art. 58 Abs. 2 Gesetz Nr. 9/2017 eine Geldbuße in Höhe von 1.000 bis 30.000 Euro verhängt werden, wenn er leichtfertig oder bösgläubig den Rechtsbehelf einlegt oder die vorläufigen Maßnahmen beantragt.

Weitere Informationen

Das spanische Finanzministerium (Ministerio de Hacienda) bietet Informationen rund um das Thema Vergaberecht auch in englischer Sprache. Zudem informiert die Europäische Union online zu den Regeln für die Vergabe öffentlicher Aufträge.

Einen Überblick über die Regelungen des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) der Welthandelsorganisation (WTO) bietet der GTAI-Beitrag WTO und öffentliche Beschaffung.

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