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Special | Südafrika | Klimawandel lokal

Südafrika ringt mit der Energiewende

Südafrika gehört zu den Ländern mit dem größten Anteil von Kohle am Energiemix weltweit. Entsprechend weit ist der Weg zur nachhaltigen Stromerzeugung. (Stand 02.03.2023)

Von Marcus Knupp | Berlin

Der Ausstieg aus der Kohle ist für Südafrika eine Mammutaufgabe. Rund 80 Prozent der Elektrizität werden in Kohlekraftwerken erzeugt. Das war lange Zeit eine einfache und preisgünstige Form der Stromversorgung. Auf die 15 Kohlekraftwerke entfielen 2021 zusammen 39,3 von insgesamt 53,7 Gigawatt Erzeugungskapazitäten. Nicht nur müssen diese durch emissionsarme Formen der Stromerzeugung ersetzt werden. Mit neuen Technologien wie Elektrofahrzeugen oder der Produktion von grünem Wasserstoff kommen große zusätzliche Bedarfe hinzu.

Das alles vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise. Zwar reichen die installierten Kapazitäten des staatlichen Energieversorgers Eskom theoretisch ohne weiteres, um Nachfragespitzen (2021 bei 35 Gigawatt) abdecken zu können. Allerdings waren im Herbst 2022 nur circa 25 Gigawatt einsatzbereit. Die Folge: Um Netzstabilität zu gewährleisten, nimmt Eskom regelmäßig Kapazitäten vom Netz. Für die Verbraucher bedeutet dies fast tägliche Stromabschaltungen. Die Ursache: Nach jahrelangen Unterinvestitionen, durch Wartungsstau und aufgrund technischer Probleme sogar bei neuen Kraftwerken, ist ein erheblicher Teil des Anlagenparks nicht voll einsatzfähig.

Gerechte Energiewende möglich?

Wenn das Ziel der Energiewende ist, den maroden alten Kraftwerkspark stillzulegen, sollte dies die Dinge eigentlich beschleunigen. Das erste Hindernis auf diesem Weg ist der enorme Schuldenberg. Mit rund 21,2 Milliarden Euro steht Eskom in der Kreide. Hinzu kommt, dass dringend notwendige Reformen der Konzernstruktur und der inneren Abläufe nicht in Gang kommen. Mit der im Februar 2023 erklärten Übernahme von circa 60 Prozent der Schulden will die Regierung dem Versoger in den nächsten drei Jahren Handlungsspielraum verschaffen. Politisch geht es zudem um bis zu 300.000 Arbeitsplätze, die im Kohlebergbau und emissionsintensiven Branchen bis 2050 verloren gehen könnten.

Genau hierauf zielt der erste Begriff der "Just Energy Transition", einer gerechten Energiewende. Nach Berechnungen der Weltbank könnten im selben Zeitraum bei einem konsequenten Umbau der Wirtschaft bis zu 815.000 neue Jobs entstehen. Den Fahrplan für die ersten fünf Jahre hat die südafrikanische Regierung mit dem Just Energy Transition Investment Plan (JET IP) 2023-2027 im November 2022 vorgelegt. Allein für diese Initialphase veranschlagt der Investitionsplan einen Finanzbedarf vom 98,7 Milliarden US-Dollar (US$).

8,5 Milliarden US$ als Starthilfe

Den Rahmen bildet das im November 2021 auf der Weltklimakonferenz in Glasgow (COP26) vereinbarte Just Energy Transition Partnership (JETP) mit Südafrika. Internationale Partner sind das Vereinigte Königreich, Frankreich, Deutschland, die USA und die EU. Gemeinsam wollen sie Südafrika mit 8,5 Milliarden US$ bei seiner Energiewende unterstützen. Angesichts der Größe der Aufgabe und des prognostizierten Bedarfs kann dies nur eine Initialzündung sein. Der weit überwiegende Teil der Investitionen soll denn auch aus der Privatwirtschaft kommen. Dafür braucht es interessante Geschäftsfelder, potenzielle Investoren und passende Rahmenbedingungen.

Finanzierung der Just Energy Transition durch die Partnerländer (in Millionen US-Dollar)

Partner

Zuschuss

Vergünstigte Kredite

Kommerzielle Kredite

Garantien

Insgesamt

Climate Investment Fund (CIF)

50

2.555

0

0

2.605

Europäische Union (EIB)

35

1.000

0

0

1.035

Deutschland

198

770

0

0

968

Frankreich

2,5

1.000

0

0

1.002,5

Vereinigtes Königreich

24

0

500

1.300

1.824

USA

20,2

0

1.000

0

1.020,2

Zusammen

329,7

5.325

1.500

1.300

8.454,7

Euro-Beträge wurden im JET IP zum Kurs von 1:1 in US-Dollar übertragen. Dadurch ergeben sich Schwankungen im ZeitverlaufQuelle: Just Energy Transition Investment Plan (JET IP) 2023-2027

Erste Schritte in diese Richtung sind gemacht. So ist es seit Juni 2021 möglich, ohne Lizenzierung durch die nationale Regulierungsbehörde Nersa eigene Anlagen zur Stromerzeugung mit einer Kapazität von maximal 100 Megawatt zu betreiben. Im Juli 2022 kündigte Präsident Cyril Ramaphosa die komplette Abschaffung einer Obergrenze an. Angebote, die schnell aufgenommen werden - nicht zuletzt in Anbetracht der unzuverlässigen Stromversorgung. Nach Angaben der Organisation Minerals Council South Africa befanden sich im Herbst 2022 beispielsweise bereits 89 derartiger Projekte von 29 Bergbauunternehmen in der Pipeline. Die Europäische Investitionsbank (EIB) stellte im November eine Kreditlinie von 200 Millionen Euro zur Finanzierung solcher Vorhaben zur Verfügung. Die KfW Entwicklungsbank und die Französische Entwicklungsbank (AFD) stellen jeweils weitere 300 Millionen Euro bereit.

"Man braucht Emissionen, um Emissionen abbauen zu können"

Für den Klimaschutz hat Südafrika einige Bedeutung. Das Land stand 2021 auf Platz 14 der weltweit größten Emittenten von Kohlendioxid. Ein erheblicher Teil davon stammt vom Kohleverstromer Eskom und dem auf Kohlechemie spezialisierten Unternehmen Sasol. Eine Dekarbonisierung allein bei diesen Unternehmen könnte also eine deutliche Reduzierung der Treibhausgasemissionen bewirken. Das macht Südafrika aus Sicht der globalen Klimapolitik interessant. Valli Moosa, der operative Vorsitzende der Presidential Climate Commission (Vorsitzender: Präsident Ramaphosa), hat es Ende 2021 in einem Interview mit der Zeitung Daily Maverick auf den Punkt gebracht: "Man braucht Emissionen, um Emissionen abbauen zu können."

Das kostet dann aber eine Menge, gleichgültig wie man vorgeht. Neue Energiequellen müssen erschlossen werden. Alte Kraftwerke müssen nicht nur abgeschaltet, sondern auch demontiert und Umweltschäden beseitigt werden. Erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie benötigen eine andere Infrastruktur. Allein 12 der 15 Kohlekraftwerke von Eskom stehen in der Provinz Mpumalanga im Nordosten Südafrikas. Darauf sind auch die Übertragungsleitungen ausgerichtet. Da nicht alle zukünftigen Wind- und Solarparks ebenfalls in Mpumalanga stehen können, muss das Netz komplett umgebaut werden.

Sonne, Wind und Wasserstoff

Der JET IP priorisiert an erster Stelle den Elektrizitätssektor. Die beiden anderen Schwerpunkte des Programms sind nachhaltige Mobilität und Wasserstoffwirtschaft. Rund zwei Drittel des für die nächsten fünf Jahre definierten Finanzbedarfs entfällt auf den Umbau der Stromerzeugung, vor allem den sukzessiven Ersatz der Kohlekraftwerke durch Erneuerbare Energien, Anpassungen im Übertragungsnetz sowie grundlegende Modernisierungen bei den kommunalen Versorgungsunternehmen. Daraus ergibt sich eine Vielzahl von Geschäftschancen in Planung, Bildung, Lieferung von Technologie und Betrieb von Anlagen.

Finanzierungsbedarf des JET IP 2023-2027

Sektor

Bedarf (in Mrd. US$)

Elektrizität

47,2

Fahrzeuge

8,5

Grüner Wasserstoff

21,2

Qualifizierung

0,18

Kommunale Versorgungsunternehmen

21,3

Insgesamt

98,7

Quelle: Just Energy Transition Investment Plan (JET IP) 2023-2027

Weitere Informationen

Einen Überblick zur Dekarbonisierung der Wirtschaft in Südafrika gibt der gemeinsam von Germany Trade & Invest und der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) herausgegebene Klimaschutzatlas.


Die geplanten Investitionen in die Energiewende in Südafrika enthält der Just Energy Transition Investment Plan (JET IP) 2023-2027.


Den Aufbau der nötigen Fachkenntnisse für die Energiewende in Südafrika analysiert die Energy Skills Roadmap South Africa 2023.

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