Die rapide Alterung der Menschen und ein hoher Wohlstand treiben die Nachfrage nach Medizintechnik in Südkorea voran. Die Regierung erweitert die Kassenleistungen.
Laut dem Ministry of Food and Drug Safety (MFDS) nahm der Markt für Medizintechnik in Südkorea 2021 um 24,9 Prozent auf 8 Milliarden US-Dollar (US$) zu. In den kommenden Jahren wirkt sich vor allem die schnelle Alterung der Bevölkerung bei gleichzeitig bereits hohem Wohlstand positiv auf die Nachfrage nach Medizintechnik aus.
Südkoreaner müssen sich in der gesetzlichen Krankenkasse National Health Insurance Service (NHIS) versichern. Die Regierung unter Präsident Moon, die bis Mai 2022 im Amt war, hat den Leistungsumfang der NHIS weiter erhöht. Für die Regierung von Präsident Yoon steht zunächst das Abbremsen des Ausgabenzuwachses im Vordergrund. Kurzfristig bremsend auf das Marktvolumen in US$ wirkt sich die Abwertung des südkoreanischen Won gegenüber dem US$ im 2. Halbjahr 2022 aus.
Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) lag der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP in Südkorea 2021 mit 8,8 Prozent unter dem OECD-Schnitt von 9,5 Prozent. Allerdings rückt Südkorea immer näher an den Durchschnitt heran. Noch 2015 betrugen die Gesundheitsausgaben 6,7 Prozent des BIP bei einem OECD-Mittel von 8,7 Prozent.
Moderne Medizintechnik wird importiert
Bisher gibt es nur wenige Altenheime, da die häusliche Pflege traditionell im familiären Umfeld erfolgte. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Geburtskliniken ab. Die Geburtenrate verringerte sich zwischen 2015 und 2021 noch einmal stark von 1,24 auf 0,81. Das ist mit Abstand der geringste Wert innerhalb der OECD.
Es besteht eine hohe Versorgungsdichte pro Kopf mit moderner Medizintechnik wie Magnetresonanztomographen (MRI, Rang drei in der OECD im Jahr 2020), Mammographen (Rang drei) und Computertomographen (CT, Rang sechs). Künftig dürften neben dem stärkeren Einsatz von Robotern vor allem nicht-invasive und minimalinvasive Analyse- und Behandlungsgeräte insbesondere für ältere Menschen gute Absatzmöglichkeiten bieten. Ebenso sind Dentalimplantate sowie Dermalfiller aufgrund des großen Markts für Schönheitschirurgie gefragt.
Südkorea importierte 2021 laut dem MFDS 67 Prozent des Bedarfs an Medizintechnik. Bei hochwertigen Instrumenten der beiden höchsten Risikoklassen, die reichlich die Hälfte des Marktvolumens umfassen, liegt die Importquote bei etwa 90 Prozent.
Wichtige Importgüter waren 2021 Werkzeuge für Proben (409 Millionen US$), multifokale intraokulare Linsen (224 Millionen US$), Ultraschalldiagnosegeräte (141 Millionen US$), therapeutische Beschleuniger für geladene Teilchen (113 Millionen US$), weiche Kontaktlinsen für den täglichen Gebrauch (130 Millionen US$), MRI (125 Millionen US$), disponible Dialysegeräte (90 Millionen US$), CT (89 Millionen US$), medizinische Handschuhe (87 Millionen US$), Medikamente freisetzende koronare Arterien-Stents (87 Millionen US$), Brillengläser (79 Millionen US$) und Elektroden für handkontrollierte elektrochirurgische Systeme (73 Millionen US$).
Deutschland ist der zweitwichtigste Lieferant
Die wichtigsten Lieferländer waren laut dem MFDS die USA (2,2 Milliarden US$), vor Deutschland (792 Millionen US$), China (658 Millionen US$), Japan (511 Millionen US$) und der Schweiz (202 Millionen US$). Die Importe aus Deutschland zogen mit einem Plus von 3 Prozent deutlich langsamer an als die gesamten Importe (+20,8 Prozent) an.
Aus Deutschland bezog Südkorea 2021 vor allem Röntgenapparate und Teile (für 84,3 Millionen US$) und Röntgenröhren (19,5 Millionen US$), darunter vor allem CT (32,6 Millionen US$) und Angiographiegeräte (15,3 Millionen US$), künstliche Nieren und Hämodialysegeräte (85,3 Millionen US$), MRI (33,3 Millionen US$), ophthalmologische Geräte (40,6 Millionen US$), zahnmedizinische Geräte (29,7 Millionen US$), künstliche Gelenke (9,5 Millionen US$), andere künstliche Körperteile und Organe (24,5 Millionen US$). Die Importe von Kontaktlinsen aus Deutschland stiegen in den ersten zehn Monaten von 2022 auf 6,5 Millionen US$.
Viele neue Krankenhausprojekte
Vor allem im Großraum Seoul mit Seoul, Incheon und der Provinz Gyeonggi entstehen neue Krankenhäuser oder werden bestehende erweitert. Neben den in der Tabelle aufgeführten Projekten gibt es weitere Vorhaben mit mehr als 500 Betten in Gimpo (Provinz Gyeonggi, Inha University Hospital), Naepo New Town (Provinz Süd-Chungcheong, Myungji Hospital), in Pyeongtaek Brain City (Provinz Gyeonggi, Ajou University Hospital) und in Wonji-dong im Stadtbezirk Seocho (städtisches Krankenhaus). Der geplante Baubeginn ist bei diesen Vorhaben jedoch später als bei denen in der Tabelle.
Aktuelle Krankenhausprojekte in Südkorea (Auswahl; Investitionssummen in Millionen US-Dollar)Projekt | Investitionssumme | Projektstand/Bauzeit |
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Bau der Cheongna Medical Town in der Incheon Free Economic Zone (IFEZ) | 1.800 | 2023-2028; geplant sind 800 Betten |
Paju Medical Cluster (Provinz Gyeonggi) | 1.130 | 2023-2024; soll neben Krankenhaus auch Forschungskomplex enthalten |
Umbau des Chunnam National University Hospital (Provinz Süd-Jeolla) | 900 | 2022-2037 New Smart Hospital; 1. Stufe bis 2030: 700 Betten; 2. Stufe bis 2037: 600 Betten |
Gachon University Gil Medical Center (Seoul) | k.A | Baubeginn 2024; geplant sind 1.200 Betten |
Ucheong/Geumcheon Hospital in Seoul | 450 | 4. Quartal 2022-2026; geplant sind 810 Betten |
Seoul National University Hospital in Siheung Bagot (Provinz Gyeonggi) | 400 | 2023-2027; geplant sind 800 Betten |
Severance Hospital in Songdo (Incheon) | k.A. | Ende 2022-2026; geplant sind 800 Betten |
Asan Medical Center in Cheongna (Provinz Gyeonggi) | k.A | 2023-2026; geplant sind 800 Betten |
Gunsan Jeonbuk National University Hospital in Gunsan (Provinz Nord-Jeolla) | 225 | Ende 2023-2027; geplant sind 500 Betten |
Goodmorning Hospital in Pyeongtaek (Provinz Gyeonggi) | k.A. | 2023-2025; geplant sind 500 Betten |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest
Gut funktionierendes Gesundheitssystem
Südkorea verfügt über ein sehr gutes Gesundheitssystem, das zu vergleichsweise niedrigen Kosten ein hohes Niveau an medizinischer Versorgung bietet. Arzttermine sind in der Regel schnell verfügbar. Die Coronapandemie hat das Land bisher sehr gut bewältigt. Eine Besonderheit sind im OCED-Vergleich relativ hohe private Zuzahlungen bei Behandlungen. Der Anteil der Zuzahlungen ist allerdings in den letzten Jahren gesunken. In absoluten Beträgen waren diese 2021 pro Kopf etwa so hoch wie in Deutschland.
Unter den vielen medizinischen Einrichtungen am weitesten verbreitet sind Zahnarztpraxen und Praxen koreanischer Medizin. Von 2015 bis zum 3. Quartal 2022 stieg die Zahl spezialisierter Einrichtungen in den Bereichen Psychiatrie (+75 Prozent), Reha (+53 Prozent), Neurologie (+63 Prozent), Anästhesie und Schmerzmedizin (+46 Prozent), Neurochirurgie (+43 Prozent), Schönheitschirurgie (+31 Prozent), Orthopädie (+30 Prozent) und Dermatologie (+22 Prozent) deutlich. Die Zahl der Kinderarztpraxen sank dagegen leicht. Die stationäre Versorgung erfolgt über Krankenhäuser.
Spezialisierte Einrichtungen in Südkorea (Auswahl)*Fachbereich | Anzahl |
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Zahnarztpraxen und -kliniken | 19.040 |
Praxen und Kliniken koreanischer Medizin | 15.121 |
Praxen für Innere Medizin | 5.262 |
Orthopädiepraxen | 2.466 |
Kinderarztpraxen | 2.129 |
Augenarztpraxen | 1.704 |
Psychiatrie | 1.491 |
Hautarztpraxen | 1.415 |
Anästhesie und Schmerzmedizin | 1.331 |
Geburtshilfe- und Gynäkologie Praxen | 1.317 |
* im 3. Quartal 2022Quelle: Health Insurance Review & Assessment Service, NHIS, Statistics Korea
Große Krankenhäuser führend bei anspruchsvollen Behandlungen
Bei komplizierteren Fällen versuchen die Patienten in der Regel in die besten Krankenhäuser in Seoul oder anderen Großstädten zu kommen. Die größten Krankenhäuser sind Asan Medical Center, Severance Medical Center, Samsung Medical Center, Seoul National University Hospital und Seoul St. Mary’s Hospital. Diese haben jeweils einen Umsatz von etwa einer bis zwei Milliarden US$. Wichtige Institutionen außerhalb von Seoul sind das Pusan University Hospital, das Seoul National University Bundang Hospital, das Ajou University Medical Center in Suwon, das Chungnam University Hospital in Daejeon und das Gacheon University Gil Medical Center in Incheon.
Die Zahl der Ärzte pro Kopf ist im OECD-Vergleich relativ gering. Dafür war die Zahl der Krankenhausbetten pro Einwohner 2020 die höchste unter den OECD-Ländern und deutlich höher als der Vergleichswert für das in diesem Bereich ebenfalls gut aufgestellte Deutschland.
Rahmendaten zum Gesundheitssystem in SüdkoreaIndikator | Wert |
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Einwohnerzahl (2022 in Mio.) | 51,6 |
Bevölkerungswachstum (2022 in % p.a.) | -0,2 |
Altersstruktur der Bevölkerung (2022) | |
Anteil der unter 14-Jährigen (in %) | 11,5 |
Anteil der über 65-Jährigen (in %) | 17,5 |
Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2020 in Jahren) | 83,5 |
Verfügbares monatliches Einkommen pro Kopf (2021 in US$) | 1.339 |
Gesundheitsausgaben pro Kopf (2021 in US$) | 3.047 |
Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2021 in %) | 8,8 |
Ärzte/1.000 Einwohner (2021) *) | 2,57 |
Zahnärzte/1.000 Einwohner (2021) | 0,53 |
Krankenhausbetten/1.000 Einwohner (2021), davon | 14,0 |
Privat | 12,8 |
Öffentlich | 1,2 |
*) Ärzte (2,13) und Ärzte koreanischer Medizin (0,44)Quelle: Statistics Korea, MFDS, OECD
Von Frank Robaschik
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Seoul