Einkäufer von Elektronik kommen an Taiwan nicht vorbei

Elektronische Komponenten aus Taiwan sind in globalen Lieferketten von kritischer Bedeutung. Darin sind sich alle Experten einig. Unternehmen auf der Insel produzieren lokal oder in ihren internationalen Tochterunternehmen die Chips, Grafikkarten, Mikrocontroller wie auch Server für Datenzentren oder leistungsstarke Computer für den weltweiten Einsatz.

Insbesondere die Lieferkettenprobleme durch die Coronapandemie und die Fortschritte in Anwendungen von künstlicher Intelligenz (KI) haben bei den Handelspartnern das in Taiwan vorhandene Know-how und die Fertigungstechnologie im Bereich Elektronik deutlicher vor Augen geführt. Das reicht von Legacy-Erzeugnissen für Konsumelektronik und Elektroautos bis zu fortschrittlichsten Chips für künstliche Intelligenz, die gegenwärtig fast nur Taiwan liefern kann. 

Deutsche Beschaffungsaktivitäten geschrumpft 

Deutsche Unternehmen, wie unter anderem Infineon, Elmos, Bosch und Siemens, die auf die Zulieferung von elektronischen Teilen und Informationstechnik angewiesen sind, lassen diese teilweise in Taiwan fertigen und beschaffen auch andere Komponenten von dort. Aufgrund der schwachen konjunkturellen Entwicklung in Deutschland und dessen Absatzmärkten haben die deutschen Firmeneinkaufsabteilungen zumindest 2024 jedoch deutlich weniger bestellt.

Deutschland beschaffte laut taiwanischer Zollstatistik 2024 aus Taiwan Produkte der Informations- und Elektronikindustrie im Wert von 2,6 Milliarden US-Dollar (US$), was allerdings mit -31 Prozent deutlich unter dem Vorjahreswert lag. Darunter ging bei integrierten Schaltungen der Beschaffungswert noch stärker zurück und sank auf 1 Milliarde US$. Dagegen weisen weltweit betrachtet die Exportbestellungen, die taiwanische Firmen 2024 erhielten, eine weiter steigende Nachfrage auf.

Elektronik ist Taiwans wichtigster Wachstumsmotor

Die Informationstechnik- und Elektronikbranchen sind mit einem Anteil an der Gesamtproduktion von fast 42 Prozent Kernbereiche der industriellen Wertschöpfung Taiwans. Die Wachstumsaussichten sind gut. Das taiwanische Industrial Technology Research Institute erwartet im Jahr 2025 einen Produktionszuwachs von 7,5 Prozent, aufbauend auf einem bereits starken Jahr 2024, das ein Wachstum von 5,4 Prozent hervorbrachte.

Von höherer internationaler Nachfrage sollen 2025 nicht nur die Chip- und Server-Hersteller, sondern auch die Computerproduzenten profitieren. Denn die Kunden werden ihre Ausstattung auf leistungsfähigere Notebooks aufrüsten, um datenintensive KI-Programme verarbeiten zu können. Allerdings stammen die Vorhersagen der Branchenverbände aus der Zeit vor dem Amtsantritt des US-Präsidenten Trump, der die Dynamik mit seiner Politik zur Re-Amerikanisierung industrieller Wertschöpfung etwas abbremsen könnte.

Zwischen Handelskonflikt und Produktionserfolg

Zudem bleibt der bereits mehrere Jahre andauernde Handelskonflikt zwischen den USA und China um Hochtechnologie akut, was die Produktion und Beschaffung von Elektronik beeinflusst. Einige taiwanische Unternehmen haben ihre Produktion aus China verlagert, zum Teil zurück nach Taiwan, zum größeren Teil in andere Länder, etwa in Südostasien oder auch nach Mexiko.

Die Produktion wie auch das Verpacken und Testen vor allem von hochwertigen Halbleitern bleibt auf der Insel. Hier ist fast die gesamte Wertschöpfungskette vorhanden. Der Produktionswert der Informationstechnik- und Elektronikindustrie überstieg 2024 die Marke von 250 Milliarden US$. Die Ausfuhren der Branchen kamen auf einen Wert von 293 Milliarden US$. Rund zwei Drittel der Gesamtexporte der Insel entfielen 2024 auf integrierte Schaltungen sowie Informations- und Kommunikationstechnik.

Taiwan zählt viele Branchenfirmen

Viele Unternehmen in Taiwan sind auf Auftragsfertigung ausgerichtet. Insbesondere die Foundries - Chiphersteller ohne eigenes Produktangebot - zählen Hunderte von Unternehmen aus den USA, Europa und Japan zu ihren Kunden. Dabei ragt sicherlich die Foundry TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Corp.) heraus, die mehr als 500 Firmen mit kundenspezifischen Halbleitern unterschiedlichster Leistungsfähigkeit bedient.

Das gesamte Elektronik- und IKT-Ökosystem in Taiwan umfasst jedoch Tausende von Akteuren. Laut Angaben des Ministry of Finance waren auf der Insel im Jahr 2024 circa 5.700 Firmen aktiv, die elektronische Teile und Komponenten erzeugten, und weitere rund 2.900 Firmen, die Computer, Kommunikationsausrüstung und optische Erzeugnisse herstellten. In der kapitalintensiven Halbleiterindustrie sind es Großunternehmen, die in der Branche den Ton angeben. Bei elektronischen Teilen finden sich auch viele mittelgroße Firmen.

Gut geöltes Ökosystem erleichtert Beschaffung

Taiwans Firmen gehören in der Elektronikindustrie zur Weltspitze in der Fertigung und im Qualitätsniveau. Neben jahrzehntelanger Erfahrung hängt dies auch damit zusammen, dass hohe Investitionen in die kontinuierliche Modernisierung und Automatisierung der Produktionslinien fließen. Dies wird unterstützt durch staatliche Programme und Forschungs- und Entwicklungsanreize.

Viele Branchenunternehmen finden sich in Industrieclustern, die sich in Taiwan auf sogenannte Science-Parks im nördlichen (Hsinchu Science Park), mittleren (Central Taiwan Science Park) und südlichen (Southern Taiwan Science Park) Teil der Insel verteilen. Die Verzahnung zwischen Entwicklung und Fertigung ist eng und eine gute Infrastruktur unterstützt ein reibungsloses Logistiksystem.