Wirtschaftsumfeld | Tschechische Republik | Investitionsklima
Investitionsklima profitiert von der starken Industrie
Deutschland ist der drittgrößte Auslandsinvestor in Tschechien. Besonders die lange Industrietradition und die gut ausgebildeten Fachkräfte überzeugen viele Unternehmen.
30.01.2024
Von Gerit Schulze | Prag
Die Automobilproduktion ist das Aushängeschild der tschechischen Industrie. Dennoch ist die Wirtschaftsstruktur sehr diversifiziert. Das macht das Land attraktiv für Investoren aus vielen Branchen. Für den Standort sprechen nach Meinung der deutschen Unternehmen vor allem die Marktgröße und die Nähe zu den Kunden. Zu den Qualitäten zählen zudem die EU-Mitgliedschaft, die Zahlungsdisziplin und die akademische Ausbildung.
Das zuverlässige lokale Zulieferernetz gewinnt mit Blick auf die geopolitischen Unsicherheiten und brüchige Lieferketten weiter an Bedeutung.
Hohe Energiepreise schaden der Wettbewerbsfähigkeit
Dennoch hat Tschechien zuletzt an Attraktivität bei Investoren eingebüßt. Das Land bewältigte die Folgen der Coronapandemie langsamer als andere Volkswirtschaften. Die im regionalen Vergleich nun sehr hohen Strom- und Gaspreise beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Unternehmen. Die Inflationsrate war bis 2023 höher als in den meisten anderen Ländern Europas.
Außerdem gehen Tschechien die Fachkräfte aus. Im Land mit der niedrigsten Arbeitslosenquote der EU herrscht praktisch Vollbeschäftigung. Die Zuwanderung von Arbeitskräften ist politisch nicht erwünscht, sodass Tschechien inzwischen nach Slowenien die höchsten Löhne in Mittelosteuropa hat. Laut Eurostat lagen die durchschnittlichen Arbeitskosten je Stunde 2022 bei 16,40 Euro (Slowakei 15,60 Euro; Polen 12,50 Euro).
Große Grundstücke schwerer zu finden
Außerdem wird es schwerer, geeignete Baugrundstücke zu finden, denn das Umweltministerium will dem Flächenverbrauch engere Grenzen setzen. Eine Novelle des Gesetzes zum Schutz des landwirtschaftlichen Bodens soll verhindern, Agrarland umzuwidmen und darauf größere Industrie- und Gewerbeparks zu errichten. Das könnte Großinvestitionen auf der grünen Wiese künftig erschweren.
Zugleich regt sich von Plzeň bis Ostrava häufiger lokaler Widerstand gegen größere Bauvorhaben. Das musste zuletzt unter anderem der Volkswagen-Konzern erleben, der bei Plzeň auf einem Flughafengelände eine Batterieproduktion plante.
Nachbarländer zuletzt erfolgreicher
Dieser Mix aus Negativfaktoren führte dazu, dass Tschechien in den vergangenen Jahren kaum noch große Neuansiedlungen gewinnen konnte - im Unterschied zu den Nachbarländern Deutschland, Polen und Slowakei.
Anders sieht es bei den Unternehmen aus, die bereits im Land engagiert sind. Sie reinvestieren ihre Gewinne häufig in den Ausbau ihrer tschechischen Aktivitäten, in die Automatisierung der Produktionsabläufe sowie in Forschung und Entwicklung.
Das kommt auch den Plänen der Regierung entgegen, das Image des Landes als verlängerte Werkbank westlicher Konzerne abzustreifen und Investoren zu mehr Wertschöpfung zu verpflichten.
Staat sichert sich Assets im Energiesektor
Zugleich versucht die Regierung, wichtige Unternehmen der Energieversorgung wieder unter staatliche Kontrolle zu bringen. Der größte Stromerzeuger ČEZ gehört zu knapp 70 Prozent dem Staat, der Übertragungsnetzbetreiber ČEPS ist komplett staatlich. Ende 2023 hat ČEPS außerdem die Erdgasspeicher von RWE Gas Storage CZ übernommen und den Betreiber des Gastransportnetzes Net4Gas gekauft.
Deutschland ist drittgrößter Auslandsinvestor
Der Bestand ausländischer Direktinvestitionen in Tschechien betrug 2021 über 200 Milliarden US-Dollar (US$). Deutschland liegt unter den größten Herkunftsländern auf Rang 3. Auf den ersten beiden Plätzen rangieren die Niederlande und Luxemburg, die aus steuerlichen Gründen ein beliebter Holdingsitz sind. Hinter Deutschland folgen Österreich, Frankreich, Zypern und die Schweiz.
Die wichtigsten Zielbranchen für ausländische Investoren sind der Finanzsektor und das verarbeitende Gewerbe. Auf sie entfallen jeweils rund ein Viertel des Gesamtbestands. Außerdem sind der Immobilienerwerb und der Groß- und Einzelhandel beliebte Sektoren.
Die deutschen Direktinvestitionen hatten ihren Höchstwert 2017 erreicht – mit einem Bestand von 31,1 Milliarden Euro. Seitdem haben die Unternehmen über 4 Milliarden Euro Gewinne und Anlagekapital aus Tschechien abgezogen.
Starkes Engagement im Fahrzeugbau
Über ein Viertel der deutschen Direktinvestitionen ist in das verarbeitende Gewerbe geflossen. Dazu beigetragen hat das starke Engagement in der Automobilindustrie mit Volkswagen, Continental, Schaeffler und weiteren Zulieferern. Auch die Metallindustrie und der Maschinenbau sind wichtige Zielbranchen.
Rund 18 Prozent der Investitionen entfielen auf den Groß- und Einzelhandel. Deutsche Handelskonzerne wie die Schwarz-Gruppe, Rewe, Metro und Globus kontrollieren einen Großteil des tschechischen Handels mit schnelldrehenden Konsumgütern (FMCG). Außerdem haben deutsche Konzerne wie E.ON, RWE oder EnBW stark in den Energiesektor investiert. Zum Teil wurden diese Aktivitäten wieder zurückgefahren oder verkauft.
Unternehmen | Branche | Angestellte | Standorte |
---|---|---|---|
Škoda Auto | Pkw-Produktion | 35.000 | 3 |
Continental | Produktion von Reifen und Kfz-Teilen | 10.600 | 8 |
Bosch | Produktion von Kfz-Teilen und Heiztechnik | 8.000 | 8 |
Siemens | Produktion von Motoren und Automatisierungsteilen | 10.000 | 23 |
T-Mobile | Telekommunikation | 3.200 | ca. 50 |
Kaufland | Einzelhandel | 25.000 | ca. 140 |
Investitionsförderung: Direkte Zuschüsse sind selten
Tschechien versucht, mit Investitionsanreizen regionale und sektorale Ungleichgewichte auszugleichen. Für die Genehmigung ist die Regierung zuständig, die Abwicklung erfolgt über die staatliche Investitionsfördergesellschaft CzechInvest. Die Anreize bestehen hauptsächlich in Form von Vergünstigungen bei der Körperschaftsteuer. Direkte Subventionen werden selten gezahlt.
Als Zielbranchen hat die Regierung Technologie- und Dienstleistungszentren, die verarbeitende Industrie sowie die Herstellung von strategischen Produkten bestimmt. Die folgenden Tabellen geben einen Überblick über die Voraussetzungen und die gewährten Vergünstigungen.
Mindestinvestition nach Unternehmensgröße 1) und sonstige Voraussetzungen | Art der Investitionsanreize | |
---|---|---|
Verarbeitende Industrie | Groß: 40/80 Mio. Kč, Mittel: 20/40 Mio. Kč, Klein: 10/20 Mio. Kč; mindestens die Hälfte in neue Maschinen 2) | Körperschaftsteuervergünstigung für zehn Jahre; Subvention für neue Arbeitsstellen sowie für Schulungen und Umschulungen nur in Kreisen mit Arbeitslosenquote ab 7,5 Prozent |
Strategische Investition | Mindestinvestition 2 Mrd. Kč, davon mindestens die Hälfte für neue Maschinen plus mindestens 250 neue Arbeitsplätze 2) | Körperschaftsteuervergünstigung für zehn Jahre; Subvention für neue Arbeitsplätze sowie für Umschulungen nur in Kreisen mit Arbeitslosenquote ab 7,5 Prozent; spezielle Zuschüsse für Kapitalanlagen je nach Region von bis zu 20 Prozent der beihilfefähigen Kosten |
Technologisch anspruchsvolle Produktion | siehe Verarbeitende Industrie und 2) in allen Regionen plus Implementierung von F&E unter Nutzung von Schlüsseltechnologien | siehe Strategische Investition |
Herstellung strategischer Produkte für Lebens- und Gesundheitsschutz, Mikrochips und Elektromobilität | siehe verarbeitende Industrie | siehe Strategische Investition |
1 Abhängig davon, ob Sonderindustriezone (Ostrava-Mošnov, Most-Joseph, Holešov), betroffene Region (A) oder entwickelte Region (C); 2 in entwickelten und schwachen Regionen müssen die Beschäftigten mindestens den regionalen Durchschnittslohn erhalten, wobei entweder 10 Prozent einen Hochschulabschluss haben und eine Kooperation mit Forschungseinrichtungen mindestens 2 Prozent der anrechenbaren Kosten ausmachen muss; oder 3 Prozent der Beschäftigten arbeiten in F&E oder 10 Prozent der anrechenbaren Kosten in Maschinen werden für F&E investiert (betrifft nicht Regionen mit höherer Arbeitslosigkeit).
Mindestinvestition nach Unternehmensgröße, weitere Bedingungen | Art der Investitionsanreize | |
---|---|---|
Technologiezentren (F&E) | Groß: 10 Mio. Kč, Mittel: 5 Mio. Kč, Klein: 2,5 Mio. Kč, mindestens 50 Prozent in neue Maschinen und 20 neue Arbeitsplätze bei großen Unternehmen, 10 bei KMU | Körperschaftsteuervergünstigung für zehn Jahre; 200.000 Kč Zuschuss für jeden neuen Arbeitsplatz; je nach Unternehmensgröße Zuschüsse von 50, 60 oder 70 Prozent der Umschulungskosten
|
Strategische Investition in Technologiezentren | 200 Mio. Kč, mindestens die Hälfte in neue Ausrüstungen sowie mindestens 70 neue Arbeitsplätze | siehe Technologiezentren; zusätzlich Zuschuss auf Kapitalanlagen von mindestens 20 Prozent der beihilfefähigen Kosten (maximal 500 Mio. Kč) |
Mindestinvestition nach Unternehmensgröße, weitere Bedingungen | Art der Investitionsanreize | |
---|---|---|
Software-Entwicklungs- und Datenzentren | Mindestens 20 neue Arbeitsplätze bei großen, 10 bei mittleren und 10 bei kleinen Unternehmen *) | Körperschaftsteuervergünstigung für zehn Jahre |
High-Tech-Reparaturzentren | Mindestens 50 neue Arbeitsplätze bei großen, 25 bei mittleren und 25 bei kleinen Unternehmen *) | Körperschaftsteuervergünstigung für zehn Jahre |
Shared-Services-Zentren | Mindestens 70 neue Arbeitsplätze bei großen, 35 bei mittleren und 35 bei kleinen Unternehmen *) | Körperschaftsteuervergünstigung für zehn Jahre |
Strategische Investition in High-Tech-Reparaturzentren | 200 Mio. Kč in langfristiges Kapitalvermögen, davon die Hälfte in neue Maschinen und Schaffung von mindestens 100 neuen Arbeitsplätzen *) | Körperschaftsteuervergünstigung für zehn Jahre; spezieller Zuschuss von bis zu 20 Prozent der anrechenbaren Kosten auf Kapitalanlagen (maximal 500 Mio. Kč) |
Die maximale Förderung je Unternehmen ist gedeckelt. Die Höhe richtet sich nach der Unternehmensgröße und Zielregion.
Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.