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Schaulaufen für den Wiederaufbau der Ukraine

Bei der Messe "Rebuild Ukraine" präsentierten sich deutsche Unternehmen für einen Wiederaufbau des kriegsgeschundenen Landes. Bislang mangelt es aber an Projekten und Geld.

Von Gerit Schulze | Berlin

Die Ukraine drückt bei den Plänen für einen Wiederaufbau des Landes aufs Tempo. Das hat auch die Messe "Rebuild Ukraine" gezeigt, die am 15. und 16. Februar 2023 in Warschau stattfand und sehr kurzfristig organisiert wurde. Neben bekannten ausländischen Ausstellern präsentierten dort 24 ukrainische Gemeinden ihre Investitionsvorhaben.

Viele Hilfszusagen, aber kaum Projekte

Was allerdings fehlte, waren Investoren und Geldgeber. Dabei ist die internationale Hilfsbereitschaft ungebrochen. Laut Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) belaufen sich die Gesamtzusagen für die Ukraine inzwischen auf 157 Milliarden Euro. An den ukrainischen Staatshaushalt wurden bis Ende Dezember 2022 Hilfsgelder in Höhe von 26 Milliarden Euro ausgezahlt.

Das Geld braucht Kiew vor allem für laufende Ausgaben. Bei der Messe in Warschau beklagten viele Unternehmer daher, dass es kaum konkrete Projekte für den Wiederaufbau gibt und die Mittelverteilung noch unklar ist.

Deutsche Kommunen helfen ihren Partnerstädten

Einige Vorhaben laufen im Rahmen von Städte- und Regionalpartnerschaften. Deshalb war auch der Bürgermeister von Wandlitz, Oliver Borchert, nach Warschau gereist. Die Gemeinde im Barnim vereinbarte im Mai 2022 eine strategische Partnerschaft mit dem Ort Makariw im Gebiet Kiew. Über den Kleinprojektefonds Ukraine der Bonner Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) kann Wandlitz laut Borchert 50.000 Euro für Wiederaufbauvorhaben in Makariw beantragen. Das Geld könnte unter anderem für den Bau von modularen Gebäuden verwendet werden.

Wandlitz' Bürgermeister Borchert ist Architekt und weist auf eine tickende Zeitbombe in der Ukraine hin: "In vielen zerbombten Gebäuden war Asbest verbaut. Bei der Beseitigung des Schutts müsste dieser fachgerecht entsorgt werden." Dafür fehle aber häufig das Verständnis und die Technologie. Als ein Pilotprojekt in Makariw könnte er sich eine Deponie für Asbestabfälle vorstellen.

Makariws Bürgermeister Wadym Tokar war ebenfalls auf der Messe in Warschau. Er warb für den neuen, 49 Hektar großen "E40 Industrial Park" in seinem Ort. "Rund um Kiew ist ein neuer Autobahnring geplant. Direkt in der Nähe soll unser Gewerbegebiet liegen", sagte das Stadtoberhaupt im Gespräch mit Germany Trade & Invest. Als Investoren könne er sich Logistikunternehmen, Lebensmittelverarbeiter oder Betriebe der Leichtindustrie vorstellen. Außerdem will die Gemeinde den Obstanbau vorantreiben, einen Flugplatz für Sportflieger ausbauen und das Ausstellungszentrum Kiev Expo Plaza modernisieren.

Allerdings sind die Kriegsschäden in Makariw groß. Drei Verwaltungsgebäude und drei Kindergärten, zwei Brücken und 585 Eigenheime wurden zerstört. Die meisten Schulen und Gesundheitszentren sind beschädigt.

Investoren für Ziegelwerk und Molkerei gesucht

Ähnliche Schäden hat Owrutsch im Gebiet Schytomyr zu beklagen. In Warschau warb die Vizebürgermeisterin Natalia Rybynska um Investoren für die 36.000 Einwohner zählende Stadt. "Es gibt bei uns viele Rohstoffe für den Straßenbau, unter anderem roten Ton. Doch das Ziegelwerk steht still und braucht einen neuen Betreiber." Auch die örtliche Molkerei arbeitet schon seit 2015 nicht mehr. Gern würde die Stadtverwaltung wieder eine Milchverarbeitung im Ort ansiedeln. Wiederaufbauhilfe bekommt Owrutsch aktuell aus Estland, das einen Kindergarten errichtet. 

Zwei Tage im Zeichen des Wiederaufbaus

Die Idee für die Messe "Rebuild Ukraine" entstand beim Kiewer Veranstalter Premier Expo erst im Sommer 2022. Kurzfristig wurde die Leistungsschau in das Auslandsmesseprogramm des Bundes aufgenommen, sodass sich 56 deutsche Unternehmen im Rahmen eines Gemeinschaftsstandes präsentieren konnten. Insgesamt haben laut Veranstalter rund 300 Aussteller an der Messe teilgenommen. Darunter waren auch 24 ukrainische Gemeinden, die ihre Investitionsvorhaben präsentierten. Rund 1.000 Besucher kamen an den beiden Tagen in die Messehalle im Warschauer Geschäftszentrum Czyste.

Sanierung der Wasserwirtschaft mit Potenzial

Vaidotas Milaknis ist beim bayerischen Unternehmen Rausch für den Vertrieb in der Ukraine zuständig. Der Hersteller von Prüfsystemen für Rohr- und Kanalleitungen ist schon seit 2016 in der Ukraine tätig. Kunden sind die kommunalen Wasserbetriebe und deren Dienstleister. "In Projekte wird jetzt oft nur im Rahmen von humanitärer Hilfe investiert", berichtet der Marktkenner. Mit dem Messeauftritt in Warschau war Milaknis zufrieden. "Wir hatten viele Besucher von staatlichen Unternehmen am Stand, aber auch von Dienstleistern."

Direkt an der Front sind die Produkte der saarländischen Cairdrop GmbH im Einsatz. Die Nothilfeboxen enthalten Trinkwasser und andere Hilfsgüter. Sie versorgen Menschen in Bachmut und bei Mykolajiw, wo die zentralen Versorgungsleitungen ausfallen. Rund 25 solcher Container hat das Unternehmen laut Geschäftsführer Michael Wilhelm bereits in die Ukraine geliefert. Ein weiterer Großauftrag für 200 Boxen sei bereits in Aussicht. Ein einheimisches Unternehmen interessiere sich für einen Exklusivvertrieb. "Als Networking-Veranstaltung funktioniert die Messe wirklich gut", resümierte Wilhelm den Auftritt seines Unternehmens in Warschau.

Nachfrage meist nur nach Ersatzteilen

Einige Aussteller fanden den Zeitpunkt der "Rebuild Ukraine" jedoch etwas verfrüht, so Heiko Boes, Geschäftsführer beim Siegerländer Maschinenbauer Zenith. "Noch gibt es keine Neuinvestitionen, Nachfrage besteht vorerst nur nach Ersatzteilen", berichtet der Manager. Das Unternehmen stellt Anlagen für die Betonsteinindustrie her, die beim Wiederaufbau gefragt sein dürften. Doch bislang fehlten konkrete Auftraggeber, die Messe sei eher von Behördenvertretern besucht worden.

Andere Erfahrungen hat Günter Wiesner vom westfälischen Maschinenbauer WKB gesammelt. "Wir sind positiv überrascht und hatten hier auch konkrete Kontakte zu ukrainischen Unternehmern", berichtete der Vertriebsexperte. Das Unternehmen stellt unter anderem Produktionslinien für Kalksandstein und Porenbeton her. "Solche Anlagen haben eine Vorlaufzeit von 12 bis 14 Monaten von der Bestellung bis zur Auslieferung. Deshalb fand die Messe sicher nicht zu früh statt", meint Wiesner.

Auch André Zeidler vom Anhängerhersteller Schmitz Cargobull konnte "gute Gespräche" in Warschau führen. Sein Unternehmen hat bereits eine Niederlassung in der Ukraine. "Das Geschäft ist nach Kriegsausbruch auf niedrigem Niveau weitergegangen." Allerdings tobe ein stärkerer Preiskampf als vorher, berichtet der Produktmanager. Die "Rebuild Ukraine" war für ihn ein guter Indikator dafür, was nach dem Krieg wieder gehen könnte.

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