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Ukrainische Bahn bekommt Unterstützung aus Deutschland

Für die Widerstandskraft der Ukraine und den künftigen Wiederaufbau spielt die Eisenbahn eine entscheidende Rolle. Unterstützung leisten die Deutsche Bahn und ihre Cargotochter.

Von Gerit Schulze | Berlin

Der Warenverkehr in der Ukraine käme ohne die Bahn nicht ins Rollen. Über die Hälfte des Frachtaufkommens von 620 Millionen Tonnen entfielen 2021 auf die Schiene. Seit dem Kriegsausbruch und der Seehafenblockade durch Russland bildet die Eisenbahn mehr denn je das Rückgrat des Transportsektors. Vor allem Treibstoff, Kohle und Feldfrüchte laufen über dieses Verkehrsmittel.

Auch die Deutsche Bahn (DB) und ihre Frachttochter DB Cargo engagieren sich stark in dem Land. "Für den Aufbau nachhaltiger Lieferketten zwischen der Ukraine und der EU ist die europäische Bahninfrastruktur ein zentraler Baustein", erklärte ein Sprecher auf Anfrage von Germany Trade & Invest. Um die transportierten Mengen zu erhöhen, sei aber ein konsequenter Ausbau der Schienen- und Terminalkapazitäten an den Grenzen notwendig. Nur so könnten Grenzprozesse und technische Kontrollen zügiger abgewickelt werden.

Unterschiedliche Spurbreiten erschweren den Transport

"Der Angleich der ukrainischen Breitspur an die europäische Normalspur ist dabei von besonderer Bedeutung", betont der Bahnsprecher. Bislang seien die Umlade- und Umspuraktivitäten an den Grenzübergängen zu komplex.

Wichtig wäre auch ein Abbau regulatorischer Verfahren. Der Beitritt der Ukraine zum Unionsversandverfahren sei daher sehr zu begrüßen. Seit dem 1. Oktober 2022 ist die Ukraine Vertragspartei des New Computerised Transit System (NCTS). Dieses Procedere ermöglicht die elektronische Verwaltung und Überwachung der Zollversandverfahren und vereinfacht die Regeln zur Deklaration und Kontrolle des Transitwarenverkehrs.

Über Schienenbrücke kommen Hilfsgüter ins Land

DB Cargo hatte gemeinsam mit der ukrainischen Staatsbahn Ukrsalisnyzja bereits fünf Tage nach Kriegsbeginn eine Frachtverbindung in und aus der Ukraine aufgebaut - die sogenannte Schienenbrücke. Wichtige Hilfsgüter transportieren DB Cargo und ihre Landesgesellschaften, vor allem DB Cargo Polska und DB Cargo Romania, bis an die ukrainische Grenze. Dort übernehmen die DB-Tochterunternehmen auch die Umspurung der Güter auf das breitere Gleisbett. Ukrsalisnyzja verteilt die Waren dann direkt an Kommunen und Hilfsorganisationen. "So erreichen Spenden aus ganz Europa die Menschen in allen Teilen der Ukraine", sagt der Bahnsprecher.

Für den Transport von ukrainischem Getreide nach Europa beschaffte die DB Cargo nach eigenen Angaben in großem Umfang und unter finanzieller Vorleistung Waggons sowie intermodale Transportbehälter, die auf verschiedenen Verkehrsträgern verwendet werden können. An der ukrainischen Grenze übernehmen die Tochtergesellschaften der DB Cargo das Gut und transportieren es zu europäischen Häfen oder anderen Kunden in der EU. "Innerhalb kürzester Zeit konnte so die Basis für eine stabile Schienengüterverbindung zwischen der Ukraine und der EU gelegt werden", erläutert der Sprecher.

Seit Mai 2022 werden auf diese Weise wöchentlich mehrere Züge von den ukrainischen Grenzen an europäische Lager und Häfen gebracht. "Das hilft nicht nur den europäischen Lebensmittelhändlern, sondern unterstützt auch die weltweiten Bemühungen zur Abwendung einer Hungerkrise."

EU vereinfacht grenzüberschreitenden Verkehr

Bei den Transporten profitieren die europäischen Eisenbahnunternehmen von der Initiative "Solidarity Lanes". Diese wurde von der EU-Kommission im Mai 2022 gestartet, um ukrainische Agrarexporte über die EU zu ermöglichen und die globale Versorgung mit Lebensmitteln zu sichern. Ziel ist es, Kapazitäten zu erhöhen und Engstellen zu beseitigen. Dazu gehören die langen Stand- und Abfertigungszeiten sowie aufwändige Kontrollen an den EU-Außengrenzen. Es gibt zu wenig Waggons, Lokomotiven, Lastwagen und Fahrer, dafür aber zu viele unterschiedliche Rechtsvorschriften.

Einige regulatorische Hemmnisse für die Einfuhr von ukrainischen Produkten in die EU wurden inzwischen beseitigt. Neben Agrargütern können auch andere Produkte wie Erze, Stahl und Holz über die Solidarity Lanes transportiert werden.

Anschluss an europäisches Transportnetzwerk

Aufgrund der teilweisen Blockade ihrer Seehäfen ist die Ukraine auf Transportrouten auf dem Landweg angewiesen. Die vorhandenen Straßen- und Schienenverbindungen müssen optimaler genutzt werden. Am 21. Oktober 2022 gab die EU-Kommission bekannt, die Anbindung der Ukraine und Moldaus an das Transeuropäische Transportnetzwerk TEN-T zu verbessern. Bislang sind die unterschiedlichen Spurweiten in der EU (1.435 Millimeter) und in Moldau und der Ukraine (1.520 Millimeter) eine Schwachstelle für den Warentransport. Das europäische Eisenbahnnetz soll daher in den Grenzräumen von Polen und Rumänien in die Ukraine und Moldau erweitert werden. Die Europäische Investitionsbank EIB erstellt dafür eine vorläufige Machbarkeitsstudie.

Auf EU-Seite entstehen in Grenznähe bereits neue Abfertigungskapazitäten. Ungarn hatte im Oktober 2022 ein neues Eisenbahnterminal in Fényeslitke fertiggestellt. Dort können pro Jahr 1 Million Container von Breitspur auf Normalspurwaggons umgeladen und dann an die Adriahäfen weitergeleitet werden.

Auch die Deutsche Bahn AG will die Ukraine weiter unterstützen. Bei der Transportmesse Innotrans in Berlin unterzeichnete sie im September 2022 mit Ukrsalisnyzja ein Memorandum of Understanding (MoU) für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Im Fokus stehen dabei der Wiederaufbau und die Modernisierung der Bahninfrastruktur in der Ukraine sowie der Personen- und Güterverkehr. DB Cargo will Ukrsalisnyzja außerdem mit Materialspenden helfen.

Fast 12 Millionen Tonnen Fracht im September

Im September 2022 transportierte Ukrsalisnyzja nach eigenen Angaben 11,7 Millionen Tonnen Fracht. Das war zwar der höchste Monatswert seit Kriegsbeginn. Doch im Vorjahresmonat betrug das Volumen noch 26,5 Millionen Tonnen. Da Getreideausfuhren wieder über drei Häfen abgewickelt werden konnten, stiegen die Schienentransporte von Ölprodukten, Eisen, Salz und Kohle.

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