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Start-Ups in der Ukraine: Von der Idee bis zur Gründung
Für die Gründung eines erfolgreichen Start-ups ist es wichtig, sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen frühzeitig Gedanken zu machen.
11.03.2025
Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn
Aufstrebende Start-ups überspringen zu Beginn ihrer Entwicklungsphase häufig die wichtigen Fragen der rechtlichen Ausgestaltung. Der Beitrag vermittelt einen Überblick über wichtige Fragestellungen zu Beginn der Gründung eines Start-ups in der Ukraine.
Was ist nach ukrainischem Recht ein Start-up?
Ukrainische Gesetzgebung definiert den Begriff "Start-up" nicht. Aus dem Zusammenspiel von Regularien ergeben sich jedoch folgende kennzeichnende Merkmale:
- Handeln aus eigenem Antrieb und nicht im Auftrag von Dritten;
- junges Unternehmen mit innovativen Technologien oder Dienstleistungen;
- Dauerhafter Charakter;
- Gewinnerzielungsabsicht;
- Eigenes Risiko der Gründer.
Diese Merkmale ergeben sich aus folgenden ukrainischen Vorschriften über unternehmerische Tätigkeit und Investitionen:
Rechtlicher Rahmen | Zweck | Anmerkungen |
---|---|---|
Wirtschaftsgesetzbuch | Das Gesetz definiert die Grundprinzipien der wirtschaftlichen Tätigkeit und regelt die wirtschaftlichen Beziehungen | Das Gesetz soll im Sommer 2025 umfangreich reformiert werden |
Gesetz über das Unternehmertum | Art. 4 regelt die nicht erlaubten Tätigkeiten | Bis auf Art.4 außer Kraft gesetzt |
Zivilgesetzbuch | Regelt unter anderem die Tätigkeit von Einzelunternehmen, juristischen Personen und Rechtsbeziehungen zwischen juristischen Personen | |
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung | Regelt die Anforderungen an die Gesellschaften mit beschränkter Haftung | |
Aktiengesetz | Regelt die Anforderungen der Aktiengesellschaften | |
Gesetz über die staatliche Registrierung juristischen Personen und Einzelunternehmen | Regelt die Anforderungen an die Registrierung von Unternehmen |
Der perfekte Gründungszeitpunkt?
Gründer sollten im Blick haben, dass eine späte Registrierung und die Erledigung weiterer Formalitäten, beispielsweise erst bei Fertigstellung des Produkts, Risken birgt. So können rechtliche Schwierigkeiten entstehen, wenn zum Beispiel Vereinbarungen zwischen Partnern über das geistige Eigentum an Quellcodes oder Designlösungen nicht formalisiert wurden.
Unabhängig von der Entscheidung für eine frühe oder späte Anmeldung sollte die Kontaktaufnahme mit einer Anwaltskanzlei vor Ort nicht hinausgezögert werden. Dieser Schritt ermöglicht es, alle notwendigen Dokumente korrekt auszufüllen und zukünftige Probleme zu vermeiden.
Welche Unternehmensform passt zu einem Start-up?
Bei der Wahl der Unternehmensform stehen den Existenzgründern zahlreiche Unternehmensformen zur Verfügung. Die in der Ukraine am häufigsten gewählten Unternehmensformen sind das Einzelunternehmen (Фізична особа-підприємець, kurz ФОП (FOP)) und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Товариство з обмеженою відповідальністю, kurz ТОВ (TOV)). Welche Unternehmensform gewählt wird, hängt von den Zielen und Möglichkeiten der Gründer ab. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Vor- und Nachteile der einzelnen Gesellschaftsformen.
Vorsicht vor Musterlösungen
Vorsicht ist geboten bei der Verwendung fertiger Musterlösungen, die im Internet frei verfügbar sind. Die Mustersatzungen und -dokumente bieten zwar eine gute erste Orientierung, können aber nicht die Besonderheiten jedes Einzelfalls berücksichtigen. Empfehlenswert ist eine Beratung bei einem Rechtsanwalt. Auch die Deutsch-Ukrainische Industrie- und Handelskammer bietet Unterstützung bei der Unternehmensgründung an.
Dennoch ist es ratsam, sich im Vorfeld über folgende Punkte Gedanken zu machen:
- Prozentuale Beteiligung an den Gesellschaftsanteilen;
- Regelungen für das Ausscheiden eines Gesellschafters;
- Mechanismen zur Erhöhung des Gesellschaftskapitals;
- Regelungen zur Änderung von Gesellschaftsanteilen;
- Regeln zur Vererbung von Gesellschaftsanteilen.
Dies gilt auch für die Wahl des Firmennamens. Es sollte ausgeschlossen werden, dass ähnliche oder sogar identische Firmennamen bereits im Besitz von anderen Unternehmen. Eine frühzeitige Anmeldung kann vor Abmahnungen schützen und die Marktposition sichern.
Bei der Eröffnung eines Bankkontos sollten die strikten Währungsregelungen beachtet werden. Es ist wichtig, sich zu überlegen, in welcher Währung das Konto geführt werden soll. Das gilt insbesondere für Start-ups, die am internationalen Markt tätig werden wollen. Es kann hilfreich sein, neben einem ukrainischen auch ein ausländisches Konto zu eröffnen.
Schutz des geistigen Eigentums
Ein Vertrag zum Schutz des geistigen Eigentums ist wichtig, um rechtliche Probleme zu vermeiden. Insbesondere für Technologieunternehmen ist es wichtig, da die Investoren oft den Wert des Unternehmens am geistigen Eigentum bewerten. Folgende Punkte sind zu beachten:
- Klare Regelungen zu allen geistigen Eigentumsrechten wie Patenten, Marken und Designrechte;
- Geheimhaltevereinbarungen;
- ausführliches Portfolio von relevanten geistigen Eigentumsrechten.
Das Kompetenzzentrum für den gewerblichen Rechtschutz ist das ukrainische nationale Amt für geistiges Eigentum und Innovation (UANIPO). Das Amt arbeitet nach dem Prinzip des One-Stop-Shop: Alle bürokratischen Schritte können somit bei einer einzigen Anlaufstelle durchgeführt werden.
Welche Steuern sind zu zahlen?
Der Basissteuersatz für die Körperschaftssteuer liegt bei 18 Prozent für Unternehmen. Einzelunternehmer und kleine Unternehmen unterliegen einer Pauschalbesteuerung. Die Höhe hängt von der Steuergruppe ab und muss bei der zuständigen Steuerbehörde beantragt werden. Hinzu kommt die Militärsonderabgabe. Die folgende Tabelle zeigt die Steuerarten in der Ukraine.
In bestimmten Fällen können jedoch steuerliche Erleichterungen angewandt werden, zum Beispiel für Investitionen mit beträchtlichem Vermögen gibt es eine Befreiung für fünf Jahre von der Körperschaftsteuer. Ferner gibt es steuerliche Erleichterungen für Residenten von Diia-City.
Diia-City: Besonders rechtliches- und steuerrechtliches Regime für ukrainische IT-Unternehmen
Diia-City ist ein virtuelles Land für Menschen aus Informationstechnologie. Am 14. Dezember 2021 trat der steuerrechtliche Teil des Diia-City-Regimes in Kraft. So genannte "Bewohner" von Diia-City haben die Rechtswahl zwischen der Kapitalertragsteuer in Höhe von 9 Prozent oder der Gewinnsteuer in Höhe von 18 Prozent. Sie profitieren vom Zugang zu ausländischen Investitionen und Schutz vor Kontrollen durch die Strafverfolgungsbehörden.
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