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Wirtschaftsumfeld | Ukraine | Konjunktur

Nationalbank hebt Wachstumsprognose an

Die ukrainische Wirtschaft wird 2024 stärker wachsen als erwartet. Dazu tragen etwas verbesserte Rahmenbedingungen bei. Doch die Risiken bleiben hoch.

Von Waldemar Lichter | Warschau

Die Nationalbank der Ukraine hat ihre Konjunkturprognose für 2024 angehoben. Das ukrainische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird demnach real um 3,7 Prozent zulegen. Im April 2024 war das Institut noch von 3 Prozent ausgegangen. Für 2025 und 2026 rechnet die Zentralbank sogar mit einer kräftigeren Zunahme von 4,1 beziehungsweise 4,8 Prozent.

Der optimistischeren Schätzung liegen die guten Ergebnisse der ersten Jahreshälfte 2024 zugrunde. Im 1. Quartal 2024 nahm das BIP um 6,5 Prozent, im 2. Quartal um 3,7 Prozent gegenüber dem jeweiligen Quartal des Vorjahres zu. Ungeachtet der massiven russischen Angriffe und Zerstörungen der Energieinfrastruktur des Landes konnte die Wirtschaft ihr robustes Wachstum 2024 beibehalten.

Energiesicherheit wichtigstes Anliegen

Die Stabilität der Energieversorgung wird jedoch mit die größte Herausforderung bleiben. Die Wiederherstellung der zerstörten Energieanlagen ist kostspielig und langwierig. Stromknappheit beeinträchtigt die Arbeitsfähigkeit der Unternehmen, wobei energieintensive Industriezweige wie die Schwerindustrie und die Nahrungsmittelbranche besonders betroffen sind.

Doch die Wirtschaft passe sich immer besser auf die ständigen Stromausfälle an, stellt die Nationalbank fest. Sie suche nach alternativen Versorgungsmöglichkeiten und dezentralisiert ihre Energieversorgung. Positiv auf die Konjunktur wirke sich auch der stabile Betrieb des Seekorridors im Schwarzen Meer aus. Dieser ist von großer Bedeutung für ukrainische Exporte, vor allem von Getreide sowie Produkten der Bergbau- und Metallindustrie. Umgekehrt können auf diesem Weg auch Rohstoffe, Zwischenprodukte und andere von der ukrainischen Industrie benötigte Güter ins Land gelangen.

Seekorridor wichtig für Exporte

Nach dem Rückzug Russland aus dem sogenannten "Getreideabkommen" im Sommer 2023 ist es der Ukraine gelungen, einen eigenen Korridor am Schwarzen Meer zu organisieren und zu sichern. In elf Monaten seines Betriebs konnten so mehr als 60 Millionen Tonnen Fracht über die Häfen des Großraums Odessa exportiert werden, meldet die Hafenbehörde. Rund zwei Drittel davon entfielen dabei auf Getreide.

Konjunkturimpulse setzen auch die erhöhten Ausgaben des Staates. Obwohl ein beträchtlicher Teil davon in Sicherheit und Verteidigung fließt, belebe deren Anstieg die Wirtschaftsaktivitäten insgesamt, so die Nationalbank. Der Preis dafür ist allerdings ein sehr hohes Haushaltsdefizit. Laut Schätzungen der Nationalbank wird dieses 2024 etwa 23 und im kommenden Jahr etwa 18 Prozent des BIP betragen.

Internationale Hilfe bleibt lebenswichtig

Zur Deckung des Defizits ist die Ukraine auf Hilfe ihrer internationalen Partner angewiesen. Die Nationalbank rechnet für 2024 mit zinsgünstigen Krediten und Zuschüssen aus dem Ausland in Höhe von 38 Milliarden und für 2025 mit weiteren 31 Milliarden US-Dollar (US$). Die Gelder kommen vor allem von der EU, Deutschland, Frankreich sowie den USA und Japan.

Das Wachstum könnte allerdings durch mögliche Steuererhöhungen beeinträchtigt werden. Im Juli 2024 stellte das Finanzministerium einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf von umgerechnet 11 Milliarden Euro für das laufende Budgetjahr fest. Dieser wird aus Sicht des Finanzministeriums nur durch höhere Steuern gedeckt werden können. Dagegen laufen sowohl ukrainische als auch im Land tätige ausländische Unternehmen bereits Sturm. Im Gespräch ist die Anhebung der Mehrwertsteuer und eine Abgabe auf den Kauf von Pkw.

Fehlende Arbeitskräfte belasten

Eine große Belastung für die Unternehmen ist außerdem der Arbeitskräftemangel. Er wird einerseits durch die verstärkte Mobilisierung für die Armee verursacht. Andrerseits schrumpft der Arbeitskräftepool durch (temporäre) Abwanderung der Bevölkerung ins sichere Ausland. So rechnet die Nationalbank für 2024 und 2025 mit einem Abfluss von rund 700.000 Menschen. Die Zahl der ukrainischen Geflüchteten im Ausland wird derzeit auf insgesamt 6,7 Millionen geschätzt.

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