Zollbericht Ukraine Freihandelsabkommen (Warenursprung, Präferenzen)
Freihandelsabkommen zwischen der EU und Ukraine (DCFTA)
Das Abkommen zwischen der EU und der Ukraine ist Teil eines besonders umfassenden Assoziierungsabkommens und betrifft nicht nur den freien Handel, sondern viele weitere Bereiche.
27.01.2020
Von Karin Appel | Bonn
Das Freihandelsabkommen „Deep and Comprehensive Free Trade Area“ (DCFTA) zwischen der EU und der Ukraine ist integraler Bestandteil eines umfassenden und vertieften Assoziierungsabkommens zwischen den beiden Parteien.
Während das Freihandelsabkommen in seinem handelspolitischen Teil bereits seit dem 1. Januar 2016 vorläufig angewandt wurde, trat das Assoziierungsabkommen am 1. September 2017 vollständig in Kraft. Jedoch wurde letzteres in Teilen (Titel I-III, Titel V-VII, Protokoll III und einige Anhänge) ebenfalls schon seit dem 1. November 2014 vorläufig angewandt, insbesondere durch einseitige Handelserleichterungen seitens der EU.
Das Assoziierungsabkommen ist in 15 Kapitel, 14 Anhänge und drei Protokolle gegliedert. Die Kapitel 1 bis 5 regeln hauptsächlich Handelsbestimmungen, Kapitel 6 und 7 befassen sich unter anderem mit dem Kapitalmarkt, Dienstleistungen und der digitalen Technologie, Kapitel 8 bis 15 beinhalten die Bereiche öffentliches Beschaffungswesen, geistiges Eigentum, Energie-Fragen, Wettbewerb, nachhaltige Entwicklung und Streitbeilegung.
Das Abkommen soll nach einer Übergangszeit von 10 Jahren vollständig umgesetzt werden. In Bezug auf den Handel mit Automobilen gilt für die Liberalisierung eine Ausnahme von 15 Jahren.
Hintergrund
Seit 1998 ist das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PCA) Grundlage eines politischen Dialogs zwischen der EU und der Ukraine. Dabei bildet es den Rahmen für gegenseitige wirtschaftliche, soziale und finanzielle Bedingungen.
Im Rahmen des Außenminister-Troika-Treffens EU-Ukraine im Februar 2007 wurde offiziell über den Beginn von Verhandlungen eines neuen und vertieften Abkommens entschieden. Nachdem die WTO dann ein Jahr später den Beitritt der Ukraine beschloss, begangen am 18. Februar 2008 die offiziellen Verhandlungen der EU mit der Ukraine über ein Freihandelsabkommen (DCFTA), welches Teil eines umfassenden und vertieften Assoziierungsabkommens sein sollte.
Nach jahrelangen Verhandlungen stand die ukrainische Regierung im November 2013 kurz vor der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens, die der damalige Präsident Viktor Janukowitsch dann aber unerwartet ablehnte. Daraufhin brachten Massenproteste auf dem Maidan in Kiew aus. Diese und der darauffolgende Machtwechsel in der Ukraine führten dann schließlich dazu, dass zuerst der politische Teil des Abkommens im Februar 2014 unterzeichnet wurde und im Juni 2014 auch der wirtschaftliche Teil. Die vollständige Umsetzung des Freihandelsabkommens erfolgte jedoch erst am 1. Januar 2016. Das umfassende Assoziierungsabkommen trat am 1. September 2017 in Kraft.
Besonderheiten und Ziele
Das Assoziierungsabkommen ist das erste so umfassende und tiefgreifende Abkommen überhaupt, denn es regelt nicht nur alle handelsrelevanten Bereiche, sondern soll die Ukraine auch umfassend in Wirtschaft, Gesellschaft, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten reformieren. Die EU setzt mit dem Abkommen ein klares Zeichen für die Unterstützung der Ukraine. Die Ukraine ihrerseits bekennt sich damit deutlich zur Orientierung Richtung Westen und kehrt Russland damit den Rücken zu.
Das Abkommen nennt folgende Ziele:
Es soll die schrittweise Annäherung zwischen den Vertragsparteien auf Grundlage gemeinsamer Werte und enger, privilegierter Bindungen gefördert und die Assoziierung der Ukraine mit der Politik der EU sowie ihre Teilnahme an Programmen und Agenturen verstärkt werden.
Es soll ein geeigneter Rahmen für einen intensiven politischen Dialog in allen Bereichen von beiderseitigem Interesse geschaffen werden. Auch sollen Frieden und Stabilität in ihrer regionalen und internationalen Dimension im Einklang mit den Grundsätzen der Charta der UNO und der Schlussakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in Helsinki von 1975 sowie den Zielen der Pariser Charta für ein neues Europa von 1990 erhalten und gestärkt werden.
Weiter sollen die Voraussetzungen für intensivere Wirtschafts- und Handelsbeziehungen geschaffen werden, die zur schrittweisen Integration der Ukraine in den Binnenmarkt der EU führen sollen.
Schließlich sollen auch die Zusammenarbeit im Bereich Recht, Freiheit, Sicherheit und in anderen Bereichen von beiderseitigem Interesse intensiviert werden, um damit insbesondere die Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu stärken (vgl. Abkommenstext).
Details
Der im Freihandelsabkommen geregelte Zollabbau sieht für verschiedene Warengruppen unterschiedliche Regeln vor. Für Industrieprodukte gilt der Nullsatz bereits ab Inkrafttreten. Für landwirtschaftliche Produkte wurden teilweise jährliche Kontingentsmengen vereinbart, so z.B. für einige Fleischsorten, Getreide und Zucker. Einige Produkte unterliegen auch progressiven Beseitigungen von Zollbeschränkungen, für die ein zeitlicher Rahmen von drei bis sieben Jahren bestimmt ist. Für die Automobilindustrie gilt eine Ausnahme, hier soll die Übergangszeit 15 Jahre betragen.
Als Präferenzursprungsnachweis werden nur Warenverkehrsbescheinigungen EUR. 1, die von ukrainischen Zollbehörden ausgestellt wurden, anerkannt. Innerhalb einer Wertgrenze von 6000 Euro kann der Präferenzursprungsnachweis auch durch eine Erklärung auf der Handelsrechnung erbracht werden.
Durch das Abkommen verpflichtet sich die Ukraine ihre technischen Vorschriften schrittweise denen der EU anzupassen. Darüber hinaus sollen die ukrainischen Vorschriften auch nach und nach den europäischen Normungs-, Mess-, Akkreditierungs- und Konformitätsbewertungsverfahren angeglichen werden und mit dem Marktaufsichtssystem der EU sowie europäischen Verordnungen und Beschlüssen harmonisiert werden. Im Rahmen dieses Vorhabens hat die ukrainische Regierung z.B. im August 2019 ein neues Gesetz über ein Produktkennzeichnungssystem für Lebensmittel eingeführt, welches EU-Standards entspricht.
Steckbrief: Zollabbau, Ursprungsregeln und Nachweise
Zollabbau (Einfuhrland) | Stufenweiser Zollabbau je nach Sensibilität der Waren bis zu 10 Jahren (Bei Automobilindustrie 15 Jahre) |
Kap. 28/29 | für die Mehrzahl der Waren Zollfreiheit nach Inkrafttreten, für sensible Waren stufenweiser Abbau innerhalb von 3 Jahren |
Kap. 30 | Zollfreiheit nach Inkrafttreten |
Kap. 84 | für die Mehrzahl der Waren Zollfreiheit nach Inkrafttreten, für sensible Waren stufenweiser Abbau innerhalb von 3 oder 5 Jahren |
Kap. 85 | Teilweise Zollfreiheit ab Inkrafttreten, ansonsten für sensible Waren stufenweiser Abbau innerhalb von 3/5/Jahren |
Kap. 87 | für die Mehrzahl der Waren Zollfreiheit nach Inkrafttreten, für sensible Waren stufenweiser Abbau innerhalb von 3/5/7/10 Jahren |
Ursprungsregeln | |
Kap. 28/29 |
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Kap. 30 | Herstellen aus Vormaterialien jeder Position, ausgenommen aus Vormaterialien derselben Position wie die hergestellte Ware. Jedoch dürfen Vormaterialien derselben Position wie die hergestellte Ware verwendet werden, wenn ihr Gesamtwert 20 v.H. des Ab-Werk-Preises der hergestellten Ware nicht überschreitet |
Kap. 84 |
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Kap. 85 |
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Kap. 87 | Herstellen, beim der Wert aller verwendeten Vormaterialien 40 v. H. Ab-Werk-Preises der hergestellten Waren nicht überschreitet |
Ursprungsnachweise | EUR. 1, innerhalb Warenwertgrenze von 6.000 Euro Ursprungserklärung auf Rechnung |